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Pott’s Blitz!

Es scheint keine falsche Entscheidung der PIAS gewesen zu sein, die Kanadier Pottery unter Vertrag zu nehmen. Jedenfalls dann, wenn „Hibbelige Franz Ferdinand mit einem Anteil Art New Wave a la DEVO/Talking Heads“ im Jahr 2020 plötzlich wieder gefragt sein sollte. (Naja, in meinem Haushalt ist sowas generell IMMER in, aber ich bin ja leider nicht repräsentativ. Ob die Kids das spannend finden, ist die Frage.)

Anyway. Im April erscheint das Album, nur wenige Wochen nach „Texas Drums“ gibt’s schon eine neue Single: „Take Your Time“.

I Taw The Light

TAWINGS verwirren mich. Neulich hat das Girl-Trio aus Tokio mit „Suisen“ eine ganz wunderbare melancholische New Wave-Pop-Single hingelegt. „Suisen“ ist bestimmt eins meiner Lieblingslieder von 2019, eine Nummer, die einen unorthodoxen Weg findet, sich zwischen The Cure, Krautrock und Shoegazing hindurch zu schlängeln.

TAWINGS neue Single „Poodles“ (feat. fLuffY anGeLs <3, wer auch immer das sein mag) ist zwar auch New Wave, aber auf ne komplett gegenteilige Weise. Minimalistisch-schräg, mehr DEVO oder Trio als The Cure. Dazu ein Text über fluffige Pudel (meistens braun) inklusive Gekläffe. Hä? Also, auch das ist auf seine Weise cool – aber so anders als „Suisen“!

Also gut. Noch vor Weihnachten soll das Debütalbum der TAWINGS kommen. Dann werden wir uns hoffentlich ein klareres Bild dieser Band machen können.

Review: Dorsal Fins

dorsal-fins-digital-zodiacDorsal Fins – „Digital Zodiac“

Bezüglich des Themas Nebenprojekte kann man ja geteilter Meinung sein. Ich habe mich auch schon richtig aufgeregt über die Angewohnheit mancher Musiker, sich neben der Hauptband auch noch ein Techno- ein Country- und ein Funpunk-Projekt zu erlauben. „Macht’s g’scheit oder lasst es!“ will man da manchmal schreien. „Erwartet doch nicht, dass wir eurem Hobby Aufmerksamkeit schenken, wenn ihr selbst es nur als Spielerei nebenbei betrachtet!“

Aber natürlich gibt es die Gegenargumente. Dass sie beim Nebenprojekt mal alle Fünfe grade sein lassen und nicht jeden Ton auf die Goldwaage legen, steht manchen Musikern sehr gut. Sie zeigen sich experimenteller und lockerer. Das Fehlen gewisser Vorgaben, Zwänge oder Empfindlichkeiten der Hauptband eröffnet die Möglichkeit zu einer Freigeistigkeit und einer Kreativität, die  möglicherweise sonst gehemmt wird.

Liam McGorry aus Melbourne ist Trompeter und Songwriter der Soulpop-Band Saskwatch. Die Dorsal Fins gründete er ursprünglich als Nebenprojekt. Er scharte befreundete Musiker aus anderen Bands, die Namen wie Eagle & The Worm, The Bamboos oder New Gods tragen, um sich, um mal mit neuen Sounds rum zu spielen (als Einflüsse nennt die Band speziell DEVO, David Byrne, The Avalanches und Primal Scream). Irgendwann war man zu neunt, neben Liam war Ella Thompson (sonst als Solistin unterwegs) als zweite Sängerin an Bord gekommen – und aus den Spielereien kristallisierten sich ein paar wiederkehrende Sounds heraus: Rumpelnde Rhythmen aus der Baggy-Ära, verzerrte Bassläufe, Echo-Gitarren, gerne mal Bläsersätze, diese Elemente ergaben tanzbare und ins Ohr gehende Indie-Songs.

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Single Review: Catholic Action

Catholic Action Rita Ora - SingleCatholic Action – „Rita Ora“

Sensationell.

Ein Zickzackriff, das es genau hinkriegt: Simpel zu sein wie ein Abzählreim, aber dabei nicht zu nerven, sondern zu kicken!

Handclaps!

Und der Text. „Rita! Ora! Take me! Love me!“ Hah!

Rita Ora war mir bisher ja ziemlich egal. Aber ab sofort ist sie Kultfigur. Aber nicht für ihre Musik.

Man hat Catholic Action ja von Anfang an mit Franz Ferdinand verglichen. Nicht nur, weil sie (wie auch die andere Band, die gerade immer mit den Franzen in Verbindung gebracht wird, WHITE) aus Glasgow kommen. Auch klanglich sind FF der erste offensichtliche Referenzpunkt für Catholic Action, aber die Primitivität des Riffs und der trockene Beat erinnern mich auch an DEVO.

Aber das wichtigste:
Catholic Action klingen hier ja einerseits so typisch Indie, wie es nur geht. Aber auch heutig – alleine wegen der Rita Ora-Referenz, die man 2008 und 1979 (die Jahre, nach denen der Song sonst klingt) nicht hätte machen können.

Mann, ein Lied wie „Rita Ora“ macht mich happy. Weil da draußen die Leute sind, die uns erzählen wollen, Indie sei abgesagt und durch und was weiß ich. Und dann kommen Catholic Action daher und machen alles wie immer, aber alles kommt so taufrisch und so spitzbübisch frech, dass man von der ersten bis zur letzten Sekunde durch die Küche springt. Das zeigt mir: Indie is alive and kicking, immer. Denn Indie is a state of mind – das kriegt ihr nicht kaputt, so lange da draußen Menschen mit den richtigen Ideen rum laufen. „Rita Ora“ ist so eine Idee.

Review: Rey Pila

The Future SugarRey Pila – „The Future Sugar“

Ich war noch nicht in Mexiko. Aber man liest immer, dass Indie in diesem Land unglaublich gefragt ist. Es riesiges Kontingent von Morrisseys hingebungsvollsten Konzert-Hinterher-Reisern sind Mexikaner. Selbst die Delays erzählen von Beatles-ähnlichen Szenen mit kreischenden Fans, die sie schon auf der Rollbahn empfingen, als sie aus dem Flieger stiegen. Wenn Indie also in Mexiko so eine Riesensache ist, warum kennen wir dann so wenige Bands von dort?

Das ändert sich jetzt.
Señoras y Señores, he aquí Rey Pila!

Rey Pila sind keine Newcomer. Dies ist ihr zweites Album. Ihr Frontmann Diego Solórzano war daheim in Mexico schon vorher erfolgreich, seine Vorgängerband Los Dynamite galt zwischen 2002 und 2008 als „eine der drei wichtigsten Independentbands des Landes“ (Ich muss wohl mal rauskriegen, wer wohl die andren zwei waren). Mit Rey Pila aber siedelten Diego, Andrés Velasco, Rodrigo Blanco and Miguel Hernández nach New York City über. 2010 nahmen sie hier ihr Debüt auf, seitdem haben sie in NYC offenbar all die richtigen Leute kennen gelernt. Ihr zweites Album konnten sie in den Studios des Superlabels DFA einspielen, es erscheint auf Cult Records, der Plattenfirma, die Julian Casablancas gegründet hat.

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Review: Screaming Peaches

Rough Music - EPScreaming Peaches – „Rough Music EP“

Bandnamen. Man muss heutzutage auf ein paar Dinge achten, wenn man seine Gruppe tauft, die in den Siebzigern egal waren. Zuallererst: Kann man deinen Namen googlen? Der Bandname „Movie“ zum Beispiel ist komplett ungeeignet. Googlet mal „Movie“! Alles mögliche erscheint, aber nicht die Website eines jungen Trios aus Tooting/London, das gerade loslegen will. Na gut, probieren wir’s mit „Movie Music“! Oder mit „Movie Band“? Ihr seht das Problem – Musikfilme bzw. Filme über Bands gibts auch in Millionen. Die Band Movie im Netz zu finden, war fast unmöglich.

Vielleicht lag’s also am Bandnamen, dass Movie bisher nicht so durchgestartet sind, wie es an sich denkbar gewesen wäre? Letztes Jahr haben die Newcomer insgesamt sechs Songs veröffentlicht, die verdamt vielversprechend klangen: Die AA-Single „Ads“ / „Mr. Fist“ sowie eine 4-Track-EP namens „Tusk Vegas“. Ich habe die Band hier auf dem Blog immer als eine Mischung aus Franz Ferdinand und Blur beschrieben, denn Movie hatten die Artiness und den satten Stampfbeat der Ersteren, aber auch die hochgezogene Augenbraue und die gerne mal angeschrägten Sounds der zweiten. (Eine bessere Beschreibung ist mir seitdem nicht eingefallen, deswegen belasse ich’s dabei.) Man hätte sich also vorstellen können, dass sie auf den Indie-Dancefloors des Planeten einen rasanten Kickstart hinlegen, dass der Name von Movie-Frontmann Theo Spark den Indiekids bereits ein Begriff ist und alle ungeduldig aufs Debütalbum warten.

Movie heißen jetzt Screaming Peaches.
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Review: Strange Names

strange names albumStrange Names – „Use Your Time Wisely“

Stichwort 80s-Revival. Welche 80s meint man denn, wenn man im Indie vom 80s-Revival spricht? Mein meint nichts aus der zweiten Hälfte der 80er. Man bezieht sich eigentlich immer nur auf die Ära ca 1979-1984, auf eine erste New Wave-Pionier-Phase (z.B. Gary Numan, DEVO, frühe OMD) sowie auf die Phase, in der daraus Synthpop für die damaligen Charts wurde (z.B. Howard Jones, Kajagoogoo, Nik Kershaw).

Das 80s-Revival wiederum kam für mich so richtig in die Gänge im Jahr 2002. In dem Jahr erschien Interpols „Turn On The Bright Lights“, auch The Faints „Danse Macabre“ (2001) startete nachträglich durch. In Schweden gab es Bands wie Melody Club und Paris, die behaupteten, von Nena beeinflusst zu sein und im Pop wieder mit Neonfarben malten.

Worauf will ich hinaus? Ich will sagen: Wenn das 80s-Revival in seinen diversen Spielarten seit 2002 läuft, dann sind das heute 13 Pop-Jahre! 13 Jahre, die sich auf nur 5 Pop-Jahre rückbeziehen.

Weswegen ich glaube, dass Strange Names, dieses neue Trio aus Minnesota, gar keine 80s-Revival-Band ist. Ich glaube, es ist eine 80s-Revival-Revival-Band. Review: Strange Names weiterlesen

She’s lost (and found) Control

Mal wieder Melbourne. „Typical System“, das zweite Album von Total Control hat auch international für einiges Aufhorchen gesorgt, als es im Juni erschien – selbst auf Pitchfork gab’s sehr ordentliche 8.0 Punkte. Der zugänglichste Track auf der Platte wiederum ist die Single „Flesh War“.
Die Band, so steht zu lesen, beruft sich auf New Wave a la Gary Numan und Devo. Im Falle von „Flesh War“ ist der naheliegendste Vergleich – das hört ihr selbst – Joy Division. Nun gibt es viele Bands, die Joy Division nacheifern. Aber nur wenige fangen ihre nasskalte Atmosphäre so ein, wie es Total Control hier gelingt. Man kann sich kaum vorstellen, dass so verregnete Backstein-Musik aus Melbs kommen kann, von wo sonst doch so viel Sonne durch die Noten strahlt!
Mit einiger Verspätung gibt’s nun ein Video zu dem Song.