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Oliver’s Twists

Ich hatte meine musikalischen Initiationsereignisse in den späten 80s/frühen 90s. Das Label 4AD war damals DIE Adresse.

Pixies, Throwing Muses, Cocteau Twins, Pale Saints, Lush, Ultra Vivid Scene, The Breeders, Belly, Kristin Hersh, Red House Painters, Mojave 3, The Amps, Frank Black und andere Lieblingsbands waren auf 4AD – Labelgründer Ivo Watts-Russell hatte aber nicht nur die musikalische Trüffelnase, er verstand es auch, aus seiner Indie-Plattenfirma eine Marke zu machen.

Unabdingbar dafür: Designer Vaughn Oliver. Er gestaltete in diesen Jahren (und teilweise auch noch, nachdem Watts-Russell 4AD weiter verkauft hatte) die Albumcover von 4AD – und man erkannte sie sofort.

Das erste Breeders-Album habe ich mir damals „blind“ gekauft, oder sagen wir besser: „taub“.  Ich sah die CD im Laden und wusste sofort: Das muss 4AD sein. Diese grellen Farben und Kontraste. Das Spiel zwischen scharf und unscharf, so dass man sich nicht sicher war, was da überhaupt zu sehen war. Das elaborate Band-Logo.

Sogar, wenn Oliver mal zur Abwechslung nicht mit den grellen Farben, sondern in Sepia arbeitete (frühe Pixies, Red House Painters), erkannte man seinen Style.

Vaughan Oliver ist im Alter von 62 Jahren in London gestorben. Die Nachricht macht mich traurig. Nach dem Break habe ich ein paar Album- und Singlecover gespeichert.

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Good Lucie Charm

Utsonomiya, die Hauptstadt der Präfektur Tochigi, hat ca 500.000 Einwohner und drei davon sind die Indie-Girlband Lucie, Too. Sängerin Chisa und ihre zwei Mitstreiterinnen erinnern mich an Surf Pop a la Best Coast und 90s Girl Grunge a la Belly, nur halt eben mit japanischen Texten. Die Vocals auf der neuen Single „EGOIST“ sind vielleicht ein bisschen saccharinsüß ausgefallen, aber grundsätzlich macht mir der Energieboost-Pop der drei  richtig gute Laune.

What did you expect from 2018, Pt.1

Hallo, 2018!
Wirst du ein gutes Indie-Jahr werden? Die ersten Anzeichen sind nicht schlecht. Auf so einige spannende Newcomer dürfen wir uns freuen – darüber habe ich neulich schon mal einen Post geschrieben. Natürlich warten wir aber auch auf so einige Größen und persönliche Favoriten, die sich zurück melden.

Ich habe eine Liste unter folgendem Motto zusammen gestellt: „Ausgesuchte kommende Alben 2018“. Dies sind Platten, die fürs neue Jahr schon definitiv angekündigt wurden, die man sicher erwarten oder zumindest realistisch erhoffen darf – oder über die man wenigstens spekulieren kann.
Plötzlich standen da über 30 Namen auf meinem Zettel. Deswegen teile ich die Liste in drei Beiträge auf.
Los geht’s mit Teil 1.

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Bully’s Eye

Tja. Ich will mich nicht wiederholen, aber zu Bully fällt mir ein: Die mag ich, weil sie so schön original nach early 90s-Girlgrunge klingen (Babes In Toyland, The Breeders, Veruca Salt, Belly). Schwach wäre, würden sie das Ganze nur nachäffen, aber Sängerin Alicia Bognanno nhme ich total ab, dass sie auch die Inhalte der frühen 90s mitnimmt: Artikulierte Wut, emanzipierte Attitüde. Es gibt ein neues Video aus dem Album „Losing“, nämlich „Running“.

Bully Idol

Ich hatte mir ja eigentlich vorgenommen, zur VÖ des zweiten Albums von Bully hier eine meiner Reviews zu schreiben.  Bisher bin ich aber nicht dazu gekommen und inzwischen ist die Release von „Losing“ (siehe Cover links) bald zwei Wochen her.

Naja, Kurzfassung: Ich mag’s. Weil das Trio so schön nach 1993 klingt, nach dem Girlgrunge/Pop dieser Ära, nach Bands wie Babes in Toyland, Veruca Salt, The Breeders, Belly. Weil’s trotzdem nicht veraltet klingt, denn clever artikulierte, positiv zickige Rage ist etwas, das per se gar nicht aus aus der Mode kommen KANN. Denn es gibt immer genug, über das man sich aufregen sollte und das verbessert werden muss – und es gibt nicht genug Bands zur Zeit, die sich aufregen und zu viele, die unpolitisch vor sich hin dudeln. Alicia Bognanno, die Sängerin von Bully, gibt entsprechend ein smartes, emanzipiertes, informiertes Role Model ab. Schön, dass die Band jetzt auf Sub Pop gelandet ist, denn das war immer schon ihre spirituelle Heimat.

Musterbeispiel für das, was Bully machen: Der Album-Opener „Feel The Same“. Jetzt auch mit Video.

Deal or no Deal

Das kommt unerwartet: Eine neue Single von The Breeders, einfach so. Ich habe nicht mitgekriegt, dass sich das angekündigt hätte. Freuen tut’s mich natürlich trotzdem.

Bei den wiedervereinigten Pixies ist Breeders-Frontfrau Kim Deal vor ein paar Jahren ausgestiegen. Dem Vernehmen nach, weil sie nicht verantworten wollte, dass die 90s-prä-Grunge-Legenden mit neuen, nicht perfekten Songs ihr makelloses Erbe beschmutzten.

Bei ihrer eigenen Band hat sie diesbezüglich offenbar weniger Skrupel. Soll mir recht sein. „Wait In The Car“ ist zackig.

Für die Jüngeren: Kim Deal war also Bassistin der Pixies. Umwerfende Pioniere der späten 80er, frühen 90er. The Breeders gründete sie auch so um die 80er/90er-Wende parallel zu den Pixies, damals u.a. mit Tanya Donnelly (Throwing Muses), die vorm zweiten Album wieder ausstieg, um die ebenfalls prima Band Belly zu gründen. Dafür war bei Album 2 („Last Splash“) Kims Zwillingsschwester Kelley Deal mit an Bord. Damals landeten sie einen Welthit mit dem schrägen „Cannonball“, das man auch heute noch auf Indie-Abenden hören kann.

Und wil ich jetzt Bock auf weitere alte Kim Deal Videos gekriegt habe, geht’s nach dem Break noch ein bisschen weiter. Irgendwo ist Kim Deal auch durchaus eine Vorläuferin für Ellie Rowsell / Wolf Alice – um einen aktuellen Bezug herzustellen.

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Interview: Wolf Alice

Seit Freitag (29.9.) draußen: „Visions Of A Life“, das zweite Album von Wolf Alice. ‘Ne richtig gute Band ist das. Was genau ich an den Briten herausragend finde, das erkläre ich Sängerin Ellie Rowsell am Telefon selbst. Die hat unseren Interviewtermin für piranha an einem Vormittag Ende August offenbar vergessen. Die Kollegin der englischen Plattenfirma ist beim ersten Versuch nicht bei der ihr durchgekommen und bringt unsere Verbindung erst verspätet zustande. Zu dem Zeitpunkt ist Ellie erkennbar gerade geweckt geworden und noch nicht so ganz bei hundert Prozent. Hilft nix, da müssen wir jetzt durch.  Interview: Wolf Alice weiterlesen

Review: Pumarosa

Pumarosa – „The Witch“

Es gibt Bands, aus denen wird man nicht so ganz schlau. Was ja nichts Schlechtes sein muss – so ein bisschen was Mysteriöses schadet normalerweise nicht.

Londons Pumarosa aber verwirrten mich letztes Jahr mit ihren Singles, weil die klangen, als kämen sie von ganz verschiedenen Bands. Auf „Honey“ klang das Quintett wie ein typischer 90s-Indie-Postgrunge-Lady-Throwback, so im Stile der Breeders/Belly/Veruca Salt. „Cecile“ ging mehr so in Richtung 80s-Popgoth, a la The Cure/Siouxsie. „Priestess“ (das absolute Highlight) dagegen war was wirklich komplett anderes: Ein brodelndens, hypnotisch-dräuend anschwellendes Elektronikpop-Ding mit The Knife-Feeling. Klar, man findet es normal prima, wenn Bands Abwechslungsreichtum zeigen. Aber das war schon keine Variation mehr, das klang schon fast, als widersprächen sich Pumarosa selbst. Da schien der rote Faden nicht immer durch.

Okay, kann man da sagen, das waren die ersten Singles. Die dokumentierten eben eine Band, die noch auf der Suche nach ihrem Stil, ihrer Identität war. Wenn dann das erste Album käme, wird sich ihr Style heraus kristallisieren.

Nun gut, jetzt ist es da. Aber ich bin mir immer noch nicht ganz im Klaren über diese Band. Ich finde an Pumarosa einiges sehr gut, aber ich habe nicht das Gefühl, dass sie alles aus sich heraus geholt haben.

Okay. Dröseln wir das mal auf.  Review: Pumarosa weiterlesen

Leaders of the Freazy World

Jetzt glaube ich langsam, Wolf Alice sind gar keine aktuelle Band – die Briten fielen nur in ein Zeitloch. In Wirklichkeit stammen sie aus dem Jahr 1993. Aus einer Indie-Welt, in der der Britpop nie stattgefunden hat und die Smashing Pumpkins immer noch der Goldstandard in Sachen Sound sind. Der jüngste Beweis: Das Video zu „Freazy“, der aktuellen Single aus ihrem wirklich prima Album „My Love Is Cool“.

„Freazy“ parodiert in bonbonbunten Schlaraffenlandfarben die Art Heile-Welt-Videos, die uns in bonbonbunten Schlaraffenlandfarben vormachen will, dass alles toll ist und wir glücklich sind. Denn obwohl Wolf Alice überzogen in die Kamera grinsen, wird sich zeigen: Uuh, diese Welt ist gruselig und psychedelisch verzerrt!

Das ist SO KRASS 90’s!! Schon damals gab’s bereits mehr Heile-Welt-Parodie-Videos, als es überhaupt bunte Heile-Welt-Pop-Videos gab. „Black Hole Sun“ von Soundgarden wäre ein Musterbeispiel für ein „die-grinsen-aber-es-ist-fake!“-Video, auch Nirvanas „Heart Shaped Box“ setzt knallige Farben als Anti-Effekt ein. Außerdem: Nie sah Wolf Alice – Sängerin Ellie Rowsell Tanya Donelly von Belly ähnlicher als in diesem Clip.

Abgesehen davon ist „Freazy“ in der Tat einer meiner Lieblingssongs des Jahres.

Review: Wolf Alice

wolf alice my love is coolWolf Alice – „My Love Is Cool“

Ich muss mich bei Wolf Alice entschuldigen. Wie oft habe ich ihren Namen fallen lassen, wenn ich darüber schimpfte, dass es mit Indie in Grossbritannien so fürchterlich bergab gegangen ist! „Das erkennt man doch schon daran“, argumentierte ich immer, „dass (verächtlich) WOLF ALICE eine große neue Hoffnung sein sollen!“

Aber hui, wer belehrt mich hier eines Besseren? Sagen wir’s so: Ein gewisses Quartett aus Nordlondon mit der Sängerin Ellie Rowsell.

Okay, ich habe Wolf Alice noch nicht live gesehen. Vielleicht gab es da etwas zu erkennen, was ich auf ihren frühen Singles nicht erkannt habe? Die fand ich einfach… nicht gut. So überhaupt nicht! Die waren, so fand ich, Grunge von der Stange. Die liefen sowas von an mir vorbei!

Was, bitteschön, ist zum Beispiel prima an ihrer Single „Moaning Lisa Smile“? Die Melodie mal nicht! Die Grunge-Gitarren? Also echt, die konnte man doch nur spannend finden, wenn man noch nie Grunge gehört hat. Das, was Wolf Alice bisher machten, das haben the Breeders, die Throwing Muses und sogar Veruca Salt vor über 20 Jahren viel aufregender gemacht!

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