Jack Ladder & The Dreamlanders – „Blue Poles“
Jack Ladder. Eine Type, da will man aufs Dach klettern und in die Stadt rufen: „Gibt euch diesen Kerl!“ Ein schlaksiger australischer Hüne mit grabestiefer Stimme und galligem Humor. Er hat ein paar Songs in seiner Diskographie, da fragt man sich: Wieso sind das nur down under Klassiker? Warum hat der Rest der Welt das noch nicht wirklich mitgekriegt? Zu Hause ist der Sydneysider so unumstritten, dass er seine Begleitband aus ein paar der szenigsten Typen überhaupt zusammenstellen konnte: Die zwei Gitarristen Kirin J Callinan und Ben Hauptmann,.Bassist Donny Benet, Drummer Laurence Pike (von PVT).
Stop mal eben: Australier, hagerer Grusel-Spaßvogel, literarischer Anspruch, irre Begleitband aus Ausnahmemusikern? Ja, der Vergleich zu Nick Cave drängt sich auf. Trotzdem: Jack Ladder bleibt ein Original, dem niemand vorwerfen wird, dass er Nick Cave nachahme. Gewollt oder konstruiert sind die Parallelen nicht, sie haben sich eher zufällig so ergeben.
Was hat den Mann im Rest der Welt dann zurück gehalten? Da, denke ich, gibt’s dann halt doch einen Grund. Jack Ladder kann ein irres Niveau erreichen, aber er hält es nicht konsistent über ein komplettes Album. Auch seine fünfte, „Blue Poles“, macht da keine Ausnahme.
Es stellt sich mal wieder die Frage: Wenn ein Album sehr vielseitig aufgestellt ist, wann zeigt der Künstler damit beeindruckende Bandbreite – und wann ist es Kraut und Rüben ohne roten Faden?
„Blue Poles“ ist da so in der Mitte. Musikalisch ist es letztlich ein bisschen all over the place. Jack Ladder and the Dreamlanders liefern uns zappendusteren Tropical Blues (das umwerfende „Feel Brand New“), zackige stampfende Talking Heads-ismen (auch sehr gut: „Dates“), eine in der Tat sehr Nick Cave-eske Ballade („White Flag“), Alex Cameron-esken Smartarse-Synthpop („Susan“), eine Musical-Melodie aus dem Hades („Merciful Reply“), einen trockenen Lou Reed-Strut („Can’t Stay“) und mehr.
Völlig ohne roten Faden ist das nicht. Zusammen gehalten wird’s durch Ladders Stimme und seine Persönlichkeit. Die Songs haben gemeinsam, dass man hat das Gefühl her, er singe jeden Song mit einem diabolischen Grinsen und hinter jeder Zeile drohe eine Falltür.
Das macht „Blue Poles“ natürlich einmal mehr zu einem immer spannenden Album auf Top-Level, das aufmerksames Hinhören mit ein paar Killer-Textzeilen belohnt. Dennoch: Ausgerechnet die Tatsache, dass Jack Ladder manchmal am Genie kratzt, ist auch der Grund, warum’s ein bisschen enttäuscht: Denn wenn er’s doch kann, wenn er’s doch schafft, einen manchmal total mitzunehmen – wieso lässt Jack es zu, dass andere Songs nie so richtig Zug entwickeln und vor sich hin mucken, dass man die Skip-Taste in Betracht zieht? Mir geht’s so im Mittelteil dieses Albums.
Naja, so oder so, Jack Ladder ist eine echte Type, die man auf dem Radar haben sollte. Die absolut geniale Platte, die in ihm steckt (am nächsten kam er der Sache wohl mit „Hurtsville“, 2012) , hat er mit „Blue Poles“ aber noch nicht geliefert. Nächstes Mal velleicht?
Aus „Hurtsville“ (2012):