High Flying Byrta

Ich hab’s wiederholt gesagt (okay, im alten Blog), und ich werde es wieder sagen: Byrta ist das Duo, das dem CHVRCHES’schen Ideal, melancholisch kühle, schnittige Synthetiksounds mit unaufdringlichem, aber unwiderstehlichen Pop-Juhu zu verbinden, näher kommt als all die tausend anderen, die’s versuchen. Allerdings: Guðrið Hansdóttir und Jan Rasmussen kommen von den Färöer-Inseln, entsprechend verstehen nur ca 48.000 Menschen auf der Welt ihre Texte, das steht einer Weltkarriere schon im Wege. Einen Riesenvorteil haben die „Schafsinseln“ im Nordatlantik dann aber doch: Man muss nur mal vor die Tür gehen und kann schon ein Video drehen, das ausschaut als habe man es in der krassesten Fabelwelt aufgenommen. Byrtas neue Single trägt den Titel „Í tínum eygum“, was offenbar „In deinen Augen“ heisst

About VEYU now

VEYU aus Liverpool sind eine Band, wie es sie auf der Insel doch eigentlich gar nicht mehr geben dürfte. Ist nicht mal ein Gesetz erlassen worden, wonach Breitwand-Mehrschicht-Schwermutsschönheits-Metabritpop a lá Doves, Geneva, frühe Verve untersagt ist? Es fühlt sich zumindest so an, denn dieser früher mal so typische UK-Sound ist heute nur noch selten zu finden (vielleicht weil die zu Beginn immens guten Coldplay ihn mit ihrem Niedergang zur seichten Händchenhalt-Band negativ besetzt haben). Wie auch immer, VEYU haben ein neues Video online gestellt: „In The Forest“

Atomic! Playlist Britwoch, 22.10.14

Phase 1: Doors Open. Eintröpfeln der ersten Gäste. Erstmal atmosphärisches Eingrooven.
Phase 2: Okay, jetzt gebe ich dann doch ein bisschen Schub. Ohne gleich die Holzhammer-Hits raus zu holen.
Phase 3: Es ist elf, der Laden voll, die Kids haben angefangen zu tanzen. Jetzt flotte Songs von Bands, die man kennt. Für Klischee-Hits ist’s aber noch zu früh.
Phase 4: Jetzt kann ich mal eine Phase mit etwas mehr Synthies und Beats machen.
Phase 5: Zurück zu den Gitarren. Sogar ein paar richtig satte Rock-Gitarren!
Phase 6: Und wieder ein Übergang zurück zu mehr Synthies und Indietronica.
Phase 7: …und jetzt eine Runde Indiepop
Phase 8: …und nun wieder mehr elektronisch
Phase 9: Zurück zu Gitarren. Erste Folk-Phase!
Phase 10: Kurze Phasen Britpop, Indierock, Klassiker
Phase 11: Es war wieder Zeit für ein paar Beats.
Phase 12: Followed by: ROCK!
Phase 13: Evergreens satt
Phase 14: 80s Partay
Phase 15: Noch mal drei Folklieder
„Phase“ 16: Der Rausschmeisser

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Snö way

Nett von Jonathan Johansson, einem Stammgast meines letzten Blogs, dass er mit seiner neuen Single/seinem neuen Video geduldig gewartet hat, bis ich wieder Posts ins Netz stelle. (Ich meine, Zufall kann’s ja wohl nicht sein, oder, dass er sich ausgerechnet JETZT zurück meldet?)
Was lernen wir aus dem Video zu „Ny/Snö“?
1. „Berghain“ spricht man auf Schwedisch „Börjen“ aus und statt Euro sagt man dort „Evro“
2. Schweden sind auch am Mittelmeer immer noch schwermütig. Aber zu Hause passt es ihnen auch nicht.
3. Jonathan Johansson wird noch unabsichtlich zum Hipster. Als „En Hand En Himlen“ erschien, da schienen seine Depeche Mode- und Tears For Fears-ismen ziemlich aus der Zeit gefallen. Obwohl es einen ganzen Wald von 80s-Revival-Acts gab, war er trotzdem wie allein stehender Baum. Vielleicht ist es nur die Optik des neuen Clips – aber mir scheint, die Chillwave-Brigade und Johansson sind aufeinander zugedriftet.
http://cache.vevo.com/m/html/embed.html?video=SEBGV1400077
Sorry, VEVO kann hier offenbar nicht eingebunden werden. Wenn der Clip noch auf vimeo kommt, tausche ich den Link aus.

Bibby I Love Your Way

Singer/Songwriter. Das alte Problem: Wie schafft man es, nur mit einer Gitarre in der Hand heraus zu ragen, unter all den anderen Typen mit einer Gitarre in der Hand? Peter Bibby zeigt, wie’s geht: Mit Persönlichkeit.
Für mich ist Peter Bibby ein ganz neuer Name, aber ein bisschen Googlen ergibt: Der Mann kommt nicht aus dem Nichts. Wenn ich das richtig verstehe, stammt er aus Perth, wo er Mitglied der Bands Frozen Ocean (SUPER Bandname!) und Fucking Teeth war. Jetzt hat er sich offenbar in Melbourne nieder gelassen – und sein Songwriting passt perfekt in die Stadt des Dolewave. Ich würde sagen, er ist so was wie die männliche Version von Courtney Barnett: Alltagsgeschichten, gleichzeitig ehrlich auf die Knochen aber auch todeswitzig erzählt. Die Single „Hates My Boozin“ ist ein Musterbeispiel dafür. Beruhend auf einem (wahren) Streit, an dem seine Freundin drohte, ihn zu verlassen, singt Peter eine selbstironische Hommage ans „einen-Heben-gehen“.
Peters kommendes Debütalbum wird den Namen „Butcher/Hairstylist/Beautician“ tragen. Dieser Titel alleine macht mich glücklich. Für Deutschland weiss ich allerdings kein Release-Date.

Auch sehr lesenswert: Dieses Interview auf der Aussie-Indie-Website Mess & Noise. Peter interviewt seinen Kumpel Nick Allbrook (Ex-Tame Impala, Pond), Nick interviewt zurück. In dem Zusammenhang: Ponds neues Video „Elvis‘ Flaming Star“ schon gesehen? Großes Kino!

It Pains Me To Say This…

Hmm. Dieses Jahr kam das dritte Album von The Pains Of Being Pure At Heart, „Days If Abandon“ mit Namen, und irgendwie hat es niemand so richtig mitgerissen, oder? Dabei war ihr Schritt, sich nach dem Smashing Pumpkins-Ausflug „Belong“ zurück zum Tweepop zu bewegen, ja nicht verkehrt, und die zwei Singles „Simple And Sure“ und „Until The Sun Explodes“ gehören zweifellos zu ihren besten. Aber es fehlen halt die Ecken und Kanten auf der Platte, die Dornen, an denen man hängenbleibt. Und besonders auffällig kommt das zum Ausdruck auf der dritten Single „Kelly“, gesungen von der Gastsängerin Jen Goma (A Sunny Day, Glasgow). Klar, dies SOLL eine liebe, niedliche Popnummer sein. Dieses Ziel erreichen Pobpah, aber eben auf sehr gefällige Weise. Da hatte „Young Adult Friction“ doch viel mehr sympathische Ungeschliffenheit. Tja, das ist das Problem, wenn man einen solchen Bringer hingelegt hat: Alles andere muss sich daran messen lassen.

Let it BBC

In meinem alten Blog ging’s nicht immer nur um Musik, und das will ich beibehalten. Heute daher: Deutsche Geschichte via BBC. Ernsthaft jetzt.

Mein Problem mit Geschichte als Schulfach: Ich war Teenager. Also, per definition, doof. Mich interessierte, was Ilka aus der ersten Reihe für ein sexy Top trug (und mit 17 hätte ich einen Rollkragenpulli aus dichtem Teppich sexy gefunden), nicht was mir der Lehrer erzählte. Ich glaubte, ich käme umso cooler rüber, je desinteressierter ich wirkte. War ich ja auch. Geschichte war nicht so scheisse wie Mathe – das war das Beste, was ich damals darüber zu sagen gehabt hätte. Zusammenhänge, Stories, Erklärungen… wen juckt so was zwischen 15 und 19?

Heute hingegen gucke ich supergern Dokumentationen. Und auch wenn mit zum 812ten Mal die Plattentektonik erklärt wird, ist wahrscheinlich, dass ich beim Durchzappen dort hängenbleibe. Ich kann euch mittlerweile z.B. haarklein erklären, wie Arminius die Schlacht gegen Varus gewann. Lernen – denn es ist ja so was wie unterhaltsames Lernen – macht mir heute Spaß.

Neulich stieß ich auf also diese Radiosendungen der BBC. Neil MacGregor ist ein in Glasgow geborener Historiker, den man auf der Insel als TV-Moderator, Museumsdirektor und Chefredakteur eines Wissenschaftsmagazins kennt. Sein aktuelles Projekt sind zahlreiche Beiträge für die BBC, in denen er den Insulanern in 15-Minuten-Häppchen Deutschland und die deutsche Geschichte näher bringt. Man kennt uns dort ja zuallererst als die Bösewichte aus Nazifilmen und humorlose, effektive Technokraten, da sind diese kleinen Beiträge aus der Reihe „Memories Of A Nation“ willkommene Abwechslung. Mal geht’s um die Hanse, mal um Karl den Großen, aber auch mal um Wurst und Bier und ihre Bedeutung hierzulande. Das ist so unterhaltsam wie aufschlussreich – und das nicht nur für Nicht-Deutsche. Ich bin zur Zeit completely hooked und höre die Dinger quasi am Stück durch, wie ein Kettenraucher – nach dem einen Viertelstündchen klicke ich gleich das nächste an (zumindest tagsüber*). Und dabei merke ich, wie wenig Gedanken ich mir über deutsche Geschichte gemacht habe. Klar, viele Grundzüge des Erzählten kenne ich irgendwie. Aber nie habe ich es so farbenfroh erzählt in einen logischen Zusammenhang gesetzt bekommen. Ich glaube, dass es auch euch bereichern wird, das durchzuhören, also lege ich es euch hiermit ans Herz.

*Einen Nebeneffekt will ich nicht verschweigen: Es gibt wenig, das mich so beruhigt, wie wenn mir jemand was auf Englisch erzählt. Wenn ich schon ein bisschen dösig bin, und abends einen der Beiträge anklicke, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ich in drei, vier Minuten einschlafe. Auch dafür sind diese Sendungen also ideal. Die 15 Minuten über Straßburgs Rolle als linksrheinischer Zankapfel zwischen Deutschland und Frankreich zum Beispiel habe ich erst im fünften Versuch fertig gehört. Durchaus absichtlich starte ich diese Beiträge beim ins Bett gehen – denn ich höre gerne und interessiert zu, aber bin trotzdem zzzzz… sofort im Reich der Träume.

Review: SHAKEY GRAVES

Shakey Graves albumShakey Graves – „And The War Came“

Alejandro Rose-Garcia kommt aus seinem Versteck. Bisher hatte er seine Musik nur über Bandcamp veröffentlicht, obwohl die Nachfrage nach mehr längst da war. Denn über die letzten Jahre hat sich Shakey Graves, so Alejandros Bühnenname, durch stetige und vor allem begeisternde Live-Präsenz auf den richtigen Festivals zum Mundpropaganda-Phänomen unter Americana-Fans entwickelt. Und um es neudeutsch zu sagen: „And The War Came“, benannt nach einem Abraham Lincoln-Zitat, liefert. Dies ist ein Album, das sowohl verspielte Individualität unter Beweis stellt, aber auch so viel unmittelbaren, ja geradezu poppigen Punch hat, dass ich mich nicht wundern würde, wenn der junge Mann bald Mumfords-like durch die Decke ginge.

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What’s in your bag, Australia?

Dass es das immer noch gibt – Alben, die in Australien schon lange veröffentlicht sind, an die man hier aber (zumindest legal) nicht ran kommt! Das zweite Album der wundervollen Introspective-Folk-Jungs Husky (wenn es den alten Blog noch gäbe, würde ich an dieser Stelle ans Interview zum ersten Album verlinken bzw. an den Fragebogen, den sie mir beantworteten) ist down under inzwischen draußen, aber wir müssen noch drauf warten. Wie lange wohl? Hier eine Akustik-Version ihrer Single „Saint Joan“…

Auch der Longplayer der prima Gitarrenpopper The Preatures (auch hier gab’s auf dem alten Blog ein Interview mit Sängerin Isabella Manfredi) ist in Australien mittlerweile erschienen. „Blue Planet Eyes“ heisst die Platte. Mann, ich will die haben, haben, HABEN! Ich will heute abend beim Britwoch „Somebody’s Talking“ auflegen!

The Cone Wars

Ich wollte mal meine Meinung zur neuen Urban Cone-Single sagen: Meh.
Dabei mag ich die Band. Neulich habe ich sie erst in einer Diskussion mit einem vehementen Gegner der Band verteidigt. Er meinte, die Jungs seien viel zu bemüht und viel zu scharf darauf, Hipster zu sein. Letzteres würde ich nicht mal in Abrede stellen. Aber ich nehme Urban Cone ab, dass sie klingen, wie sie klingen, weil sie’s lieben. „Our Youth“ war eine sehr unschuldige Platte. Regelrecht albern in ihrer Diskrepanz zwischen den Jubelpop-Hits und der gestelzten meaningfulness ihrer Balladen. Und diese sonderbare Sprunghaftigkeit machte sie glaubwürdig, die fünf strubbeligen Stockholmer Kids. Weil man genau so etwas nicht plant.

Jetzt aber zu „Sadness Disease“ – einerseits hat die Single genau das, wovon ich sprach, diese faszinierend wirre Verzwickung-Verzwackung von Ernst („Sadness Disease“ muss ja wohl Depressionen bedeuten, oder?) und Rengetängtäng-Synthies. Aber der Song selbst, der packt mich weniger, und die Keyboard-Sounds sind ein bisschen zu generic Chillwave.

Urban Cone – Sadness Disease from Kirke Ailio Rodwell on Vimeo.