Twist and Sprout

Eine Sache, die mir selbst unangenehm ist: Da durchforste ich das Netz nach spannenden Australiern, Kanadiern und Schweden und so weiter – aber wenn was vor meiner Münchner Haustür stattfindet, ist es gut möglich, dass ich es übersehe.

Dass sich in Regensburg die Some Sprouts zu einer feinen Gitarrenband entwickeln, habe ich aber ausnahmsweise mitgekriegt. Sie waren nämlich neulich im Vorprogramm von Albert Hammond Jr zu sehen und hinterließen dort einen guten Eindruck. Für mich sahen sie auf diesen ersten Eindruck aus wie eine Band, die sowohl Fleet Foxes als auch Tame Impala gut findet und nur noch nicht genau weiss, wie sie das jetzt am besten verknüpfen soll. Aber vielversprechend war das auf jeden Fall.

Am 19.10. veröffentlichen die Sprouties (nennen wir sie so?) nun eine neue EP.  Ein Video zum Titel „Mindcrush“ schicken sie voraus, im Text verwenden sie  Wörter wie „asymptotical“ und „extrapolations“.  Dreamy Gitarre vs Mathe-Lyrics – ein sonderlicher Kontrast. Aber „sonderlich“ finde ich immer gut. Da horcht man auf.

News from the Roos

So geht der Tag gut los. Über Nacht gleich drei neue Videos aus Australien im Feed!

Beginnen wir in Perth bei Ober-Slacker Pete Bibby. Heute sein Problem: Baby macht kein Frühstück. Klar, dass ein Video zu dem Thema satanische Kakadus featuren muss.

Weiter nach Geelong an der Südküste. Von hier stammt der Psychedelia-Fan ORB, dessen Platten auf dem King Gizzard-Label Flightless erscheinen. Neuer Clip: „I Want What I Want“

Zum Schluss nach Brisbane. Mein Favorit dieser kurzen Liste stammt von der Indiepopband The Belligerents. Ihr neuer Kurzfilm kommt zum Song „Sorry To Say“ und wurde von Joe Agius gedreht, dem Frontmann von The Creases (und Boyfriend von Hatchie). So ist die Szene verzahnt in Brissy.

Review: The Coral

The Coral – „Move Through The Dawn“

Über zwei Wochen ist diese Platte schon draußen, als ich endlich dazu komme, was zu ihr zu schreiben. Aber passt das nicht irgendwie zu The Coral? Die Liverpooler sind eine Band, für die man keine Purzelbäume schlägt. Man übersieht sie fast ein bisschen, man nimmt sie für selbstverständlich. Weil sie nun mal so lange schon dabei sind und weil sie so verläßlich gute Platten machen, dass eine weitere davon niemanden überrascht.

Zugegeben, die Zeiten, als sie spektakuläre Hits wie „Dreaming Of You“ oder „Pass It On“ schrieben, als es auf ihren Alben auch Seeräuber-Popsongs wie „Spanish Main“ und lärmiges Gebell wie „Skeleton Key“ gab, die sind vorbei. Sowas gab’s noch auf ihren ersten Alben („The Coral“, 2002 / „Magic and Medicine“, 2003). Spätestens seit „Roots & Echoes“ (2007) ist die Band gemütlicher geworden und hat sich in ihrer Nische häuslich eingerichtet. Dafür ist es aber auch wirklich hübsche Nische: Klassischer, melodischer Sixties/Seventies-Gitarrensound, näher am Merseybeat-Original als am 90s-Britpop.   Review: The Coral weiterlesen

It’s no shame about Razorlight

Oha. Mit viel habe ich gerechnet, aber nicht damit, dass ich heute vier(!) neue Razorlight-Videos teilen würde.

Ganz schön lange her, seit Johnny Borrell seine Band so nannte (es sind außer ihm keine Ex-Mitglieder von den ersten drei Alben dabei).

In ihren letzten Monaten wurden Johnny und Co von der UK-Presse als richtige Feindbilder in Grund und Boden geschrieben. Auch sein Solo-Album wurde mit Schmackes in die Pfanne gehauen. Jetzt aber präsentiert nme.com (den NME selbst gibt’s nicht mehr…) die neuen Songs mit ausführlichem Interview. Tja, schaut ganz so aus, als hätte eine Charakterfigur wie Johnny, so polarisierend er wirken mag, der UK-Szene letztlich doch gefehlt.

Die neuen Songs? Energisch und energetisch. Sie klingen wie frühe Razorlight, so zur „Stumble and Fall“-Ära. Das ist nicht verkehrt. Ende Oktober kommt ein Album namens „Olympus Sleeping“

drei weitere Songs nach dem Break… It’s no shame about Razorlight weiterlesen

Oh, t’is Reading!

Es war wieder großes Festivalwochenende in England: Das Zwillingsfestival Reading/Leeds lief von Freitag bis Sonntag. Die BBC hat nun ein paar Live-Clips online gestellt, ich picke mal ein paar Favoriten.

Klar geht’s los mit den DMA’s.

Auch Shame sind ein Highlight.

The Magic Gang müssen noch am Nachmittag spielen…

Wolf Alice haben sich dagegen schon einen späten Slot verdient…

That’s How Two People Grow Up

Wenn ich über Two People spreche, muss ich natürlich mit Snakadaktal anfangen. 2011 war’s (echt, sieben Jahre ist das her?), da tauchte damals diese Teenager-Band aus Melbourne auf, die erkennbar viel „Spanish Sahara“ gehört hatte und nun an einer  wundervollen, charmanten, jugendlich-unschuldigen Variante des Gitarren-verzwirbeln-sich-eineinander-Sounds bastelte. Man spürte noch die Schülerband, aber gerade das machte die Sache so entzückend. „Chimera“, „Air“ und „Dance Bear“ waren traumhaft.

Snakadaktal konnten die frühen Versprechen nicht ganz halten. Ihr einziges Album („Sleep In The Water“) kam 2013. Die Platte war wirklich fein, aber die Unebenheiten ihres Sounds waren darauf geglättet worden und damit ging auch etwas verloren, das sie besonders gemacht hatte. Danach trennte sich die Band auch schon. Sänger Sean Heathcliff macht seitdem solo weiter (zwischenzeitlich als Kagu), Sängerin Phoebe Cockburn und Gitarrist Joey Clough nennen sich seitdem Two People.

Mit „Something To Talk About“ haben die beiden nun ihre vierte Single draußen und wie auf ihren vorigen Singles bewegen sich die zwei im Bereich von The xx – sehr still, sehr gediegen, minimalistisch elektronisch. Schön ist das, keine Frage. Aber es ist mir ehrlich gesagt auch nicht weit genug weg von dem säuseligen Nettigkeits-Einschlafpop, den solche Langweiler wie London Grammar und viel zu zahlreiche Nachahmer massenfabrizieren. Ich würde mir schon wünschen, dass die Kids, die mal Snakadaktal waren, das wiederentdecken, was sie mal so speziell machte.

Review: Interpol

Interpol – „Marauder“

Oh je. Ich muss was gestehen. Bitte verurteilt mich nicht dafür. Bitte werft mich nicht aus eurem Freundeskreis. Ich weiss, viele werden mich dafür verachten. 

Aber – Achtung: Ich fand Interpol zuletzt ganz schön mies.
Puh, jetzt ist es raus.

Für manche Leute, die ich kenne, hat diese Band den Status von unantastbaren Göttern. Kein schlechtes Wort darf über sie fallen. Mich haben die aber zuletzt so unfassbar kalt gelassen!

Also, natürlich, sie haben stark angefangen, da gibt es von mir keine Widerrede. Ich gehörte auch nie zu denen, die Interpol von Anfang an als Joy Division-Kopisten abtaten. Solche Total-Verweigerer gab’s ja schon seit 2002, als sie mit „Turn On The Bright Lights“ durchstarteten.
Meine Meinung dazu: Sicher gibt’s unzweifelhaft Parallelen zwischen Sheffields Pionieren und den New Yorker Nachfolgern. Die schneidende Stimme, die sich Ian Curtis und Paul Banks teilen und ihr entsprechend weniger auf Melodien als auf Durchdringlichkeit setzender Gesang. Die monoton-zackigen Gitarrenfiguren. Die Basslines, die auffällig den Achteln folgen und dann umso auffälliger nicht. Vor allem natürlich: Die kühle, bedrückende Atmosphäre. Die aufgekratzte, nervöse Spannung, die beide Bands in Gitarrenmusik übersetzen. Man muss schon taub sein, um diese Verwandtschaft nicht zu hören – aber dennoch, für mich sind Interpol ein Update und keine Kopie. Die Unrast, die Ian Curtis 1981 in Sheffield spürte, ist eine ähnliche, die Paul Banks 2002 in New York spürte, und darauf basiert für mich die geistige und musikalische Nähe.

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Life’s Richard Pageant

… und gleich noch mal Sydney, gleich noch mal Sixties-Feeling. Richard In Your Mind spielen psychedelischen Melodie-Gitarrenpop  und haben für den 21.09. ihr fünftes Album „Super Love Brain“ angekündigt. Voraus schicken sie den schläfrig-träumerischen Track „I Hope You Weren’t Waiting Too Long“

Wo wir schon dabei sind: Richard in your Mind entspringen der gleichen Sydney-60s-Szene wie auch Deep Sea Arcade. Deren erstes Album „Outlands“ ist inzwischen sechs(!) Jahre alt – aber ich höre es immer noch gerne. Deep Sea Arcade gibt’s noch, allerdings sind sie auf den Kern von Sänger Nic McKenzie und Gitarrist Nick Weaver zusammen geschrumpft. Entsprechend ist ihr Sound heute mehr von Synthies und Laptop-Drums geprägt als früher, als sie so eine richtig feine Britpop-Band waren.

Nic und Nick freuen sich, denn sie haben einen neuen Vertrag unterzeichnet, bei der Universal Australien. In absehbarer Zeit wird also endlich noch ihr zweites Album kommen, womit nach so langer Zeit ja nicht mehr unbedingt zu rechnen war. Als erstes haben sie letzte Woche die Single „Outlaw“ voraus geschickt. Lider kann der Song mich aber nicht so begeistern kann wie ihr früheres Gitarrenzeug. Aber gut, auf dem Album wird’s bestimmt genug geben, das mir mehr taugt.

Sloandive

Neues von Sloan Peterson. Die Lady aus Sydney hat mit „Our Love“ eine neue Single veröffentlich, das erste Material seit ihrer letztjährigen EP „Midnight Love“.

Ich mag an Sloan, dass ihre Songs so klassisch sind. Immer zwischen Sixties und Indierock, mal mit mehr Gewicht auf die eine, mal mehr auf die andere Seite. „Our Love“ setzt mehr aufs Sixties-Feeling. Besonders gut gefällt mir die wurlige Bassline und der Refrain: „Our love has gone – what are we going to do now?“ – so schlicht gesagt, so beiläufig dahin gesungen – und doch so todtraurig.