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Review: Verge Collection

Verge Collection – „Flaneur“

All the lights in my room, they’re flickering dim.
I could get off my arse, go and change them.
But the circle, it always repeats
and eventually I’ll have to change them again.“
(Verge Collection – „Sleep It Off“)

Haha! Wer mal bei mir zu Hause war, muss jetzt lachen. Weil mein Licht im Flur nicht geht. Die Glühbirne muss nämlich so auf den Mikromillimeter genau in der Fassung sitzen, dass sie das quasi nie tut. Wie von Geisterhand dreht sie sich auch beim kleinsten Anlass wieder raus. Wie oft habe ich das Ding schon entnervt hin und her bewegt! Mit Gewalt, mit Feingefühl, mit gutem Zureden. Bis ich es irgendwann einfach gelassen habe. Lieber gar kein Licht, als dass es dauernd flackert oder dass man sich permanent hin und her justierend den Grant holt.

Klar ist also schon mal, das ich eine sofortige Seelenverwandtschaft zu Verge Collection empfinden muss. Ben Arnold, so der Name des Sängers des Quartetts, beschreibt eine vermutlich bezeichenende Szene aus meinem Leben – und das vom anderen Ende der Welt aus. Verge Collection stammen nämlich aus Perth und Verge Collection, so nennt man in Westaustralien die Sperrmüllsammlung.

Wenn eine Band sich so einen Namen gibt, stellt sie damit auch klar: Glamourös wird das, was jetzt kommt, nicht. Hier wird nicht aus der Perspektive von jemand erzählt, der auf Rosen gebettet ist. Wie zum Beweis startet dieses Album mit den Worten „I’m way too old to be living at home“. Review: Verge Collection weiterlesen

Review: The Ocean Party

The Ocean Party – „Beauty Point“

Es ist eine Eigenschaft des menschlichen Gehirns, Muster zu suchen. So macht die Welt für uns Sinn. Manchmal ist unser Instinkt, Muster zu entdecken, so groß, dass wir Dinge sehen, die vielleicht nicht da sind.

Sind The Ocean Party Melbournes produktivste Band? Es ist ein Titel, den sie King Gizzard and The Lizard Wizard (die Freitag auch schon wieder ’ne Neue brachten) zumindest streitig machen. Die Band existiert seit 2012 und schon sind sie beim siebten Album angelangt. Zehneinhalb Monate sind erst vergangen seit dem Vorgänger „Restless“, die aber nur als Vorgänger gilt, wenn man zwei seitdem erschienene EPs nicht mitzählt.

Bei meinem Text zum angesprochenen letzten Ocean Party-Album „Restless“ war ich ziemlich scharf darauf, eine Logik in der Entwicklung der Band zu identifizieren. Also behauptete ich: Diese Band wird von Album zu Album komplexer, kleinteiliger, vielschichtiger. Was auch stimmte, wenn man „Restless“ direkt verglich mit dem Lo-Fi Dolewave-Frühwerk der Band. Aber wenn meine Theorie stimmen würde, müsste man die Flugbahn der Band weiter berechnen können. Demnach müssten sie sich jetzt von Album zu Album weiter in Richtung verschlungenen Chamber-Pops entwickeln.

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The Sound Of Sperrmüll

Wer hier öfter vorbei schaut, weiss es längst: Seit ein paar Jahren gibt’s einen typischen Melbourne-Sound, den man down under Dolewave nennt. Lo-Fi-Janglepop, clever beobachtende Texte mit Witz. Bands wie Twerps, Dick Diver, Lower Plenty, Rolling Blackouts Coastal Fever oder The Ocean Party sind in dieser Szene aktiv. Inzwischen greift der Sound australienweit um sich: Aus Brisbane kommen The Goon Sax, aus Hobart sind Treehouse aufgetaucht und inzwischen geht’s auch an der Westküste los. Perths Beitrag zum Dolewave kommt von der Band Verge Collection.

Verge Collection – so nennt man im Westen Australiens die Sperrmüllsammlung. Im Südosten hat man für Sperrmüll einen anderen Ausdruck: „Hard Rubbish“. So wiederum hieß bereits ein Album von Melbournes Lower Plenty. Wir ziehen den Schluss: Dolewave-Bands identifizieren sich irgendwie mit Sperrmüll. Mit den ausgemusterten Dingen, die im Weg sind und weggeworfen werden – für die sich aber vielleicht doch noch wer findet, der sie brauchen kann.  Ja, mit so profunden philosophischen Theorien kann ich in die Woche starten.

Review: The Ocean Party

The Ocean Party – „USA Tour 2017 EP“

Wohl kaum eine andere Band arbeitet zur Zeit so schnell wie die aus Wagga Wagga stammenden und inzwischen in Melbourne ansässigen The Ocean Party. Im Oktober erst habe ich „Restless“ besprochen, ihr bereits offiziell sechstes(!) Album seit ihrem 2012er Debüt „The Sun Rolled Off The Hills“.

Und schon wieder gibt’s was Neues! Diese 9-Song-EP, die in Australien schon im April erschien (aber erst seit dieser Woche auch in den deutschen Streamingdiensten und Downloadshops zur Verfügung steht) ist sogar nicht mal ihre einzige Release seit „Restless“! Zwischendurch gab’s eine weitere AUS-EP namens „B-Grade Material“. Menschenskind – man kommt auch als Fan kaum hinterher!

Warum gelten diese zwei Releases (und auch „Mess & Noise Critics Poll 2015“ aus dem Januar 2016) als EPs, obwohl sie mit je 9 bis 11 Songs nicht so viel kürzer sind als The Ocean Partys Alben? Da kann ich nur raten. Aber meine Theorie ist, dass das Sextett die Alben mit etwas mehr Mühe und/oder Budget aufnimmt. Schließlich habe ich in meinem Text zu „Restless“ behauptet, dass die Band sich von dem sympathisch schratteligen Lo-Fi-Dolewave ihrer Anfangstage inzwischen erkennbar in Richtung fein durchkomponierter Janglepop-Musik bewegt habe.

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Review: The Ocean Party

Light WeightThe Ocean Party – „Light Weight“

Auf diese strubbeligen Australier stieß ich im Herbst 2012. Ziemlich zur gleichen Zeit, als mir Bands wie Twerps, Dick Diver, Lower Plenty oder Boomgates ins Auge fielen. Denn Melbourne hatte eine neue Szene: Dolewave. Auch genannt „The New Ordinary“. Was es vielleicht besser traf.

„Dolewave“, das war/ist nicht einfach nur Janglepop zwischen Pavement und den Go-Betweens. Was diese Bands auszeichnete, war das Lakonische, das komplett Ungestellte, Ungeschminkte. Alles an ihnen war so… alltäglich. Und das war ihre Waffe: Wenn du im Alltäglichen ganz beifällig die großen Wahrheiten droppst, dann trifft es umso härter. Ohne jegliche Theatralik und Verkünstelung ist es einfach nur WAHR.

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Houses Of Love

Okay, hier bin ich etwas später dran. Das Video steht schon länger online, aber auch wenn der Clip nicht brandneu ist, will ich ihn doch teilen. Weil’s mich packt, das Lied.

Hallo, Tiny Little Houses aus Melbourne. Wir werden viel Freude miteinander haben! Euer Sänger Caleb Karvountzis schreibt, ihr seid beeinflusst von US-90s-Bands wie Neutral Milk Hotel. Ich kann Pavement, Flaming Lips, Sparklehorse in eurem Sound hören – aber auch typisch Melbourner Dolewave-Janglepop. Vor allem aber höre ich markante Gitarren und einen Sänger mit Persönlichkeit. Die EP „You Tore Out My Heart“ beginnt mit den Worten „How weird it is to think in 60 years we won’t exist“. Caleb, was machst du dir denn mit Anfang 20 für Gedanken?
In der Single „Easy“ geht’s um die beste Freundin, die nie mehr sein wird als die beste Freundin. Kennt man. Aber wenn Caleb singt „I can’t keep having you around (…) it’s better lost than found“ stimme ich nicht mit ihm überein. Einig sind wir uns wieder, wenn er singt „It’s not hell, but it’s not easy.“

Houses Of Love weiterlesen

Interview: Twerps

jpg Twerps HeaderSo, endlich widme ich mich meinem Twerps-Interview. Seit ein paar Jahren (okay, dafür hätte man den alten Blog verfolgen müssen) schreibe ich hier Liebesbriefe ans Genre „Dolewave“ bzw „The New Ordinary“ – so nennt man down under all die Bands aus Melbourne, die so unglaublich gemütlich und nonchalant klingen, die zwischen ihren Zeilen traurige und gewitzte Weisheit durchscheinen lassen. Die Könige dieser Musik, das sind die Twerps, die vor einigen Wochen ihr zweites Album veröffentlichten: „Range Anxiety“. Ich sprach mit Sänger Marty Frawley per skype. Interview: Twerps weiterlesen

Review: Dick Diver

Dick Diver – Melbourne, Florida

Es kann durchaus was haben, wenn Musiker ihre Instrumente nicht perfekt beherrschen. Das gibt dem Ganzen etwas, das man auf Englisch mit Looseness oder Unhingedness bezeichnen würde – es kann zu Musik führen, die so lose schwingt wie eine Tür, die in nur einem statt zwei Scharnieren hängt. Die Libertines haben ihre frühe Karriere drauf aufgebaut, verquer zu klingen und nebeneinander her zu spielen – das unterstrich ihre chaotische Note.

Aber zu Dick Diver: Chaos ist nicht das, was die Melbourner Vorzeige-Dolewaver auf ihren frühen Alben im Sinn hatten. Ihre Unhingedness hatte viel eher etwas Gemütliches. Man sah ihre Heimvideos aus unaufgeräumten Gärten und hatte das Gefühl, neben ihnen in der Hängematte in die australische Nachmittagssonne zu blinzeln – ein Track ihres Debütalbums „New Start Again“ (2011) hieß nicht aus Zufall „Hammock Days“.

„New Start Again“ erregte meine Aufmerksamkeit, weil man down under darüber schrieb, dass es eine so wahnsinnig AUSTRALISCHE Platte sei. Was das war, das die Platte so australisch wie nur irgendwas machte? Das musste ich mir auch zusammen reimen. Neben ein paar spezifischen Locations und Bezugspunkten (die Go-Betweens waren als Einfluss nicht zu überhören, andererseits, Pavement auch nicht) schien es mir vor allem ein … Feeling zu sein. Wenn Dick Diver also an Pavement erinnerten, dann nicht als US-Zyniker, sondern als aufgeweckte Aussies, unter deren Melancholia eine grundsätzlich sonnige Lässigkeit schwang. Auch klangen sie nicht so, als wollten sie Europa oder die USA erobern. Sie schienen nur einfach aus ihrem Vorort-Garten für andere Vorort-Gärten zu singen. Dick Diver teilten sich diese Eigenschaft mit anderen Melbournern wie Twerps, The Ocean Party, Lower Plenty oder auch Bitch Prefect (auch wenn Letztere aus Adelaide stammen). Die australische Musikpresse nannte das „Dolewave“ oder „The New Ordinary“. Hui, eine Szene!

Jetzt will ich aber endlich zu „Melbourne, Florida“ kommen. Review: Dick Diver weiterlesen

There will be Flood(lights)

Ein neuer Monat = ein neuer Clip vom aktuellen Aussie-Album „Soft Focus“ von The Ocean Party = eine neue Beschwerde von mir, warum man die Platte auch in Zeiten des Internet hierzulande noch nicht legal kriegt = ein weiteres Mal droppe ich die ebenfalls aus Melbourne stammenden Namen Twerps, Lower Plenty und Dick Diver, weil ich finde, auch The Ocean Party gehören mit ihrem smarten LoFi-Jangle-Pop in die Dolewave-Schublade, in die natürlich keiner von all denen rein will. Whatever. Der neue Clip ist zum Song „Floodlights“.

Twerpy Twerpy Tweep Tweep

Hach, ich liebe sie ja schon sehr, die Twerps aus Melbourne. Am Donnerstag hatte ich ein Skype-Gespräch mit Sänger Martin Frawley. Leider ist es noch nicht transkribiert. Das hätte natürlich gepasst, wenn ich es pünktlich zum neuen Video „Stranger“ hätte liefern können. So aber muss ich euch vertrösten und um etwas Geduld bitten. Übrigens, die Twerps kommen im Mai für drei Termine nach Deutschland, unter anderem nach München ins Theatron. Hurra!


Ach ja, „Stranger“ kommt natürlich vom zweiten Twerps-Album „Range Anxiety“. Aber das wusstet ihr ja alle schon!