Metamodern Sounds in Control Music

Cloud Control. Auch so eine absolute Lieblingsband. Ich bin schon richtig aufgeregt, weil morgen ihr drittes Album „Zone“ erscheint.

Ich hab noch nichts gehört außer den drei Vorab-Tracks. Sonst habe ich ja das Glück, durch meinen Job als Journalist vieles schon früh hören zu können, aber Cloud Control haben ihren internatonalen Deal verloren. Ihr zweites Album „Dream Cave“ hat die kommerziellen Erwartungen nicht erfüllt, also wurden die Zelte in England abgebrochen und es ging zurück nach Australien für die zum Trio geschrumpfte Band. (Bassist Jez Kelshaw ging zurück in seinen Job.)

Ich mochte „Dream Cave“ nicht weniger, als ich ihr Debüt „Bliss Release“ mochte. Denn Cloud Control haben die Fähigkeit, nie das Offensichtliche zu machen und trotzdem ins Ohr zu gehen. Der Song „Treetops“ ist wieder so ein Beispiel dafür. Aufs erste Hören eine unspektakuläre Midtempo-Nummer. Nach ein paar Durchläufen merkt man: Hey, das ist eigentlich ein echt schräges, überlegtes Arrangement! Der Song ist krass komplex strukturiert, hat traumhafte Melodien – und ist herrlich performt. Wenn Heidi Lenffer ihren „Youuu cover everything, the atmosphere around me“ – Part singt, könnte ich SCHMELZEN!

„Treetops“ ist zur Zeit der Song, mit dem ich jeden Tag beginne. Ein wunderbares Lied. Morgen kommt das ganze Album. Und zu „Treetops“ gibt’s jetzt einen Clip. Yippieh! Ich liebe Musik so doll sehr.

Ill-matic

Zeit für eine neue Single aus „For Crying Out Loud“! Mit „Ill Ray (The King)“ haben Kasabian eine gute Wahl getroffen.

Die vier sind bekanntlich aus Leicester. In Leicester fand man vor ziemlich genau fünf Jahren bei den Grabungsarbeiten für einen Parkplatz die sterblichen Überreste eines Mannes, die später König Richard dem III. zugeordnet werden konnten. Kurios: Nachdem man Richard ordentlich bestattet hatte, ging’s mit dem Leicester FC aufwärts. Plötzlich startete eine Siegesserie und man entging 2015 dem Abstieg. 2016 gab’s die unerwartete Premier League Meisterschaft.

Klar also, dass der König aus Leicester im Video zu Ill Ray eine tragende Rolle spielt.

Ich habe noch nicht ergooglen können, wer Regisseur des Videos war.  Wäre interessant zu erfahren.

NACHTRAG 13.09.: Der Regisseur heisst Dan Cadan. Aber vor allem: Fucken Hell – die Hauptdarstellerin des Clips ist Lana Headey! Cersei Lannister! Ich wär‘ nie auf die Idee gekommen! Auch Hauptdarsteller Michael Socha ist kein Unbekannter, er spielte u.a. in den Serien „This Is England“ und „Being Human“.

Shake, Bibby, Shake

Peter Bibby. Ein Songwriter aus Perth, der gerne mal einen hebt. So gerne, dass das das erste ist, woran man bei ihm denkt. Denn Peter Bibby singt fast immer übers Trinken und übers anderes-Zeug-Nehmen sowie über die unliebsamen Konsequenzen. Dass seine Begleitband den Namen „His Bottles Of Confidence“ trägt, ist kein Zufall. 2014 veröffentlichte Peter mit dieser Truppe sein Album „Butcher / Hairstylist / Beautician“, Zeit war’s für neues Material (welches übrigens auf Spinning Top erscheint, der Heimat von Pond, Tame Impala & Co).  Das Thema seines Songs „Medicine“? Eh klar, diverse Substanzen und ihr Missbrauch. Aber in lustig. In trauriglustig.

Ein Parade-Beispiel

Schon Wahnsinn, was Computer-Animation heute alles kann. Achtung fei, dass euch beim neuen Wolf Parade-Video nicht die Augäpfel platzen! Die Choreographie ist… orgasmisch. Das geht nicht mit rechten Dingen zu.

Wolf Parade are back, das ist ja bekannt spätestens seit ihrer letztjährigen EP. Die Band ums Frontduo Dan Boeckner / Spencer Krug veröffentlicht am 6.10. ihr erstes Album seit 7 Jahren, es wird „Cry Cry Cry“ heißen und ganz schön gut werden.

 

Review: The Cribs

The Cribs – „24-7 Rockstar Shit“

Das letzte Mal, dass ich einen der Cribs interviewte, war zur „In The Belly Of The Brazen Bull“, denn zu dem Zeitpunkt hatten die drei in Deutschland noch ein Label, dass sich auch ein bisschen um sie kümmerte. Ryan Jarman erzählte happy von der USA-Tour seiner Band. Die drei Brüder waren wieder im Kleinbus unterwegs, lösten sich als Fahrer ab – genau so, wie es sich seiner Meinung nach gehörte. Die riesigen Hallen in England, in denen sie gelandet waren nach ihren Hitalben, der Majorlabel-Deal – mit diesen Dingen fremdelte er. Auch wenn Ryan jahrelang mit blutiger Lippe für NME-Schlagzeilen sorgte, wusste er doch, dass seine Band da eigentlich nicht hin gehörte. Seine Lieblingsbands, das waren die, die mit Punk-Ethos für eine Handvoll eingeweihter Fans durch die Undergroundclubs tourten. Idealisten, für die Verkaufszahlen und Chartpositionen keine Rolle spielten.

Ich will nicht sagen, dass The Cribs jetzt absichtlich ihre Karriere sabotieren, um sich zu einer solchen Fans-only-Band runter zu schrumpfen. Aber es ist ein Prozess, der stattfindet und gegen den sie offensichtlich nicht ankämpfen. Wer auf ihrem neuen Album jedenfalls ein neues „Man’s Needs“ sucht, wird’s nicht finden.

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Ride here, Ride now

Ziemlich aktiv online heute: Ride. Zuerst mal gibt’s ein neues Video aus „Weather Diaries“, dem erstaunlich famosen Comeback-Album der Shoegaze-Pioniere aus Oxford. „Cali“ ist eins meiner Lieblingslieder der Platte – ich erwähnte das in meinem Interview mit Mark Gardner.

On top gibt’s eine Akustiksession, die der US-Sender WFUV heute online gestellt hat.

Zwei weitere Live-Songs nach dem Break… Ride here, Ride now weiterlesen

Review: The Ocean Party

The Ocean Party – „Beauty Point“

Es ist eine Eigenschaft des menschlichen Gehirns, Muster zu suchen. So macht die Welt für uns Sinn. Manchmal ist unser Instinkt, Muster zu entdecken, so groß, dass wir Dinge sehen, die vielleicht nicht da sind.

Sind The Ocean Party Melbournes produktivste Band? Es ist ein Titel, den sie King Gizzard and The Lizard Wizard (die Freitag auch schon wieder ’ne Neue brachten) zumindest streitig machen. Die Band existiert seit 2012 und schon sind sie beim siebten Album angelangt. Zehneinhalb Monate sind erst vergangen seit dem Vorgänger „Restless“, die aber nur als Vorgänger gilt, wenn man zwei seitdem erschienene EPs nicht mitzählt.

Bei meinem Text zum angesprochenen letzten Ocean Party-Album „Restless“ war ich ziemlich scharf darauf, eine Logik in der Entwicklung der Band zu identifizieren. Also behauptete ich: Diese Band wird von Album zu Album komplexer, kleinteiliger, vielschichtiger. Was auch stimmte, wenn man „Restless“ direkt verglich mit dem Lo-Fi Dolewave-Frühwerk der Band. Aber wenn meine Theorie stimmen würde, müsste man die Flugbahn der Band weiter berechnen können. Demnach müssten sie sich jetzt von Album zu Album weiter in Richtung verschlungenen Chamber-Pops entwickeln.

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Review: Gold Class

Gold Class – „Drum“

Eine der Eigenschaften, die ich bei Bands nicht schätze: Humorlosigkeit. Es ist ja nicht so, dass ich Künstler will, die witzisch-witzisch-hahaha-Musik machen – aber eine gewisse Selbstdistanz, Verspieltheit und Selbstironie schadet niemandem, finde ich. Bierernstigkeit dagegen kann sehr verkrampfend wirken. Es ist wohl ein Indiz dafür, was Gold Class für eine verdammt gute Band sein müssen, dass ich sie echt großartig finde, obwohl ihnen jegliche Leichtigkeit und jeder Witz abgeht.

Wenn Adam Curley lesen würde, dass ich ausgerechnet die Leichtfüßigkeit und das Grinsen beim zweiten Album seiner Band vermisse, würde er sich wahrscheinlich wortlos umdrehen und gehen. Dies sind Dinge, die in der Welt des Sängers und Texters von Gold Class nicht vorkommen. Dieser junge Mann hat Pommes auf seiner Schulter, um eine englische Redewendung absichtlich falsch zu übersetzen. Mehr als das – Curley trägt noch viel schwereres Gewicht auf seinem Rücken.

Zitieren wir ausnahmsweise den Pressezettel: “The week we started to write Drum, my relationship ended and I was left alone in a draughty old house, which belonged to a friend of a friend. In the house, I sat around with my notebook, the quiet hours cut with news from friends and the TV: the suicides of musicians and writers I’d known and queer kids I hadn’t; the systematic abuse of vulnerable people, the constant mockery of anyone on the outs.“

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Review: Ratboy

Ratboy – „SCUM“

Die Mechanismen in der Musikindustrie laufen heute – eh klar – anders als früher. In den 90s war’s so: Hatte eine Plattenfirma das Next Big Thing gescoutet und unter Vertrag genommen, wurde die Band / der Musiker erst mal ein Jahr zum Songschreiben und Instrumente lernen weggesperrt. Die Band kam zum Label zurück mit 15, 20 Songs. Man pickte 3-4 Singles (die stärkste war meistens Nummer 3: Suedes „Animal Nitrate“, Oasis’ „Live Forever“, Placebos „Nancy Boy“), um mit ihnen Eindruck zu machen und einen Hype zu generieren. Bei Single 3 sollte die Begeisterung bei Presse und Kids am Kochen sein, sie war der Vorbote fürs Album, das kurz darauf folgte. Man konnte sich auf NME und Co verlassen, dass dieser Promo-Zyklus eingehalten wurde. War die Band zum Album-Release auf den Titelseiten und in aller Munde, ging die Platte garantiert in die Top 5. Und wenn die Singles einfach nicht griffen? Dann wurden Bands auch mal sang- und klanglos „gedroppt“, ihr Debütalbum verschwand ungehört im Archiv. Das Geld hatten Labels damals ja. Man konnte es sich leisten, auf mehrere Pferde zu setzen. Das eine, das durchkam, finanzierte den Rest.

Dieses Geld hat das Musikbiz heute nicht mehr. Kostspielige Fehlgriffe können sich Labels nicht mehr leisten. Schon lange ziehen sie ihre Kampagnen nicht mehr auf diese Weise auf. Es geht nicht mehr, immer größere Brocken in den Pool zu werfen, um Wellen zu machen. Singles und EPs sind keine Statements-of-intent mehr – eine Single zu veröffentlichen, das heißt heute, den Zeh in den Pool zu tauchen und mal abzuwarten, was passiert. Und dann noch einen. Ein Album? Oft erst nach sechs, sieben Stipsern des Zehs in den Pool wagt man den Sprung ins kalte Wasser. Und so kommt’s dann vor, dass eine Band oder ein Künstler gefühlt schon seit einer Ewigkeit herum werkelt, bevor ein Album am Horizont ist. Blossoms und WHITE hatten nicht weniger sechs bereits als Single bekannte Songs auf ihren Debütalben. The Vryll Society sind inzwischen bei sieben und vom Album ist nichts zu hören. Und Rat Boy? Hat acht Singles veröffentlicht seit 2015. Die genug Wirbel machten, dass er Anfang 2016 vm NME und der BBC zum „Sound of 2016“ erklärt wurde. Rat Boy hat auf der Insel eine Army von Fans, die seinen Style kopieren. Und trotzdem dauerte es bis zum August 2017, bis sein Label das Album rausrückte – und das Gefühl, das bei dieser VÖ vermittelt wird, ist nicht „Hoppla, jetzt kommt unser neuer Topstar!“, sondern „Naja, wir wollten das Ganze ja eigentlich auf dem Rücken eines echten Hits einreiten lassen, was aber immer noch nicht passiert ist. Doch wenn wir die Platte noch länger zurück halten, wird’s echt lächerlich.“

Schade, dass das so gelaufen ist, denn die Platte ist frech, smart und lässig.

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