Review: Cayucas

Cayucas – „Real LIfe“

Ab und zu passiert’s, da erwischt einen ein Album wie eine warme Meerbrise. „Bigfoot“, das erste Album von Cayucas, war so eins. Auch schon wieder sechs Jahre her, das alles. 2013.

Jedenfalls, „Bigfoot“. Ein kurzes, knackiges Album war das. Acht Songs, gerade mal eine halbe Stunde lang. Cayucas hatten gar nicht die Zeit, viel falsch zu machen. Das Blau des Covers erinnerte an das erste Weezer-Album, und wenn diese ganz frühen Weezer leichtfüßige Surfpop-Songs der Beach Boys gecovert hätten, hätte es vielleicht ähnlich geklungen.

Es zeigte sich: Cayucas, das war nicht mal eine Band. Dahinter steckte ein gewisser Zach Yudin, aufgewachsen im kalifornischen Küstenörtchen Cayucos. Zach hatte zuletzt als Englischlehrer in Japan gearbeitet und der dort quasi als Hobby begonnen, Lieder zu schreiben und aufzunehmen, die ihn an die Heimat erinnerten. Wieder zuhause in Kalifornien merkte er, dass Leute diese Songs mochten. Er kriegte einen Plattenvertrag, sogar beim namhaften Indie Secretly Canadian. Zach sammelte ein Grüppchen Musiker um sich, das jetzt mit ihm auftrat, auch sein Zwillingsbruder Ben wurde Mitglied dieser Band. Im Kern war sein erstes Album aber das Ergebnis seiner Eigenarbeit.

Als 2015 kam, waren Cayucas eine mehrköpfige, eingespielte Band. Man hatte Tour-Routine gesammelt und konnte die nächste Stufe nehmen. Was auf „Bigfoot“ noch ein bisschen rudimentär und schlicht war, konnte jetzt vielschichtiger werden. Also gab’s auf dem zweiten Album „Dancing At The Blue Lagoon“ komplexere Arrangements, Tempowechsel, tricky Signaturen. Diese Songs liefen nicht mehr geradeaus von A nach B, sondern nahmen auch mal kurvige und zickzackige Umwege. Jetzt konnte sie so richtig durchstarten, oder?

Tja, falsch gedacht. Denn irgendwie funktionierte das alles jetzt nicht mehr. Der Charme der simplen, unverschnörkelten Lieder des Debüts – den konnten die neuen, besser ausstaffierten Songs einfach nicht annähernd wieder einfangen. Die Reaktionen auf das Album waren dann auch entscheiden kühler. Man hat danach erst mal nicht mehr viel von Cayucas gehört. Ihr Vertrag bei Secretly Canadian wurde nicht verlängert.

Tja. Was tun, wenn der „Charme der Unbedarftheit“ – so nenne ich das jetzt mal – deine Stärke ist? Man sammelt nun mal im Leben Erfahrungen und man lernt. Man kann den Geist nicht zurück in die Flasche stecken. Oder doch?

Er ist dann doch wieder auf dem Radar aufgetaucht, der Name Cayucas. Letzten Herbst war’s, da erschien die Single „Jessica WJ“. Cayucas waren wieder zum Duo geschrumpft, nur die Zwillinge Zach & Ben Yudin übrig geblieben. Aber diese Reduktion aufs brüderliche Duo, sie schien was ausgelöst zu haben. Die neue Single, sie hat wieder die nette Frische, die auch das „Bigfoot“-Material hatte.   

„Jessica WJ“ bleibt damit nicht die Ausnahme auf dem jetzt vorliegenden dritten Album „Real Life“. Cayucas haben ganz offenbar selbst gemerkt, dass sie am stärksten sind, wenn sie die Sache fröhlich unkompliziert belassen. Sie haben ihre Song wieder vereinfacht.

Okay, wenn ich immer behaupte, die Cayucas-Songs seien schlicht, denkt man vielleicht, sie schreiben Kinderlieder. So ist es ja nicht. Es ist eher so: ihr Trick ist, nie zu viele Spuren zu verwenden, dafür jede Spur auch etwas bedeuten zu lassen. So nach dem Motto: Wenn das Keyboard was zu tun hat, setzt die Gitarre aus. Wenn doch mal beide gemeinsam zu hören sind, werden sie sehr bewusst ineinander verzahnt oder gegeneinander platziert. Was die einzelnen Tonspuren nicht tun, das ist verschwimmen, oder zum Brei verklumpen. Die Songs bleiben dadurch immer luftig, klar und frisch.

Das steht Zachs Liedern sehr gut. Er schreibt auf „Real Life“ bevorzugt über Erinnerungen aus Jugend und Kindheit. Über Mädchen, in die er als Teenager verliebt war, über gescheiterte Beziehungen, die er mit einer gewissen gutmütigen Weisheit Revue passieren lässt. Die verspielten Retro-Klänge, die sich – natürlich – weiterhin zuallererst auf kalifornischen Surfpop berufen, aber auch 80s-Synth- und 90s/00er-Indierock-Momente mit rein basteln, sind hierfür ungemein stimmig. Diese Sounds sind genauso aufgeräumt nostalgisch wie die Empfindungen, die Zach uns übertragen möchte.

Klar, es wird dieses Jahr wichtigere Platten geben. Alben, die uns wirklich was über den Planeten Erde im Jahr 2019 erzählen und sich nicht bevorzugt aus der Ferne an das Mädchen erinnern, in das man im Winter 1998 verliebt war. Trotzdem ist „Real Life“ eine wirklich erfreuliche Platte, einfach weil diese 30 Minuten gesteckt voll sind mit feinen, unverkrampften, gute Laune auslösenden Indiepopsongs. Nachdem ich Cayucas nach der schwächeren Zweiten ja doch bereits ein bisschen abgehakt hatte, ist dieses gelungene Comeback eine umso angenehmere Überraschung.

    

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