Schlagwort-Archive: Arctic Monkeys

Frost on the Beater

Die Sticky Fungers sind in diesen Tagen eine sehr flüchtige Band. Mal zusammen, dann wieder getrennt oder eine Auszeit nehmend. Naja, jedenfalls hat Sticky Fingers-Sänger Dylan Frost eine Solo-SIngle geteilt, die sich durch alle Attribute der Sticky Fingers auszeichnet. Australischer Britpop-Crossover, der irgendwie Reggae,  Arctic Monkeys und Drum’n’Bass-Beats unter einen Reni-Hut bringt.

Sandy Ego!

Tja. Und jetzt schäme ich mich mal eben. Ist die Aufgabe eines Blogs nicht, früh dran zu sein? Der Singer/Songwriter Alexander Giannascoli aus Philadelphia steht vor der VÖ seines inzwischen achten(!) Albums – und jetzt erst habe ich ihn bemerkt.

Okay, Alex‘ früheste Werke sind Eigenveröffentlichungen ohne Label. Aber „House Of Sugar“ ist sogar schon seit drittes beim renommierten Indie Domino (Franz Ferdinand, Arctic Monkeys, u.a.) und auch Pitchfork verfolgt ihn schon länger. Ich hätte diesen Kollegen eigentlich nicht übersehen dürfen. Aber manchmal passiert so was wohl?

Alexander nennt sich (Sandy) Alex G – und sein Songwriting ist schräg, aber schön. Ich muss an die Psychedelia von The Olivia Tremor Control denken, an die Naivität von Daniel Johnston, an die Krakeligkeit von Sparklehorse, an das Hingehauchte von Sufjan, an die Melodien von Elliott Smith.

weitere Vorab-Videos zum Album nach dem Break: Sandy Ego! weiterlesen

Interview: Blossoms

Schon Ende April erschien „Cool Like You“, das zweite Album der Blossoms. Kurz vorher war die Erfolgs-Indiepopband aus Stockport bei Manchester im Vorprogramm von Noel Gallagher auch in Deutschland auf Tournee. Ich hab’s ein bisschen verpennt, mein Interview vom damaligen Münchner Konzert auch endlich abzutippen und hier auf den Blog zu stellen. Das will ich heute endlich nachholen, schließlich gibt’s einen Anlass: Die Boys sind in diesen Tagen auf Deutschlandtour (u.a. am Donnerstag dem 11. auch wieder im Strom, München).

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Review: Miles Kane

Miles Kane – „Coup de Grace“

Ihr kennt das als wiederkehrendes Motto in Kinderfilmen: „Es kann nur wahr werden, wenn du fest genug dran glaubst!“ So einen Satz ruft die Fee dem kleinen Jungen zu, der auf der Schlossmauer steht. Also fasst er sich ein Herz und springt in die Tiefe – und sieh’ an, er kann tatsächlich fliegen! Er musste sich nur selbst vertrauen, und der Zauber wurde wahr! 

Lustigerweise ist dies genau das Prinzip, nach dem auch Miles Kane funktioniert. 

Miles Kane glaubt an sich. In seinem Selbstverständnis ist er die Fleischwerdung des klassisch lässigen Briten. Er ist James Bond, nur mit Gitarre. Immer stylish, immer smooth. Die coolsten Typen der Welt wollen seine Kumpels sein – Alex Turner hat schließlich mit ihm die Last Shadow Puppets gegründet! Die Ladys? Die schmachten ihn an. Er braucht er nur einen smarten Spruch und eine hoch gezogene Augenbraue und schon wird gemeinsam über die Matratze gerobbt.

Wer diese Wahrnehmung teilt, der darf sich über das dritte Soloalbum des Ex-Gitarristen von The Little Flames bzw Ex-Frontmanns von The Rascals freuen. Für den ist „Coup de Grace“ das, was (der Vergleich fiel oben schon) für einen Blockbuster-Fan ein neuer James Bond-Film ist. Eine knallige Bestätigung, dass früher alles besser war. Mit herrlich bescheuerten Explosionen. Klar, der neue Film wird mit ein paar Zugeständnissen an die Gegenwart aufgefrischt. James schießt Raketen jetzt von seinem Smartphone, nicht aus dem Aston Martin. Aber im Kern geht’s doch actionreich, sexy und schick gekleidet um den gleichen Plot wie damals bei Sean Connery. Immer noch wird geschüttelt, nicht gerührt.

Wehe aber, wenn man nicht an Miles Kane glaubt. Review: Miles Kane weiterlesen

Review: 485C

485C – „485C“

Was ist die Farbe von London? Es gibt nämlich eine. Allerdings repräsentiert sie nicht das London von heute, das der Banker und der Oligarchen. Das historische popkulturelle Swinging London, das hat eine Farbe, und die ist knallrot. Es ist das satte Rot der Doppeldeckerbusse, der Postbriefkästen und der berühmten, einst für London so typischen Telefonzellen. Grafiker, die genau diesen Rotton suchen, finden ihn im Pantone-Farbsystem. Da hat er die Kodierung 485C. Und wer jetzt errät, aus welcher Stadt die Band 485C kommt, kriegt keine 100 Punkte.

Klar kommen die fünf aus London! Adam Hume (Gesang), Dom Watson (Gitarre / Gesang), Lucas Hunt (Drums), Rory McGowan (Gitarre) and Sam Watkins (Bass) wohnen im Südosten der Stadt, wo die Central Line des Londoner UBahn-Systems ausläuft. Deren Farbe im Underground-Plan? Ebenfalls 485C, eh klar.

Aber die Herren verraten uns mit diesem Bandnamen natürlich mehr über sich als nur ihre Herkunft. Die klassischen Londoner Telefonzellen, sie sind fast aus dem Stadtbild verschwunden. Wer braucht sie noch im Zeitalter der Smartphones? Wer steckt noch Briefe in die roten Kästen in der Ära der email? Dieses Rot steht für etwas, das verloren geht, weil es von der Zeit überholt wird.

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What did you expect from 2018, Pt.1

Hallo, 2018!
Wirst du ein gutes Indie-Jahr werden? Die ersten Anzeichen sind nicht schlecht. Auf so einige spannende Newcomer dürfen wir uns freuen – darüber habe ich neulich schon mal einen Post geschrieben. Natürlich warten wir aber auch auf so einige Größen und persönliche Favoriten, die sich zurück melden.

Ich habe eine Liste unter folgendem Motto zusammen gestellt: „Ausgesuchte kommende Alben 2018“. Dies sind Platten, die fürs neue Jahr schon definitiv angekündigt wurden, die man sicher erwarten oder zumindest realistisch erhoffen darf – oder über die man wenigstens spekulieren kann.
Plötzlich standen da über 30 Namen auf meinem Zettel. Deswegen teile ich die Liste in drei Beiträge auf.
Los geht’s mit Teil 1.

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Review: Ratboy

Ratboy – „SCUM“

Die Mechanismen in der Musikindustrie laufen heute – eh klar – anders als früher. In den 90s war’s so: Hatte eine Plattenfirma das Next Big Thing gescoutet und unter Vertrag genommen, wurde die Band / der Musiker erst mal ein Jahr zum Songschreiben und Instrumente lernen weggesperrt. Die Band kam zum Label zurück mit 15, 20 Songs. Man pickte 3-4 Singles (die stärkste war meistens Nummer 3: Suedes „Animal Nitrate“, Oasis’ „Live Forever“, Placebos „Nancy Boy“), um mit ihnen Eindruck zu machen und einen Hype zu generieren. Bei Single 3 sollte die Begeisterung bei Presse und Kids am Kochen sein, sie war der Vorbote fürs Album, das kurz darauf folgte. Man konnte sich auf NME und Co verlassen, dass dieser Promo-Zyklus eingehalten wurde. War die Band zum Album-Release auf den Titelseiten und in aller Munde, ging die Platte garantiert in die Top 5. Und wenn die Singles einfach nicht griffen? Dann wurden Bands auch mal sang- und klanglos „gedroppt“, ihr Debütalbum verschwand ungehört im Archiv. Das Geld hatten Labels damals ja. Man konnte es sich leisten, auf mehrere Pferde zu setzen. Das eine, das durchkam, finanzierte den Rest.

Dieses Geld hat das Musikbiz heute nicht mehr. Kostspielige Fehlgriffe können sich Labels nicht mehr leisten. Schon lange ziehen sie ihre Kampagnen nicht mehr auf diese Weise auf. Es geht nicht mehr, immer größere Brocken in den Pool zu werfen, um Wellen zu machen. Singles und EPs sind keine Statements-of-intent mehr – eine Single zu veröffentlichen, das heißt heute, den Zeh in den Pool zu tauchen und mal abzuwarten, was passiert. Und dann noch einen. Ein Album? Oft erst nach sechs, sieben Stipsern des Zehs in den Pool wagt man den Sprung ins kalte Wasser. Und so kommt’s dann vor, dass eine Band oder ein Künstler gefühlt schon seit einer Ewigkeit herum werkelt, bevor ein Album am Horizont ist. Blossoms und WHITE hatten nicht weniger sechs bereits als Single bekannte Songs auf ihren Debütalben. The Vryll Society sind inzwischen bei sieben und vom Album ist nichts zu hören. Und Rat Boy? Hat acht Singles veröffentlicht seit 2015. Die genug Wirbel machten, dass er Anfang 2016 vm NME und der BBC zum „Sound of 2016“ erklärt wurde. Rat Boy hat auf der Insel eine Army von Fans, die seinen Style kopieren. Und trotzdem dauerte es bis zum August 2017, bis sein Label das Album rausrückte – und das Gefühl, das bei dieser VÖ vermittelt wird, ist nicht „Hoppla, jetzt kommt unser neuer Topstar!“, sondern „Naja, wir wollten das Ganze ja eigentlich auf dem Rücken eines echten Hits einreiten lassen, was aber immer noch nicht passiert ist. Doch wenn wir die Platte noch länger zurück halten, wird’s echt lächerlich.“

Schade, dass das so gelaufen ist, denn die Platte ist frech, smart und lässig.

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Review: Alexandra Savior

Alexandra Savior – „Belladonna of Sadness“

Man ist ja schon ein wenig argwöhnisch, wenn man diese Vorgeschichte liest. Da nimmt die Sony also eine Amerikanerin im Teenager-Alter unter Vertrag. Ein neues Wunderkind, das auf Velvet Underground und Nancy Sinatra steht, nicht auf Katy Perry. Als die junge Lady erwähnt, dass sie Alex Turners Lieder vom „Submarine“-Soundtrack liebt, werden die zwei miteinander bekannt gemacht und sofort schreiben sie, ganz begeistert voneinander, ein Album. Schon heisst es, die geheimnisvolle Holde sei jetzt die „Muse“ des Arctic Monkeys- und Last Shadow Puppets-Sängers. Die Jane Birkin für ihn, den Serge Gainsbourgh, die Marianne Faithfull für ihn, den Mick Jagger. Sogar beim Last Shadow Puppets Album hat Alexandra Savior mitgeschrieben.

Das klingt alles ein bisschen märchenhaft, was? Fast zu märchenhaft für uns alte Zyniker, die dem Braten nicht ganz trauen. Soll es wirklich so leicht gehen, an Alex Turner ran zu kommen? Bietet der sich wirklich als Songwriter-for-hire für neue Majorlabel-Talente an?

Aber gut. Warum soll es nicht einfach wirklich so gewesen sein? Review: Alexandra Savior weiterlesen

Review: Drowners

On DesireDrowners – „On Desire“

Wenn man zum Bäcker geht, dann kann man heute die Dinkel-Vollkorn-Fitness-Seele kriegen, den Kirsch-Kokos-Muffin oder das glutenfreie Chia-Ciabatta. Was alles schön und gut ist. Aber an der reschen Breze, bissfest im Knoten, fluffig im Körper, mit Laugenknusper drum rum, führt trotzdem einfach meistens kein Weg vorbei. Die Breze ist das, weswegen Bäckereien erst so populär wurden, dass huete an jeder Ecke eine steht. Und wenn in fünf Jahren kein Mensch mehr Chiasamen mehr will und statt dessen der Mispelkerncreme-Zwinkel in der Hipster-Auslage liegt, wird die Breze immer noch der Renner sein, der die Leute in die Läden holt.

Natürlich könnt ihr euch denken, was das mit New Yorks Drowners zu tun hat.

Wenn ihr auf diesem Blog gelandet seid, weil ihr Indie-Fans seid und nicht weil euch Google auf eine falsche Fährte schickte, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass ihr zum Fan dieser Musik wurdet, weil drei bis fünf dürre schlaue Menschen mit engen Hosen, asymmetrischen Frisuren und trotzigem Auftreten euch dereinst den Weg gewiesen haben. Es gab eine Band, die Euch geprägt hat, und sie hatte die Besetzung Gitarre (ggf zwei davon), Bass, Drums und Stimme. Vielleicht waren’s die Strokes. Vielleicht waren’s The Smiths. Vielleicht Oasis, vielleicht die Kooks, die Arctic Monkeys, die Libertines, vielleicht die Beatles. Oder The Cure. Vielleicht die Stone Roses. Vielleicht ja Two Door Cinema Club, wenn ihr jünger seid. Oder gar die Blossoms, für die noch jüngeren.

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Review: The Last Shadow Puppets

Everything You've Come To ExpectThe Last Shadow Puppets – „Everything You’ve Come To Expect“

Schon faszinierend, wie Trends sich drehen. Als „Suck It And See“ erschien, wollten alle die Arctic Monkeys vom Sockel stoßen. Das Album kam bei Presse und Publikum viel schlechter weg, als es war. (Meine Vermutung ist ja immer noch, dass es eigentlich die Enttäuschung über den miesen Vorgänger „Humbug“ war, die sich verspätet äußerte.) Aber nach dem gefeierten „AM“ waren sie in der UK-Presse ein paar Monate lang wieder unfehlbar.

Dieser Tage erschien nun das zweite Album von Alex Turners dekadentem Hobby: The Last Shadow Puppets. Das smarte bis schlaubergerische Duo, das sich der Arctic Monkeys-Sänger mit seinem besten Kumpel Miles Kane leistet. Aber: Auf der Insel ist Turner ist wieder in Ungnade gefallen. Ihr müsst mal die Kommentare unter der Rezension im Guardian lesen: Nur HATE. Weil Turner sich angeblich zuletzt zu amerikanisch gab (ausgerechnet der Autor der Zeile „You’re not from New York City, you’re from Rotherham!“), weil er sich in Interviews zuletzt superarrogant gezeigt haben soll, was auch immer. Turner kriegt also krassen Gegenwind, so kurz nach „AM“. Vielleicht, weil die Briten offenbar ihre Denkmäler immer regelmäßig vom Sockel stoßen müssen, aus Prinzip?

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