The Ocean Party – The Oddfellow’s Hall
Es ist mal wieder so weit. Diesmal sind’s 14 Monate gewesen, die Australiens Schnellschreiber The Ocean Party für ihr neues Album gebraucht haben. Ein vergleichsweise langer Zeitraum für das Sextett mit sechs verschiedenen Songwritern (aber gut, sie haben ja in der Zwischenzeit ja auch zwei EPs an den Start gebracht).
„The Oddfellow’s Hall“ ist das inzwischen achte Album der aus Wagga Wagga stammenden und in Melbourne ansässigen Band seit 2012. Zwischendurch glaubte ich mal, man könne von Album zu Album eine Entwicklung erkennen. Beim 2016er-Album „Restless“ unterstellte ich der Band, sie werde von Album zu Album feinteiliger. Wenn ich mir diese Entwicklung nicht eh nur eingebildet habe, so haben The Ocean Party sie wieder eingebremst. Das heisst nicht, dass sie auf der Stelle treten. Aber es heisst, dass sie sich zuletzt immer von einem sehr ähnlichen musikalischen Punkt meldeten und dass sie dies auch diesmal wieder tun (wenn man die schräge EP „I.B.O.“ vom August mal ausklammert).
Habe ich erwähnt, dass The Ocean Party produktiv sind? Erst zum tausendsten Mal? Es ist halt nicht unwichtig. Denn letztendlich ist es diese Schnelligkeit, die ihren Sound und ihr Songwriting auszeichnet.
Will sagen: Dies ist einfach eine Band, die nichts auf die Goldwaage legt. Andere Musiker zermartern sich im Studio den Kopf, darüber, welchen Gitarrensound sie nehmen sollen, sie feilen nächtelang an einzelnen Textzeilen, sie verwerfen in einem Moment der Unzufriedenheit alles und fangen bei Null an. All das könnte The Ocean Party nicht passieren – und das macht ihren Charme aus.
Ich will nicht sagen, dass The Ocean Party ihre Songs achtlos hinwerfen oder nur skizzieren. Ich suche nach einem Wort. Was ist deutsch für slapdash? Die Übersetzungswebsite bietet nur „schlampig“ an, „schludrig“ und „blindlings“. Das klingt mir alles zu negativ. Vielleicht trifft es „lax“ besser? Oder „unbemüht“? Hmm. Das klingt beides nicht aktiv genug.
Was ich sagen will: The Ocean Party machen keinen großen Schnickschnack, wenn sie schreiben und aufnehmen. Sie sind aufeinander eingespielt und vertrauen einander. Man hört die aufgenommen Lieder und man merkt einfach, dass sie nicht überprobt wurden. The Ocean Party nehmen ihre Songs ernst, aber sie nehmen sie auch nicht zu wichtig. Das ist das, was aus den Boxen zurück kommt: Eine australische Relaxtheit. Egal, ob die Songs selbst nachdenklich sind und auch mal innere Ängste ausformulieren („Home“), diese Lockerheit, dieses alle-Fünfe-grade-sein-lassen ist das Grundgefühl, das The Ocean Party auf dieser Platte wie auch auf so einigen anderen rüber bringen.
Es ist ein Grundgefühl, dass mir sehr taugt, sonst würde ich nicht so treu alle paar Monate wieder ein paar Euro für dieses Gefühl hinlegen. Having said that: Interessieren würde es mich schon, wie The Ocean Party wohl klängen, wenn sie mal mit dem Ziel in Studio gingen, mit einer wirklich satt auf den Punkt produzierten Indierock/Pop-Platte raus zu kommen. Es widerspräche komplett ihrer raison d’être, klar. Aber interessant wäre es halt.
Gedankenspiel: Was, wenn sie zum Beispiel eine Art „Best Of“ machen würden? Und dafür über die Lieder, die sich als Highlights ihrer bisherigen Alben entpuppt haben, noch mal mit Klarlack drüber gingen? „Quarter Life Crisis“ von „Split“, „Super Glue“ von der „USA Tour 2017 EP“, „Concrete View“ von „Beauty Point“, oder „“White Cockatoo“ oder „Spleen“ von der Neuen? Tja. Vielleicht würde das mal zeigen, was für ungeschliffene Edelsteine diese Aussies ihm Programm haben. Vielleicht wäre es auch das genau das Falsche, weil The Ocean Party diese positive Wurschtigkeit in ihrer Musik brauchen, um The Ocean Party zu sein.
Na, wir werden’s wohl nicht erfahren. So, wie’s ist, freue ich mich, dass diese Band so, wie sie ist, existiert, mit all ihrer Slapdashedness und den Vorteilen, die sie daraus ziehen.
(„Oddfellow’s Hall“ steht noch nicht auf Spotify, bisher nur erhältlich über Bandcamp)
p.s.
Verdammt. Ich habe gerade diesen Text geschrieben und klicke noch mal durchs Netz, um ein aktuelles Bandfoto zu finden, da muss ich lesen: Zac Denton, Drummer von The Ocean Party, ist vor wenigen Tagen im Alter von nur 24 Jahren gestorben. Es gab Komplikationen mit einer Zyste, die in seinem Gehirn entdeckt wurde.
Menschenskind. Was sagt man dazu? Gerade noch schrieb ich über die Leichtigkeit, die diese Band auszeichnet – und dann so etwas Gravierendes!
Zacs Tod ist überhaupt erst der Grund, warum „Oddfellow’s Hall“ bereits veröffentlicht wurde. Eigentlich sollte die Platte Mitte November kommen – aber jetzt hat die Band das Album bereits verfügbar gemacht und es gilt: pay-what-you-want. Will heißen, ihr könnt die Platte auch for free downloaden. Oder (besser) einen kleinen Beitrag geben.
Auf „Oddfellow’s Hall“ stammen die beiden Songs „Rain On Tin“ sowie „Home“ von Zac.
Zac Denton sang auch bei Ciggie Witch und Pregnancy.
Rest in peace, Zac, and thank you for the music.