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Pass Blossoms auf!

Im Januar kommt das dritte Album der Blossoms. Auf der Insel sind Tom Ogden und seine Jungs bekanntlich echt eine Hitband, mit Nr.1-Debütalbum – und auch wenn das zweite diesen Level nicht ganz halten konnte,  zu Hause in Stockport bei Manchester konnten die fünf diesen Sommer das heimische Fußball-Stadion für ein Open Air binnen einer Stunde ausverkaufen.  Das ist schon ein Pfund.

Mein Job ermöglicht mir, Alben vor ihrer VÖ zu hören. Seit Kurzem kann ich daher auch der kommenden Blossoms („Foolish Loving Spaces“) lauschen. Ich behaupte daher: Die wird knallen. Diese Platte ist eine absolut gnadenlose Hitparade. Jeder einzelne Song könnte als Single  ausgekoppelt werden. Das Ganze ist super-mainstream-poppig geraten, mehr noch als je zuvor bei den Blossoms, fast schon 70s-ABBA/Bee Gees- (und mindestens Keane-) mäßig. Eine solche Gratwanderung zum Cheese muss man sich erst mal trauen – aber die Blossoms können es wagen, weil ihre Melodien das echt tragen.

Siehe die Vorab-Single „The Keeper“. Ein Pop-Knallbonbon sondergleichen! Dieser groovy Piano-Hook, dieser Refrain mit Ohrwurm-Garantie, dieser knackiger Text, der zum Kanon der klassischen Liebeslieder eine originelle Formulierung addiert! Das ist simpel und clever und in Sachen Songwriting eine echte Punktlandung. Sogar der Gospelchor hat seine Berechtigung und ist nicht nur bombastisch oben drauf gekleistert. Großes Gitarrenpop-Kino also – und das Beste: Auf dem Album sind 5,6 solche Kaliber.

Freu dich Blossoms nicht zu früh…

Als die Blossoms sich kürzlich mit der Single „I Can’t Stand It“ zurück meldeten, da habe ich noch gezweifelt. Wenn die anderen Songs auch so sein würden, weniger eingängig als „Charlemagne“ oder „At Most A Kiss“, dann würden sie den Erfolg vom Debütalbum – das war immerhin eine UK-Nr. 1 – wohl nicht wiederholen können.

Jetzt kommt die neue Vorab-Single vom zweiten Album „Cool Like You“: „There’s A Reason Why I Never Returned Your Calls“. Und Holla, ist das mal eine in-your-face-Popbrezel! Die Keyboardmelodie am Anfang – die sich, typisch für Blossoms, dann im Refrain wiederholt – geht ins Ohr wie ABBA in Fischöl!

Okay, die Leute, denen Blossoms grundsätzlich zu gefällig klingen, denen wird das viel zu viel Zuckersirup sein.  Ich mag die Live-Version dieses Clips auch lieber als die noch knalligere Studio-Aufnahme. Die gibt’s noch mal beim Klick auf… Freu dich Blossoms nicht zu früh… weiterlesen

Review: The Cribs

The Cribs – „24-7 Rockstar Shit“

Das letzte Mal, dass ich einen der Cribs interviewte, war zur „In The Belly Of The Brazen Bull“, denn zu dem Zeitpunkt hatten die drei in Deutschland noch ein Label, dass sich auch ein bisschen um sie kümmerte. Ryan Jarman erzählte happy von der USA-Tour seiner Band. Die drei Brüder waren wieder im Kleinbus unterwegs, lösten sich als Fahrer ab – genau so, wie es sich seiner Meinung nach gehörte. Die riesigen Hallen in England, in denen sie gelandet waren nach ihren Hitalben, der Majorlabel-Deal – mit diesen Dingen fremdelte er. Auch wenn Ryan jahrelang mit blutiger Lippe für NME-Schlagzeilen sorgte, wusste er doch, dass seine Band da eigentlich nicht hin gehörte. Seine Lieblingsbands, das waren die, die mit Punk-Ethos für eine Handvoll eingeweihter Fans durch die Undergroundclubs tourten. Idealisten, für die Verkaufszahlen und Chartpositionen keine Rolle spielten.

Ich will nicht sagen, dass The Cribs jetzt absichtlich ihre Karriere sabotieren, um sich zu einer solchen Fans-only-Band runter zu schrumpfen. Aber es ist ein Prozess, der stattfindet und gegen den sie offensichtlich nicht ankämpfen. Wer auf ihrem neuen Album jedenfalls ein neues „Man’s Needs“ sucht, wird’s nicht finden.

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Review: Wavves

Wavves – „You’re Welcome“

Alben haben ja immer irgendwie eine Geschichte und die Geschichte, die am letzten Wavves-Album „V“ (2015) dran hing, das war der Streit zwischen Nathan Williams (dem Kopf, Frontfigur, Macher, Denker der Kalifornier, die zwar nominell ein Quartett sind, aber faktisch letztlich Williams +3) und seinem Majorlabel Warner Music. Da gab’s ein großes Hin und Her: Nathan stellte Songs auf Soundcloud, Warner sperrte sie wieder, drohte gar mit einer Klage. Nathan wollte ein Albumcover, die Warner wollte ein anderes, Nathan stellte seins ins Netz, um vollendete Tatsachen zu schaffen und schrieb wütende Tiraden nach dem Motto: „Die Sesselfurzer, die in mir nur ein Dollarzeichen sehen, peilen eh nicht, was ich mache!“ Das sechste Album „You’re Welcome“ erscheint konsequenterweise auf Nathans Eigenlabel und er schickt sinngemäß voraus: „So wie die Warner mein letztes Album in den Sand gesetzt hat, kriege ich das ja sogar komplett alleine besser hin.“

Jetzt könnte man sich fragen, warum überhaupt je ein Majorlabel glauben konnte, für eine so gerne Streit suchende Band die richtige Heimat zu sein. Schon die frühen Alben der Wavves lebten schließlich davon, dass sie ihre Songs mit einer gewissen Wurschtigkeit und spürbarer Verachtung hinrotzten. Das war von Anfang an erklärt ihr Ding: Extraknackige Noisepop-Songs einerseits – aber mit latent aggressiver Slacker-Attitude andererseits. Zerzaust, um elf Uhr früh schon betrunken, geht-mir-nicht-auf-die-Eier, Stinkefinger-Musik. Review: Wavves weiterlesen

Review: Timo Räisänen

Timo sjunger TedTimo Räisänen – „Timo sjunger Ted“

Es gab mal eine Zeit, da hat Timo Räisänen ein Album pro Jahr veröffentlicht. Zwischen 2005 und 2008 war der ehemalige Gitarrist des schwedischen Superstars Håkan Hellström regelrecht im Schaffensrausch. Da legte er nicht weniger als vier Longplayer hin, ein jeder ein Tischfeuerwerk voller Indiepop-Knallbonbons. Nun aber sind fast vier Jahre verstrichen seit seinem letzten Werk „Endeavour“  (2012) – und zurück meldet er sich ausgerechnet mit einem Cover-Album?

Bevor wir aber über einen möglichen Writer’s Block lamentieren, lasst uns angucken, wen Timo Räisänen hier covert. Schweden, die den Vornamen „Ted“ hören, wissen wer gemeint ist, so wie ein Ami weiss, wer mit Elvis gemeint ist. Es ist Ted Gärdestad, eine faszinierende, tragische Figur des Scandi-Pop.

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It’s been a long Timo comin‘

Lange nichts gehört von Timo Räisänen. Der Göteborger Singer/Songwriter/Guitar Wizard hat sein letztes Album „Endeavor“ im Herbst 2012 veröffentlicht, vor fast dreieinhalb Jahren – eine Ewigkeit in Timojahren, denn zu Beginn seiner Solokarriere machte er noch ein Album pro Sommer!

Seit „Endeavor“ hat der Ex-Gitarrist von SWE-Superstar Håkan Hellström nur vereinzelte Lieder auf schwedisch von sich hören lassen, jetzt steht ein ganzes Album davon an. „Timo sjunger Ted“ heisst auf deutsch: „Timo singt Ted“.

Ted, das ist Ted Gärdestad, eine ganz wichtige Figur der schwedischen Musikszene der 70er und 80er. Damals galt er als das Wunderkind des schwedischen Pop. Seine Songs wurden von Björn und Benny von ABBA produziert, den ersten Hit „Jag vill ha en egen Måne“ („Ich möchte meinen eigenen Mond“) landete er 1971 im Alter von 15 Jahren. Geschrieben hatte er den Song schon mit 12.

Leider endete Gärdestads Geschichte traurig. 1997 sprang der ehemalige Kinderstar, obwohl er nach einer Flaute seine Karriere wieder in Gang bekommen hatte, im Alter von 41 vor einen Zug.

Timo Räisänen ehrt Gärdestad nun also mit einem Album. Die erste Single ist das Lied, das Ted mit 12 schrieb.

Review: Lo-Fi Fnk

nightclub nirvanaLo-Fi Fnk – Nightclub Nirvana

Ich will es kaum glauben – Tasächlich, 2006 war’s, als „City“ erschien! Echt jetzt, neun Jahre ist das her??!! In meinem Kopf ist das schwedische Duo Lo-Fi Fnk immer noch unter „die hippen Newies“ abgespeichert. Denn einen ganz kurzen Moment definierten sie genau den Puls der Zeit: 2006-08, das war die Ära, als die Klaxons etc auftauchten und unter dem Schlagwort „New Rave“ eine Indie-Dancefloor-Revolution einläuteten. Es war die Zeit, in der man noch nägelkauend auf den neuen Kitsuné-Sampler wartete (anstatt ihn wie heute gähnend zu erdulden). Songs von Lo-Fi Fnk landeten auf diesen Samplern.

„City“ ist auch in den Jahren danach nie ganz aus meinem Atomic-Set verschwunden. Denn dieses Highlight vom Lo-Fi Fnk-Debütalbum „Boylife“ klingt sogar heute noch fresh. Der Song wummert und lasert sonderbar minimalistisch, leicht schräg, verwirrend zeitlos – insofern, dass er 80s-mäßig klingt, aber auch zu 80s-Synthpop-Zeiten Außenseiter gewesen wäre und nirgends wirklich dazu gepasst hätte. So wie es auch in die Nu-Rave-Party zwar nicht konkret reinpasste, aber genau deshalb ja auch cool auffiel. (Ein anderes Beispiel für so einen Song ist „Fafafa“ von Datarock – auch komplett klassisch, aber in keine konkrete Schublade zu stecken)

So viel Aufmerksamkeit haben Leonard Drougge und August Hellsing nie wieder bekommen.  Review: Lo-Fi Fnk weiterlesen