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Kleine Kollektion 2020 / 17

Na das hat ja nicht so doll geklappt mit dem Plan, jetzt wenigstens freitags mal die Lieblingsvideos der Woche zu bündeln.

Aber gut, heute fand ich ein paar Favoriten in meinem Feed. Da wollen wir doch mal kommentieren.

Zuerst mal: Spiritualized. Manchmal rutschen einem selbst die Größten vom Schirm. Und dann bringen sie ein neues Video und man verliebt sich wieder wie ganz neu und fragt sich: Wieso habe ich auf meinen Jason Pierce-Altar eigentlich so lange keine Kerzen mehr gestellt?

Für mich so mit die heisseste junge Band zur Zeit: The Lazy Eyes. Ich habe die Aussie-Kids früher schon folgendermaßen beschrieben: Diese Vier haben Tame Impala und King Gizzard quasi mit der Muttermilch aufgenommen. Womit ich sagen will: Man merkt einfach, wie natürlich und souverän sie sich in dem Sound ihrer Vorbilder bewegen. Außerdem bringen sie eine zugängliche, beinah poppige Note mit rein – so ist dies erstens schwurbelige Psychedelia, wie man sie auf dem fliegenden Batikteppich hört, aber zweitens bei aller Komplexität auch griffig. Das ist schon stark.

Jetzt ein Video, das schon ein paar Tage älter ist. Aber da wir in Australien sind, will ich doch die aktuelle Single von Johnny Hunter nicht auslassen. Diese Band kennen wir als Neo-80s-Rocker mit Goth-/New Wave-Note. Das setzen sie auch auf der aktuellen Single fort. Das Video, hmmm, ich find’s sonderbar, dass da in einem typisch britischen Pub gedrht werden musste, Die Story ist okay – ein Bartender erkennt in den Trinkern seiner Bar Versionen seiner eigenen Zukunft und entscheidet sich, auszubrechen. Ich denk mir halt: Hätte man das nicht genauso gut in Sydney drehen können? Entsteht so nicht der Eindruck, Johnny Hunter seien Briten? Naja, vielleicht ist das ja auch ein bisschen egal. Guter Song jedenfalls. Hat Wucht.

Next! Wenn jemand so die Big Star / Teenage-Fanclub-Nummer abzieht, bin ich ja auch grundsätzlich happy. Hallo also, Young Guv, aka Ben Cook aus Toronto, aka der Gitarrist von Fucked Up solo. Schön, dass es eine neue Single gibt.

Belassen wir’s für heute mal dabei. Cheers.

Give Pierce A Chance

… und glich noch ein Blick ins Archiv. Mein youtube-Abo ist heute voll mit Clips von Sprititualized. Nanu?

Da wurde wohl einem Praktikanten vom Label gesagt: „Hey, digitalisier‘ mal fließig Tracks dieser Band (bzw. dieses One-Man-Projekts von Jason Pierce, der bekanntlich davor Mitglied bei den Drone-Pionieren Spacemen 3 war, aber das muss man Lesern dieses Blogs ja nicht dazu sagen). Spiritualized sind ja letztlich schon ’ne Kultband und bleiben in ihrer treuen Szene langfristig gefragt. Da könnten schon ein paar Microcent zu generieren sein.“

Mich freut’s.

Echo Kember

Ich weiss nichts über Gold Cage. Aber das Label felte hat oft ein gutes Händchen und alleine der Titel der Single macht mich neugierig: „Repeater Kember“. Peter Kember, das muss ich euch ja nicht erzählen, ist besser bekannt als Sonic Boom = eine Hälfte der kultigen Drone-Wegbereiter Spacemen 3. (Die andere Hälfte war Jason Spaceman = Jason Pierce = Spiritualized.) Uns erwartet also ganz offenbar ein Dronerock/Shoegaze-Tribut.

So,  ich habe inzwischen Infos über Gold Cage ergooglet. Dies sagt die Band auf bandcamp über sich:
Los Angeles based three-piece slow-core outfit consisting of singer/bassist Monica Gamboa-Katz, singer/guitarist Cole Devine and Sage Ross/drums The band combines their artistic sensibilities to foster a dark ethereal, sonically-mature slow-core trio. Offering smooth-driving bass tempos, with catchy guitar loops and riffs. Gold Cage is sure to warm your heart with fog, and clouds.

You Don’t Know Yak

Das kommende Yak-Album „The Pursuit of Temporary Happiness“ ist eine verdammt intensive Platte. So intensiv, dass es mir gar nicht so leicht fällt, sie anzuhören. Man kann sie nicht mal eben nebenbei beim Kochen laufen lassen – da rüttelt sie einen zu oft raus, verstört manchmal fast. Aber dass das große Kunst ist, daran besteht kein Zweifel.

Die Platte erscheint am 08.02. und wenn’s so weit ist, kann ich hier ein Interview mit Sänger Ollie Burslem posten. Vorher steht ein neues Lied der Platte online: „This House Has No Living Room“ mit Gast Jason Pierce (Spiritualized) ist auf dem Album das große Finale.

Späßchen: So von Minute 1:45 bis 1:55 etwa ist dies ein Smashing Pumpkins-Video. Aua.

Review: Spiritualized

Spiritualized – „… And Nothing Hurt“

Ich kann zwar sehen, wie viele (genauer gesagt: wie wenige) Klicks mein kleiner Blog hat, aber eins kann ich natürlich nicht sehen: WAS für Leser(innen) habe ich wohl?

Mal abgesehen von denen, die sich nur zufällig hier her verklickt haben – Werden meine Texte gelesen von Typen wie mir, von Mega-Nerds, die mehrere Jahrzehnte Independent-Gitarren bewusst miterlebt haben (und die hier eigentlich nur checken wollen, wie viel Fehler ich mache)? Oder sind ja doch auch Kids dabei? Teenager, für die diese Sounds was Neues und vielleicht ja auch spannendes sind und die hier ihren ersten Einblick in neue und alte Indie-Welten finden? Zwischen diesen Extremen liegen wohl neuere und langjährige Indie-Sympathisanten, die aber eben nicht so albern in die Sache vertieft sind wie meinereiner.

Man vergisst ja leicht, wie lange es das Zeug schon gibt. Neulich z.B. unterhielt ich mich mit einer Freundin und es zeigte sich: Sie kannte Placebo nicht. Ich wollte erst voll schockiert sein, aber: Hey, sie war 22. Die letzte wichtige Placebo-Platte war „Sleeping With Ghosts“. Oder? Das war 2003. Das ist 15 Jahre her. Da war sie sieben! KLAR muss sie Placebo nicht kennen!

Und warum wieder diese völlig am Thema Spiritualized vorbei gehende Einleitung, Henning?

Weil das Wichtige an diesem Album doch die Tatsache ist, dass Jason Pierce, diese Type, sich überhaupt mal wieder zeigt, sechseinhalb Jahre nach „Sweet Heart Sweet Light“! Der Urzeit-Indie-Heini geht bereits in die Knie vor Ehrfurcht. Der Neuling sagt: „Hä? Wer? Spiritus was?“ 

Ich schreibe also heute mal für den imaginären Leser, der erst mal ins Thema eingeführt werden muss und ziehe diesen Text als Musikgeschichtsstunde auf. Der Langzeit-Experte darf mich in den Kommentaren gerne korrigieren.

Also los. Anfangen muss man da natürlich mit Spacemen 3.  Review: Spiritualized weiterlesen

Review: Fascinator

Fascinator – „Water Sign“

Positive Überraschung! Ich nehm’s gleich mal vorweg: Das zweite Album von Fascinator ist famos. Damit habe ich nicht gerechnet.

Den schrägen Vogel, der sich Lord Fascinator nennt, habe ich bisher nämlich nur so halbernst genommen. Ich hatte ein paar Videos von seinem Debütalbum „Man“ (2015) gesehen und mir mein Urteil gebildet. Die Single „Dead Of The Night“ war lässig, keine Frage. Obwohl dies Musik war, die synthetisch und tanzbar war, passte sie aufs Perth-Psychedelia-Hauslabel Spinning Top zu Kollegen wie Pond, GUM und Tame Impala. Denn erstens steckte eine unzweifelhaft experimentell-psychedelische Komponente drin. Zweitens war das auch visuell verspult und es nahm sich sichtbar nicht so bierernst. Was ja durchaus auch für Pond & Co gilt.

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Review: 5 Billion In Diamonds

5 Billion in Diamonds – „5 Billion in Diamonds“

Auch dieses Mal wieder, bevor ich loslege, ein paar lose Überlegungen.

Wir wissen alle, Ebbot Lundberg muss man super finden. The Soundtrack Of Our Lives, was war das für eine umwerfende Band! Ebbot war ihr Mittelpunkt. Ein kauziger, kugelrunder Wikinger im Kaftan, der psychedelischen Hippiekram mit viel Wortwitz genau auf den Grat hin textete, dass man nie wusste: Steckt der tief eingelesen in der Materie drin? Oder macht er sich einen Spaß draus? Seine Band tobte sich derweil auf einer Spielwiese zwischen transzendentem Rock und Oasis’scher Britpop-Power aus. Man sagt zu viel zu vielen Bands „Kultband“, aber TSOOL (und ihre Vorgänger Union Carbide Productions, nicht zu vergessen) waren eine. Trotzdem: In ihren letzten Jahren waren Soundtrack zwar Stammgäste auf der SWE-Nr. 1, außerhalb aber ihres Heimatlandes taten sie sich schwer, Labels zu finden.

Seit der Bandtrennung hat Ebbot Lundberg mehrere Soloalben veröffentlicht. Dem Vernehmen nach sind sie prima. In Schweden charten sie zuverlässig. Aber ehrlich gesagt, ich habe die Platten nicht verfolgt.

Meine Reaktion dagegen, als ich mitkriegte, dass Ebbot Lundberg eine neue Band hat! Eine „Supergroup“ sogar, wenn man so will, mit anderen Promi-MItgliedern wie Producer-Gigant Butch Vig (Nirvanas „Nevermind“, Smashing Pumpkins, außerdem trommelt Vig bekanntlich bei Garbage)!
Da krähte ich vor Begeisterung, als ich das las!

Deswegen dieses Intro – weil ich versuche, mir das selbst zu erklären. Warum diese Diskrepanz? Warum mein mildes Desinteresse an Ebbot solo, aber die Vorfreude auf seine neue Band?

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C’mon Billions

Es ist jetzt auch schon fünf Jahre her, dass sich The Soundtrack of Our Lives getrennt haben. Auch wenn an psychedelischem Gitarrenpop in der Zwischenzeit kein Mangel herrschte, so hat diesem Planeten dennoch die schräge Weltsicht von Ebbot Lundberg irgendwie gefehlt – denn seien wir ehrlich, er machte zwar fleißig Soloalben, aber die wurden außerhalb Schwedens praktisch nicht wahrgenommen.

Jetzt aber horcht auch der Rest der Welt wieder auf, denn Ebbot ist Frontmann einer neuen Band – und das ist praktisch eine Supergroup. Mit an Bord bei 5 Billion in Diamonds – ein Name wie eine unerfüllbare Lösegeldforderung – sind nämlich Garbage-Drummer und 90s-Starproducer Butch Vig (Nirvanas „Nevermind“), UK DJ James Grillo, Producer Andy Jenks, Gitarrist Alex Lee (Strangelove, Suede), Bassist Sean Cook und Drummer Damon Reece (beide u.a. Spiritualized) und Gesang von Helen White (Alpha), Sandra Dedrick (The Free Design) sowie David Schelzel (The Ocean Blue).

Durch Ebbots Gesang ist TSOOL natürlich die erste Assoziation, die sich beim Hören aufdrängt. Allerdings, 5 Billion In Diamonds sind zweifellos poppiger. Die Tatsache, dass hier DJs und Chart-Producer mit am Werk sind, bedeutet, dass so manches, was bei Soundtrack schroff oder schräg gewesen wäre, geglättet wird und dass wir bei den Gitarren Loops statt Livetakes zu hören kriegen. Was der Sache aber nicht schadet – es soll ja gar nicht 1:1 wie Ebbots alte Band klingen, sondern wie was eigenes.

Das aktuelle Video heisst: „I’m Becoming You“

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Review: One Sentence. Supervisor

One Sentence. Supervisor – „Temporär Musik 1-13“

Es ist schon lustig – oder traurig, oder beschämend. Ich meine, da halte ich mich für einen Indie-Nerd, der sich ein kleines bisschen auskennt. Ich passe auf, wenn in Melbourne oder in Perth eine Band was Spannendes veröffentlicht. Aber dann tut sich was quasi vor meiner Haustür – und ich kriege es Ewigkeiten nicht mit.

Offiziell ist heute der deutsche Erscheinungstermin von „Temporär Musik 1-13“, tatsächlich aber steht das Ding schon länger auf Spotify und in den Downloadstores. Ich schäme mich vor mir selber, dass ich das Album erst jetzt wahrnehme, denn es ist eine Platte, die mich komplett aus den Socken haut. Wobei, ein bisschen muss ich auch meine Schweizer Freunde schimpfen. HEY! Wieso ihr mich nie durchgeschüttelt und ins Gesicht geschrien: „Hallo, wir haben fei auch eine Spitzenband: One Sentence. Supervisor! Aus Baden im Aargau! Die musst du dir unbedingt anhören, verdammt noch mal!“ Gebt zu, Schweizer – das wäre verdammt noch mal eure Aufgabe gewesen!!

Aber wie klingt sie denn nun, die Platte, die zum „Independent-Album des Jahres 2016“ in der Schweiz gekürt wurde? Review: One Sentence. Supervisor weiterlesen

Review: Pauw

PAUW-Macrocosm-Microcosm-CDPauw – „Macrocosm Microcosm“

Manchmal muss man ja nur das Plattencover betrachten oder den Albumtitel hören und man weiss, worum es geht. Auf dem Sleeve des Debüts der Holländer Pauw sehen wir ein spaciges Gemälde, Weltraumnebel in allen Farben, übergroße Monde und Planeten. Schemenhaft erkennen wir vier Gestalten, die uns den Rücken zugewandt haben und in die Weiten blicken, von der Macht der Unendlichkeit so beeindruckt wie Caspar David Friedrichs Mönch am Meer. Dieses Bild ist also einerseits ein Stupser in Richtung Romantik, zuerst aber ein Holzhammerschlag in Richtung Psychedelia. Dazu passt der Albumtitel: Makrokosmos, Mikrokosmos. Das große Ganze, das winzige Detail, alles eins, alles: kosmisch.

Und was soll ich sagen? So, wie das Cover aussieht, so wie der Name des Albums andeutet, so klingt „Macrocosm Microcosm“ auch.

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