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KOYO to Song

Es gab eine Zeit in der zweiten Hälfte der 90s, da brandete eine ganze Welle von UK-Bands ans Ufer, die klar von Radiohead zur „The Bends“-Ära beeinflusst waren. Während Radiohead selbst eine Entwicklung zu „OK Computer“ und später zu „Kid A“ etc. hinlegten, blieben die – naja, ich will jetzt nicht Nachahmer sagen – blieben die… „Beeinflussten“ diesen Schritt zurück.

Ich denke da an Bands wie Subcircus, Geneva oder Subaqwa. Sie waren allesamt nicht schlecht, manchmal richtig gut. Aber dieses Extra, das eine Band befähigt, ihre Einflüsse hinter sich zu lassen und selbst unverwechselbar zu werden (man könnte argumentieren, dass MUSE das z.B. gelungen ist), das fehlte im Nachhinein wohl doch. Sonst wären die drei genannten Namen heute vielleicht noch eher ein Begriff.

Jedenfalls, an diese Zeit erinnern mich KOYO aus Leeds mit ihrem leicht angeproggten Indierock. Sie erinnern mich gar nicht mal an Radiohead selbst oder an eine der genannten Gruppen, die kurz in deren Windschatten mitfuhren. Sondern daran, dass es mal ne Zeit gab, in man zu KOYO gesagt hätte: „Aha, noch eine von diesen siebzehndrei UK-Bands, die auf melancholische Laut-Leise-Dynamik setzen und die ihre Gitarreneffektpedale ausreizen“. Zur Zeit ist dieses Feld einfach spärlicher besetzt.

Langer Rede kurzer Sinn:  KOYO haben ’ne neue Single namens „Circles“ vorgelegt, das zweite Album rückt offenbar näher.

Suchmos Great Heights

Hier wieder was Interessantes aus Japan. Suchmos aus der Präfektur Kanagawa (also letztlich aus dem Ballungsraum um Tokio, Richtung Yokohoma) nennen nicht nur Rock, sondern auch Jazz und HipHop als wichtige Einflüsse – ihr Bandname bezieht sich entsprechend auch auf Louis „Satchmo“ Armstrong.

Diese Einflüsse wenden sie aber nicht so an, dass daraus Black Music entstünde. Suchmos‘ Sound wird durch das Jazz-Element vielmehr sehr komplex und geht klar – das deutet schon die Tatsache an, dass ihre neue Single „In the Zoo“ achteinhalb Minuten lang ist – in Richtung Progrock. Ich muss bei dem Song z.B. an Radiohead denken. In der Phase zwischen „OK Computer“ und „Kid A“ hätten Thom Yorke & Co sowas schreiben können, der Song liegt so in etwa zwischen „Lucky“ und „Pyramid Song“. (Jedenfalls sind das meine ersten Assoziationen. Vielleicht hört ihr ja was ganz Andere heraus?)

Anyway. Zuhause sind Suchmos nach nur zwei Alben schon richtig groß, sie haben bereits ein Stadion in Yokohama mit 25.000 Fans gefüllt. Am 27.3. kommt nun ihr drittes Album „The Anymal“

KOYO oh no*

Ich habe hier bisher zu wenig (nämlich nichts) geschrieben über das Quintett KOYO aus Leeds. Die fünf liefern, das empfinden jedenfalls meine Ohren so, erstens: Atmosphärisch-trippigen Britpop á la Doves oder early Verve. Zweitens: Komplexe Songstrukturen voller Breaks und Leise-Laut-Passagen. Darin kann man Parallelen zum Progrock oder zu Radiohead in der OK Computer-Phase heraus hören. KOYO selbst sehen sich als Psychedelic-Band. Ich denke mal, auch dieser Einschätzung muss man nicht vehement widersprechen. Aus ihrem Debütalbum vom letzten Herbst haben die Briten nun eine neues Video online gestellt: „Jettisoned“.

… und weil ich gerade die Doves nannte, gönnen wir uns doch einen Trip zurück zur Jahrtausendwende.

* es muss vom Sinn her eigentlich natürlich „KOYO Oh Yeah!“ heissen, aber dann ist das Wortspiel futsch. Und ich lege hier nun mal Wert auf extra dämliche Wortspiele in den Überschriften. Sorry.

Interview: Dhani Harrison

Dhani Harrison. Ein Brite, der viel in LA lebt. Er leitete die ideenreiche Band thenewno2 und veröffentlicht inzwischen vor allem Soundtracks.  Nun hat er sein erstes Soloalbum fertig gestellt: „In/Parallel“ ist eine sehr spannende Platte: Electronica, Indie-Songwriting, düstere Soundscapes, durchdachte Texte. Zu diesem Werk hat der überaus sympathische Musiker mir email-Fragen beantwortet.

War sonst noch was? Okay, ja. Die Gene. Dhani hat einen berühmten Vater: George.
George Harrison. Genau, der Beatle. Menschenskind!
Klar aber, dass Dhani darauf nicht reduziert werden will.
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Bin There, Done That

Es gab‘ ne Phase im Postgrunge der frühen bis Mitt-90er, da gehörte es zum guten Ton, sich selbst zu beschimpfen. „I’m a Loser, Baby“ sang Beck. „I’m a Creep, I’m a weirdo“ klagten Radiohead. Wheatus moserten „I’m just a Teenage Dirtbag, Baby“.

Es scheint, als nimmt dieser Sound und diese Weltsicht auf die Dinge down under gerade wieder Fahrt auf. Oder ist es Zufall, dass ich alleine in der letzten Woche erst das sehr Weezer-eske Album des Neuseeländers Kane Strang (u.a. mit dem Refrain: „Kill me now, don’t think twice…“), dann das LoFi-Sparklehorse-ige Debüt von Brightness besprach und jetzt Melbournes Tiny Little Houses auf ihrer neuen Single ebenfalls in diese Kerbe schlagen? Ihr Sänger Caleb Carvountzis putzt sich darauf mit den Worten „I’m a Garbage Bin“ runter. Das ist okay, aber die großen Versprechen, die Tiny Little Houses 2015 mit ihrer Single „Easy“ machten, lösen sie damit nicht wirklich ein.

Interview: Run River North

run-river-north-opener

Ganz ehrlich – ich war sehr skeptisch, als ich die erste Single vom zweiten Run River North-Album „Drinking From A Salt Pond“ hörte. Denn auf dem Debüt „Monsters Coming Home“ vor zwei Jahren, da zeigte sich das Sextett aus Los Angeles noch als feinsinnige Americana/Folk-Band. Jetzt aber haben sich die Kalifornier einem grundlegenden Stilwandel unterzogen und sind ins Indierock-Lager übergewechselt.

Das wirft natürlich Fragen auf – weswegen ich ein Interview mit Frontmann Alex Hwang geführt habe. Interessant sind Run River North auch deswegen, weil sie komplett aus Amerikanern mit koreanischen Wurzeln bestehen. Die asiatische Minderheit in den USA tritt vergleichsweise wenig in Erscheinung und auch darüber haben wir uns ausgetauscht. Interview: Run River North weiterlesen

Review: Kings Of Leon

wallsKings Of Leon – „Walls“

Das nennt man wohl Luxusproblem. Viele Bands würden sich die Finger danach ablecken, so viele Alben zu verkaufen, wie es den Kings Of Leon mit „Come Around Sundown“ und „Mechanical Bull“ gelang. Aber offenbar gilt, wenn man an dem Punkt ist, dass man als Band Stadien füllt,  immer nur der größte bisherige Erfolg als Maßstab.

Familie Followill ist also gewissermaßen verflucht durch „Only By The Night“ (2008). Durch das Album, das mit „Sex On Fire“ und „Use Somebody“ ihre zwei Mega-Hits beinhaltete. Das sie in die Stratosphäre katapultierte – in eine Position, in der man sich als räudige Indie-Südstaatenrock-Band eigentlich nicht wieder findet. Was die Aufgabe, diesen Erfolg zu wiederholen, eigentlich unlösbar macht. Deswegen gelten die zwei weltweit mehrfach mit Platin und Gold ausgezeichneten Nachfolger, das in der Tat recht schläfrige (aber reizvolle) „Come Around Sundown“ (2010) und auch „Mechanical Bull“ (2013) als Misserfolge. Gleichzeitig haben viele Fans ihrer ersten Alben sich von der Band abgewendet – obwohl letztere Platte meiner Meinung nach eigentlich ein gelungener Rundumschlag war, der auch die knurrig-rauen Ur-Kings Of Leon ziemlich gut wieder einfing.

Also hat man dem Krisengerede Glauben geschenkt und alles ein mal kräftig durchgeschüttelt. Review: Kings Of Leon weiterlesen

Review: Paul Draper

Paul-Draper-PRPaul Draper – „EP One“

Und noch ein Comeback. Von jemandem, der wirklich mal richtig lange in der Versenkung verschwunden war. Paul Draper war der Kopf von Mansun. Mann, was habe ich Mansun geliebt!
Von dieser Band habe ich sogar sämtliche B-Seiten gesammelt! In einer Zeit, in der die UK-Musikindustrie Fans wie mich gnadenlos molk, mit immer neuen Songs, Remixen und Akustikversionen verteilt auf CD1 und CD2 und 7“! Ich wusste, ich werde ausgenutzt, aber ich machte mit, denn ein neuer Mansun-Song, der war es immer wert!

Wir müssen dafür zurück in die zweite Hälfte der 90er. Die ersten Singles des Quartetts aus Chester hatten damals einen ziemlich Oasis-mäßigen Drive, deswegen standen sie schnell im Blickpunkt. Noch war Britpop superduper angesagt.

Mansun entpuppten sich dann aber sehr schnell als weit mehr als nur die nächsten Oasis-Klone. Schon ihre dritte Single war ein karg-windiges Stück über Entfremdung und Isolation („Wide Open Space“), ihre vierte („„Stripper Vicar“) ein frecher Stampfer über einen Pfarrer mit schrägen sexuellen Neigungen (dazu man muss sagen, das dies in der Zeit, als Dinge wie der katholische Mißbrauchskandal in der Öffentlichkeit noch nicht thematisiert wurden, noch ein echter Tabubruch war).

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Review: Kent

Kent – „Då som nu för alltid“

Für jetzt und für immer. Da ist es, das finale Album von Kent.

Puh. This is a big one.

Kent sind eine Band, die vor den großen Gesten und den großen Themen und dem großen Popanz nicht zurückschreckt. „Sveriges största Rockband“ – Schwedens größte Band – das ist ein Titel, dem sie sich stellen, seit sie ihn innehaben. Ein Titel, den sie irgendwann bewusst mit inszenierten – beispielsweise damals, als sie bei ihren Stadionshows zum Album „Du Och Jag Döden“ den Fans einen Dresscode ganz in weiss auferlegten (Ja, in Schweden bespielt die Band Stadien).

Nachdem sie Anfang der 90er als schwermütige Indierocker im Städtchen Eskilstuna loslegten, worauf sie schnell ihr Heimatland im Sturm erobern sollten, sind Sänger Joakim Berg und seine Mitstreiter zu mehr geworden als nur Musikern. Als Band entspricht Kents Rolle in Schweden quasi Depeche Mode, U2, Radiohead, Oasis und Suede gleichzeitig. Aber ihr Sänger Joakim Berg war, auch wenn er die Öffentlichkeit meidet, in den letzten Jahren auch der Off-Kommentator der schwedischen Gesellschaft. Denn wenn er in seinen Songs nicht poetisch und bildkräftig über die Liebe und den Tod reflektierte, dann war er zielsicher moralistisch, politisch und sozialkritisch. So kommentierte er Schwedens internationale Scheinheiligkeit und den Aufstieg der Rechten („La Belle Epoque“) genauso wie den nicht nur in Schweden, aber auch dort sichtbaren Trend der Spaltung der Gesellschaft in Ich-AGs (in der jüngsten Single „Egoist“).

Vor wenigen Wochen aber haben Kent ihre Trennung angekündigt. Ihr zwölftes Album wird ihr letztes. Dann noch eine Sommer/Herbsttour durch Skandinavien, und das war’s.

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Interview: Paper Beat Scissors

Paperbeatscissors OpenerGanz ehrlich – ich hatte noch nichts von Paper Beat Scissors mitbekommen, als das Album „Go On“ auf meinem Schreibtisch landete. Aber was ich hörte, das gefiel mir: Filigrane, sachte Popmusik, in der man das Laptop genauso hört wie die Klarinette. Also habe ich das Interview mit Tim Crabtree übernommen, dem Mann hinter dem Projekt. Tim ist Brite, lebt aber in Kanada und schreibt auch gerne fürs Orchester. „Go On“ ist sein zweites Album. Mehr erzählt er uns nach dem Break. Interview: Paper Beat Scissors weiterlesen