Review: Verge Collection

Verge Collection – „Flaneur“

All the lights in my room, they’re flickering dim.
I could get off my arse, go and change them.
But the circle, it always repeats
and eventually I’ll have to change them again.“
(Verge Collection – „Sleep It Off“)

Haha! Wer mal bei mir zu Hause war, muss jetzt lachen. Weil mein Licht im Flur nicht geht. Die Glühbirne muss nämlich so auf den Mikromillimeter genau in der Fassung sitzen, dass sie das quasi nie tut. Wie von Geisterhand dreht sie sich auch beim kleinsten Anlass wieder raus. Wie oft habe ich das Ding schon entnervt hin und her bewegt! Mit Gewalt, mit Feingefühl, mit gutem Zureden. Bis ich es irgendwann einfach gelassen habe. Lieber gar kein Licht, als dass es dauernd flackert oder dass man sich permanent hin und her justierend den Grant holt.

Klar ist also schon mal, das ich eine sofortige Seelenverwandtschaft zu Verge Collection empfinden muss. Ben Arnold, so der Name des Sängers des Quartetts, beschreibt eine vermutlich bezeichenende Szene aus meinem Leben – und das vom anderen Ende der Welt aus. Verge Collection stammen nämlich aus Perth und Verge Collection, so nennt man in Westaustralien die Sperrmüllsammlung.

Wenn eine Band sich so einen Namen gibt, stellt sie damit auch klar: Glamourös wird das, was jetzt kommt, nicht. Hier wird nicht aus der Perspektive von jemand erzählt, der auf Rosen gebettet ist. Wie zum Beweis startet dieses Album mit den Worten „I’m way too old to be living at home“. Review: Verge Collection weiterlesen

Redface the Facts

Hoppla. Eine Woche alt, dieses Video. Aber noch so wenige Views auf youtube, dass ich es mit gutem Gewissen auch jetzt noch teilen kann, ohne mich als krasser Zu-spät-Kommer in die Blog-schäm-Ecke stellen zu müssen, die wir uns immer einreden.

Redfaces sind die vier Teenager aus Sheffield, die mich mit ihren letzten Singles schon in den Zwiespalt brachten: Soll ich mich freuen, weil sie die neuen The Kooks / The View sein könnten? Oder soll ich mich alt fühlen, weil sie sagen „Unsere Väter haben die Stone Roses und die Smiths gehört, da haben wir das her“?

Anyway, die Redfaces haben eine neue Single namens „Messed Up Feelings“. Was mir auffiel: Bei den letzten Singles stand noch „Sony Music“, hier nicht. So früh schon den Glauben verloren, Sony? Drücken wir den Redfaces jetzt erst Recht dei Daumen, dass sie sich noch durchsetzen. Peppig sind ihre Songs ja.

Show Me The Weh

Oha, eine neue Single von The Fernweh! Die Liverpooler Band, die auf dem von The Coral-Sänger James Skelly gegründeten Label „Skeleton Key“ unter Vertrag ist, meldet sich nach dem feinen Debüt „The Liar“ mit einer zweiten Nummer: „Is This Man Bothering You?“ Die Verwandtschaft zu The Coral ist genauso wenig von der Hand zu weisen wie der 60s-Merseybeat-Einfluss. Fein.

To cut copy a long story short

Ha, das war ja klar. In dem Moment, als ich sagte: „Hmm, ich muss wohl mal was Altes posten, denn irgendwie entdecke ich dieser Tage keine coolen neuen Clips“ (siehe mein Beitrag zu Swell unten), stellte ich eigentlich sicher, dass parallel garantiert ein neues Video online gehen würde. Hallo, Cut Copy!

Als Cut Copys Album „Haiku From Zero“ im Herbst erschien, war ich zwar nicht so hingerissen wie bei „Zonoscope“ (2011) und bei „In Ghost Colours“ (2008) – siehe mein Text zum Album aus dem September. Aber „Black Rainbows“ ist fraglos eins der Highlights der Platte, cool, dass der Song jetzt auch seine Visuals hat.

Getting to know you Swell

Es gibt Zeiten, da entdecke ich wenige neue Clips auf youtube, die ich gleich begeistert teilen und kommentieren möchte. Ab und zu pickt mein itunes-Shuffle in diesen Phasen eine alte Lieblingsband und stupst mich damit an, doch mal diese Favoriten von früher zu featuren.

Heute daher: Swell. Eine Band aus San Francisco, die ich in den 90s sehr sehr liebte. So richtig groß wurden sie nie, weil sie in keine der damaligen Indie-Schubladen passten: Grunge, Shoegazing, Britpop, das alles waren sie nicht. Am ehesten kann man sich vielleicht  eine gewisse Verwandtschaft zu Americana und Pavement’schem LoFi-Pop  einbilden, aber dazu war ihr Sound eigentlich zu kristallklar und zu wenig melodiös-folky.

Anyway. Die Lieder von Swell zeichnen sich eigentlich immer durch folgende Elemente aus: 1. Eine Akustikgitarre, die einen stoisch-lässigen Rhythmus vorgibt. 2. Drums, die klingen, als seien sie aus Pappe. 3. Eine E-Gitarre, gerne mit Bottleneck gespielt, die für ein bisschen Verzerrung und Noise, aber auch die Melodie sorgt. 4. Der gelassene (Sprech)-Gesang von David Freel. (Klar, Bass ist auch immer dabei. Außerdem: Keyboards übernehmen manchmal die Rolle von (3)).

Auch wenn sie sich immer auf diese Elemente verlassen, haben Swell doch seit 1989 eine nie langweilige Discographie akkumuliert. Alle paar Jahre gibt’s ein neues Album, aber dass Bandkopf David Freel weiterhin aktiv Swell-Platten macht (die letzte ist von 2014), ist sogar an mir als langjährigem Follower vorbei gegangen – denn zuletzt erschienen sie auf Freels eigenem Label, ohne dass die Welt viel davon mitbekommen hätte. Na, da habe auch ich etwas nachzuholen.

Na, jedenfalls. Swell haben das gefunden, was man sich als Band wünscht: Einen wirklich eigenen, unverwechselbaren, steincoolen Sound. Drei Songs noch nach dem Break.

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The Shed and the Heart

Immer noch und immer wieder: Britpop, haha! Der verfolgt mich. Neulich habe ich The Magic Gang zu den Wiedergängern erklärt, heute Nachmittag habe ich die Meinung vertreten, dass Spector leider nicht die Retter/Wiederauferwecker des Genres sind – andererseits, vielleicht müssen sie das ja gar nicht sein. Rettung kam im Herbst von unerwarteter Seite mit einem erstaunlich dollen Comeback-Album von Shed Seven. Sie erinnern uns mal wieder an diese Veröffentlichung mit einem neuen Video, gedreht zu einem der Songs, der für mich zu den Highlights der Platte gehört: „Victoria“

Re-Spector yourself

Ich habe Spector schon wiederholt als große Retter/Wiederbeleber  des Britpop ausgerufen, aber habe bisher leider nicht Recht behalten. Schade, denn Sänger Fred MacPherson ist eine echte Type.

Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass die aktuelle „Ex-Directory“-EP daran was ändert. Vier neue Songs haben Fred und seine Band vor zwei Wochen veröffentlicht, aber ein Gamechanger ist nicht darunter. Siehe „Fine Not Fine“: Eine gute, typische Spector-Nummer ist das, bitter-smart und hinterfotzig im Text, alright vom Indiepop-Sound her. Trotzdem, wenn Fred & Co das Steuer rumreissen und eine bedeutende Band auf der Insel werden wollen, muss irgendwie mehr gehen.
(Was genau, weiss ich leider auch nicht. Sonst wäre ich selbst berühmt auf der Insel, anstatt hier nur doof zu bloggen.)

Anyway. Fürs neue Video war Fred in Taroudant/Marokko, der Clip wurde auf einem iphone gedreht. Die Band hatte auch schon mal mehr Budget, aber hey, Budget ist nicht alles.

Mehr zu Spector hier: Ich interviewte sie zum ersten Album, auch zum zweiten Album und ich schrieb zu Album zwei auch eine begeisterte Bewertung.

Thinker Pinker

Mal was, das nichts mit Musik zu tun hat.

In meinen Interviews erwähne ich immer wieder den Linguisten, Kognitionswissenschaftler, Experimentalpsychologen und Autoren Steven Pinker. Dessen Weltbild und seinen Glauben an die Aufklärung und die Menschlichkeit will ich nur allzu gerne teilen.

Na, dann teile ich es doch. Indem ich hier seinen aktuellen Vortrag auf den Blog stelle.

Die Vorstellung, dass bei der Menschheit gar nicht Hopfen und Malz verloren ist, sondern dass wir uns viel mehr stetig vorwärts entwickeln und es nur oft nicht wahrnehmen, kann einen manchmal ganz gut runterbringen, wenn man vor lauter Trump, Erdogan, Duterte, Putin, Brexit, FPÖ und AfD-Idiotie etc verzweifeln will. Auch diese Heinis werden auf lange Sicht nur Fußnoten auf der falschen Seite der Geschichte sein, letzte Zuckungen der verlierenden Meute der ängstlichen Schwachköpfe, während die Menschlichkeit und die Bildung Grenzen überwindet. Daumen drücken.

Hästa la Vista

Hoppla! Eins meiner derzeitigen Lieblingslieder hat seit drei Wochen ein Video – und ich hab’s gar nicht mitgekriegt! Hästpojken aus Göteborg haben sich in den letzten Jahren als Schwedens Meister der großen Melodien und des klassischen 70s-Songwritings entpuppt – gleichzeitig unterwandert Sänger Martin Elisson dies, und der er diese Melodien kräht, als würde man ihm wehtun. Klar auch, dass die Texte immer traurig und bitter sind. Die neue Single „Råttans År“ („Jahr der Ratte“) gehört für mich zum besten, was Hästpojken je gemacht haben.

Martin und Gitarrist Adam Bolmeus spielen schon seit Mitte der 90er zusammen, sie starteten als Teenager in der Band Bad Cash Quartet, die damals einen kleinen Hype in Schweden auslöste. (Für die, denen das noch was sagt: Ihr Song „Midnight Prayer“ war auf einem meiner Åtömström-Alben).

Seit 2008 sind Martin und Adam nun als Hästpojken (dt: Pferdejungs) unterwegs – am 20.4. erscheint ihr viertes Album „Hästpojken är död“.