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Kleine Kollektion 2021 / 16

Neuer Plan: Ich nehme mir mal vor, wenigstens wöchentlich ein Update mit meinen (relativ) neuen Lieblingsvideos zu machen. Mal schauen, ob ich so konsequet bin, das durchzuziehen.

Erst mal natürlich Spacey Jane. In den letzten zwei Jahren ist dieses Quartett bei mir in der Topgruppe der Lieblingsbands angekommen. So der Level: Ein neues Video kommt, und man hat schon so viel Vorfreude, dass man eigentlich nur enttäuscht werden kann. Zum Glück wurde ich aber gar nicht enttäuscht. Die Band aus Fremantle/Perth/Australien hat aktuell einen Wahnsinns-Lauf und leistet sich einfach keinen Fehltritt. Absoluter 90s-Indie-Pop-Kick, so Lemonheads/Posies Style, Perfektion.

Bleiben wir doch gleich in Australien bei The Belligerents aus Brisbane. Eine Band, deren Namen ich mir nie merken konnte. Jetzt habe ich mal nachgeschaut, was belligerent bedeutet: „Am Krieg teilnehmend“. Wenn zum Beispiel ein Aufstand ausbricht, gibt’s die teilnahmslosen Zuschauer – und die Belligerenten, das sind dann die, die auch mit Steinen schmeißen. Ah! Bellus = der Krieg. Latein. Eigentlich ein guter Bandname. Aufmüpfig.
Na anyway. Das Quartett The Belligerents gibt’s schon seit 2010 und sie bewegen sich irgendwo zwischen Synthpop und Indie. Das neu Video „Emily“ ist ein absoluter Hngucker.

Und noch mal Australien. Nicht neu, sondern ein Klassiker von 1998. Es passiert zur Zeit ja häufiger, dass Videos, die auf youtube bisher nur in alten, grob verpixelten Versionen standen, neu hoch geladen werden. Weil Ben Lee ein neues Album vorbereitet, werden nun frühere Videos upgedatet. Das posten wir doch noch mal sein Solo-Debüt „Cigarettes Will Kill You“ von 1998, als Ben 20 war. Mit seiner Band Noise Addict galt er davor als sowas wie ein australisches Indierock-Wunderkind, hatte schon zwei Alben veröffentlicht, das erste mit 16, und er war dem Ruf in die USA gefolgt.

Drei weitere Fakten über Ben Lee:
1. Ben hat Evan Dando dessen zwei beste Songs auf den Leib geschrieben: „Hard Drive“ und „All My Life“
2. Ben war mit Ben Folds und Ben Kweller das dritte Mitglied in der kurzlebigen Band „The Bens“
3. Ben war mal mit Claire Danes zusammen. Wie hat er sie gekriegt? Das hat Claire damals in der Talkshow von Conan O’Brien erzählt: Die zwei hatten sich kennengelernt und auf ihrem Hotelzimmer verabredet. Ben brachte ihr eine Banane mit. So: Bananen sind gut, viel Kalzium. Worauf Claire Danes klar wurde: Dieser Typ ist speziell. Der will mich nicht mit einem Posergeschenk beeindrucken. Der hat die Banane jetzt mitgebracht, weil er’s gut meint. Diese „das Einstandsgeschenk von meinem Freund auf unserem ersten Date war eine Banane“-Anekdote erzählte sie nun auf Conan O’Briens Couch.
Diese Art Typ ist Ben Lee. Ich habe dieses Interview damals gesehen, das muss 20 Jahre her sein. Aber immer noch, wenn ich Ben Lee sehe, denke ich als erstes (egal, dass die zwei sich 2003 trennten und Ben seit Jaaaahren mit Ione Skye verheiratet ist): Das ist der Typ, der Claire Danes mit einer Banane für sich gewann. Und ihr freut euch jetzt auch, dass ihr das wisst und werdet immer dran denken, wenn ihr Ben Lee seht. Und ihr werdet zum nächsten ersten Date Obst mitbringen. Was für Claire Danes gut ist…

So, nun mal wieder nach Japan. Länger schon hat man nichts gehört vom drolligen Lady-Indiepop-Trio Lucie, Too. Nun gibt’s immerhin mal wieder einen Liveclip als Lebenszeichen. Ein Cover des Nerd-Magnet-Songs „Wednesday“.

… und nun nach Holland. Pip Blom, sagten wir mal, sei sowas wie die Courtney Barnett von Amsterdam. Pips zweites Album namens „Welcome Back“ erscheint im Oktober. Diesen Song haben Pip und Band live fürs NL-„Het Magazijn“ eingespielt.

Shogaze-Schmirgelrock aus Texas? Gibt’s. Narrow Head heisst die Band, aus Houston kommen sie. Ihr 2016er-Eigenlabel-Debüt „Satisfaction“ machte genug Wellen, dass zum zweiten Album „12th House Rock“ (2020) das Label Run For Cover an Bord kam. Das Video, dass Narrow Head jüngst teilten, wird unterlegt vom Song „Cool In Motion“, der vom Debüt stammt.

Ich bin ja alt genug, die erste Feedbacknoise-Dreampop-Welle genauso mitbekommen (und geliebt) zu haben wie die Phase, als alle derartigen Bands als „Shoegazing“ verteufelt wurden. Tja, heute noch gibt’s genug Bands auf dem ganzen Globus, die sich weiter dem Sound verschreibt und „Shoegaze“ ist als Genrebegriff nicht mehr negativ besetzt. Spunsugar zum Beispiel kommen aus Malmö, Schweden.

Auch die Londoner The KVB kommen, obwohl sie heute betont mit synthetischen Klängen arbeiten, vom Shogaze. Man hört’s weiterhin in der transzendenten, hypnotischen Schleifigkeit ihres Sounds. Ihr kommendes Album heisst „Unity“ (VÖ: 26.11), die Vorabsingle nennt sie „Unité“

The Charlatans waren schon Zeitgenossen der ersten Shoegaze Bands und tourten gerne mit den eng befreundeten Ride. Am 15.10. soll ein großes Karriere-Best of-Boxset der ewigen Britpopper erscheinen. Darauf zu hören: Auch ein paar „wiederentdeckte“ Tracks. Soll das heißen: Songs, die man zu ihrer Zeit nicht für gut genug hielt, ums auf Album zu schaffen? Na, das ist vielleicht etwas hart, Oft genug gibt es heisse Diskussionen. Da können echt gute Lieder den Cut nicht schaffen . „C’mon C’mon“ entstand 2001, als The Charlatans am Album „Wonderland“ arbeiteten. Ganz ehrlich: In meiner persönlichen Charlatans-Diskographie liegt diese Platte, auf der Tim Burgess nur im Falsett sang, auf dem vorletzten Platz (nur das planlose Kraut-und-Rüben-Album „Who We Touch“ von 2010 liegt dahinter). „C’mon C’mon“ hätte „Wonderland“ für meinen Geschmack definitiv verbessert.

Sind wir schon bereit für den neuen Gerry Cinnamon? Auch Dylan John Thomas ist Schotte, auch er setzt auch Everyday-Man-Charm und auch er singt gnadenlos ohrwurmelig klassichen Gitarren-Beatpop, der Folk-Songwritertum und Oasis-Mitgrölfaktor unter einen Hut bringt.

Schließen wir das Ganze ab mit einer KEXP-Livesession. Django Django haben Anfang des Jahres ihr sehr gutes, viertes Album „Glowing In The Dark“ veröffentlicht, aber ich habe das Gefühl, dass das in der Pandemie ziemlich unterging. Da trifft es sch doch nicht schlecht, dass die Schotten vier Songs der Platte (bzw. drei des Urspungsalbums und einen von der Deluxe-Version mit neuen Tracks) für die guten Leute des US-Alternativ-Senders einspielten.

A Matter of Tim

Am 22. Mai erscheint „I Love The New Sky“, es ist das inzwischen vierte Solo-Album von Charlatans-Sänger Tim Burgess. Als dritte Vorab-Single hat Tim nun „Laurie“ geteilt.

Ich hab’s bereits an anderer Stelle gesagt: Das Solo-Output von Tim ist immer ein bisschen eine Wundertüte. Manchmal macht er feinen, ausgefeilten Britpop, der zwar verspielter und weniger rhythmusbetont ist als das Material seiner Hauptband, aber doch durchaus in deren Muster passt. Aber es gibt auch Platten bzw Tracks von ihm, die stehen im Zeichen des Experiments – und wir wissen ja alle noch aus dem Chemie-Unterricht, dass Experimente nicht jedes Mal zünden. Na, aber immerhin versucht er, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen und auch immer neuen Ideen zu folgen.

Die erste Charlatans-Single „Indian Rope“ ist inzwischen 30 Jahre alt, da ist das nicht selbstverständlich. Andere würden alleine von den vergangenen Lorbeeren zehren.

 

Let The Good Tim Roll

Das Solowerk von Charlatans-Sänger Tim Burgess war zuletzt gerne mal ziemlich arty und experimentell. Lambchop-Sänger Kurt Wagner war regelmäßig involviert, die Texte wurden ergo eher gemurmelt als gesungen, die Songs mäanderten vor sich hin und kamen nicht zur Sache. Wogegen ja nichts zu sagen ist. Es war nicht uninteressant.

Trotzdem bin ich happy, dass Tims neue Single einfach nur eine unkomplizierte Popnummer ist, die man sogar mitsingen kann. Mit „Empathy For The Devil“ kündigt Tim sein neues Album „I Love The Sky“ an, das am 22. Mai erscheinen soll.

Ivory League

Engländer, die Trainingsanzüge tragen, die Drogen erkennbar ziemlich gut finden, die eher wie ein Hooligantrupp aussehen als eine Band (sich aber dann meistens als totale Herzchen entpuppen), und zu deren Gitarrenmusik man schweinegut schwof-tanzen kann – die sind nix Neues. Die gibt es, seit die Happy Mondays in Madchester rum raveten.

Ivory Wave aus Birmingham haben sich nach einer Designerdroge benannt, sie haben die Happy Mondays und Kasabian zu ihren Vorbildern erklärt, sie gelten seit 2016 als kommendes Ding der Szene in „Brum“, aber sind noch nicht wirklich durchgestartet. Allerdings: Zu ihrer aktuellen Single „Uptown“ kann man schweinegut schwof-tanzen.

O Tempora, Ogenesis!

Wieso erscheint im Youtube-Kanal von Charlatans-Sänger Tim Burgess das Video eines walisischen Songwriters? Weil Tim a) eine kleine Plattenfirma namens Ogenesis Records gegründet hat und weil er hier b) „Folly“ veröffentlichte, das zweite Soloalbum von Daniel O’Sullivan, der früher bei der Experimentalband Ulver war.

Wenn der Song „The Diamond Vehicle“ exemplarisch für das Album steht, dann muss ich mir das mal in der Gänze anhören. Denn der Song beginnt zwar als relativ normale Ballade – und das auch noch auf dem Synthklavier, einem Instrument, das ich nicht ausstehen kann – es klingt NIE so warm wie ein echtes. Aber Akkordwahl, Melodieführung und die am Ende einsetzenden Harmonien werden dann sehr speziell. This is quality. Gute Wahl, Tim.

Glast Nite

Es ist mal wieder das Wochenende des Glastonbury-Festivals. Die BBC hat folglich auch dieses Jahr wieder Liveclips online gestellt. Ich picke mal meine Favoriten:

Fangen wir doch mal an mit Tame Impala. Mit den beiden neuen Singles hat Kevin Parker noch nicht Eindruck aufs Popjahr 2019 gemacht. Ich kann mir vorstellen, dass sich das ändert, wenn das ganze Album da ist. Aber wann es kommt? Bestimmt war eigentlich geplant, dass es vor der großen Festivalrutsche vorliegen sollte. Aber Kevin wird wie immer nicht rechtzeitig fertig und muss jetzt all die weltweit gebuchten Headlineslots mit einem uralten Set spielen, plus „Patience“ und „Borderline“. Das war garantiert anders geplant.

Na. Gucken wir doch mal rüber zu Interpol.

Und was macht der Two Door Cinema Club? Das Echo auf Album vier ist eher mau. Zu bemüht, ihr Umschwenker auf Disco, sagen viele. Vielleicht wirkt es live aber?

Keine Zweifel hier: Garantiert immer genial – Fontaines DC.

und hey: Ein Klassiker am Nachmittag. The Charlatans für die Ewigkeit.

Review: Deep Sea Arcade

Deep Sea Arcade – „Blacklight“

Oh, hier habe ich lange drauf gewartet! Denn die Australier Deep Sea Arcade haben – das ist nicht übertrieben – eine meiner Lieblingsplatten der letzten zehn Jahre gemacht. „Outlands“ (2012) war zwar bestimmt nicht perfekt, aber ich bin nun mal geprägt auf Britpop – und diese fünf Jungs aus Sydney spielten auf ihrem Debüt genau die Musik, die die Briten selbst lange schon nicht mehr machten. Endlich war da mal mal wieder eine Band im Stil von The Charlatans, The Stone Roses, The Bluetones – und die Aussie gaben dem Ganzen noch einen Schwung Südpazifiksonne mit! 

Wie wir im Interview erfahren sollten, war die Erklärung dafür die folgende: Sänger Nic McKenzie hatte fünf Jahre seiner Kindheit in England verbracht. Als seine Eltern dann zurück nach Australien zogen, fehlte ihm die Insel. Er stilisierte die alte Heimat zum Ideal hoch, speziell die Musik. Seinen Kumpel aus Kindheitstagen, Nick Weaver, der auch nach seiner Rückkehr nach Sydney wieder sein bester Freund wurde, steckte er mit seiner Begeisterung an.

Also gründeten die zwei anglophilen Aussies eine Band. Deep Sea Arcade kamen mit ihren ersten Singles in Australien schon sehr gut an und meisterten dann ein Album, das die großen Versprechen der Singles hielt. Zuhause spielten sie bald schon in den größeren Hallen.

Klar war jetzt Europa das Ziel. Aber dann verlief sich die Spur auch schon wieder. Eine 2013er Single gab’s noch („Black Cat“), dann hörte man lange nichts mehr von den eben doch noch so vielversprechenden Aufsteigern. Review: Deep Sea Arcade weiterlesen

Review: Morning Harvey

Morning Harvey – „With The Pinstripes“

Gut Ding will Weile haben, jaja. Aber gleich so viel Weile? Morning Harvey, das Trio aus Brisbane, ist nämlich schon ganz schön lange am Machen. Eine erste EP auf bandcamp erschien 2013, eine zweite, quasi ihr offizielles Debüt „Love&Loveand.“ kam 2015. Seitdem tröpfeln alle paar Monate neue Singles ein. Aber auch 2018 gilt, was im Indierock immer galt: Erst mit dem ersten Album ist eine neue Band so richtig da.

Fünf Jahre existieren Morning Harvey also mindestens schon. Das sollte ausgereicht haben, um ihren eigenen Dreh zu entwickeln, oder? Tatsächlich haben sich ein paar Dinge getan seit ihrer 2015er-EP. Da bewegte sich das damals-noch-Quartett ziemlich konkret im frühen Britpop-Sound, da erinnerten sie an The Charlatans  oder die frühen Verve. 

Auf den Singles seitdem haben die Aussies ihren Schwerpunkt von Manchester nach New York verlagert. Der Gesang von Frontmann Spencer White ist schnodderiger geworden, hat heute (auch aufgrund der leicht übersteuerten Aufnahme) mehr was von Julian Casablancas (The Strokes) oder Ric Ocasek (The Cars), als dass er typisch britpop-englisch rüber käme.  Review: Morning Harvey weiterlesen

It’s a Northwich Hunt!

Sonntag erst habe ich über die neue the Charlatans-EP geschrieben (ein bisschen nach unten scrollen bitte) und auch darüber, dass die unkaputtbaren Indie-Veteranen kürzlich in der Heimatstadt von Sänger Tim Burgess ihr Jubiläums-Event „North By Northwich“  feierten.

Jetzt haben die Herren einen weiteren Song der neuen EP mit Footage von ihrem Stadtfestival kombiniert und als neues Video online gestellt: „Indefinitely In Your Debt“.

Review: The Charlatans

The Charlatans – Totally Eclipsing EP

Ich mag EPs. Die EP ist ein unterbewertetes Medium. Denn so ein Album, mit dem man sich ja meistens nur alle zwei, drei Jahre wieder zeigt, muss ja zwangsläufig immer auch ein Statement sein. Eine EP von 3-5 Songs und 12 – 20 Minuten Musik dagegen ist wie ein unmittelbarer Wasserstandsbericht. Nicht der Familienbesuch an Weihnachten, an dem man alles aufarbeitet, was im Jahr passiert ist. Mehr ein kurzer Anruf oder eine Postkarte: „Hey, wir sind übrigens gerade hier!“

Weil eine EP immer so konzis diesen derzeitigen Standpunkt mitteilt, ist sie auch ein Format, das Bands vor allem in ihren Anfangsphasen nutzen. EPs gibt’s normalerweise vor dem ersten Album und vielleicht noch in den ersten 20 Monaten danach. Im Abschnitt des Bandlebens, in dem ihre Entwicklung noch am markantesten voran schreitet. Weswegen so eine EP dann immer als Dokument dieses Fortschritts dient. Auch The Charlatans haben ihre Karriere mit EPs eingeleitet und ihre früheren Alben damit begleitet: „Indian Rope“ zum Beispiel, „Over Rising“ oder „Me. In Time“. (Weitere Singles mit oft drei B-Seiten kann man aber sicher auch mitrechnen.) „Over Rising“ erschien 1991. Unglaublich, wie lange her das ist. 

Unglaublich aber auch, wie viel weniger lang sich das anfühlt. Review: The Charlatans weiterlesen