Vinterview: Superchunk

Es ist mal wieder Zeit für ein Vinterview. Vor eineinhalb Wochen erschien das dreizehnte Album von Superchunk (Mein Text dazu siehe etwas weiter unten). Superchunk sind nicht nur seit 1989 Helden des US-Punk-Pop, sie sind auch Labelgründer und die Köpfe von Merge Records, einer echten Größe unter den US-Indies. 

Als vor vier Jahren Superchunks letztes Album „I Hate Music“ erschien, da hatte ich ihren Sänger Mac McCaughan am Telefon. Für mich eine große Sache. Mein alter Blog, auf dem das Gespräch erschien, ist vor einiger Zeit vom Netz gegangen. Die neue Scheibe nehme ich als Anlass, um den Text von 2013 erneut zu teilen. 

Hey, wird dies zum hinter-den-Kulissen-Blog über die besten Indielabels? Das letzte Interview hier war mit dem Chef von Modular Records – und nun sprechen wir mit dem Kopf von Merge! Dem Label, das Arcade Fire, Divine Fits, She & Him, Telekinesis!, Bob Mould und mehr vertritt! Aber Mac McCaughan, der Herr am anderen Ende der Leitung, ist ja nicht nur Labelhead. Zuallererst mal ist er seit den späten 80s der Frontmann der Grungepop/Indiepunk-Klassiker Superchunk. Die wiederum haben ein neues Album draußen, „I Hate Music“. Es ist mir eine große Ehre, ihn zu Band und Label ausfragen zu dürfen.

Hallo, spreche ich mit Mac?

Ja, wie geht‘s?

Vielen Dank, gut, denn ich bin voller Vorfreude auf dieses Gespräch. Aber ehrlich gesagt bin ich gerade auch ziemlich hektisch, denn hier ist es vier Uhr nachmittags an einem bisher sehr arbeitsamen Tag – uns steht eine Deadline bevor. Wie viel Uhr ist es bei Dir?

Zehn Uhr morgens.

Aha, du beginnst gerade mit deinem Tag.

Yeah.

Jedenfalls, ich habe mich hierauf gefreut, denn es fühlt sich immer wie eine Belohnung an, mit jemandem zu sprechen, dessen Arbeit man lange schon verfolgt. Ich erinnere mich noch, wie ich und ein paar Kumpels nach München fuhren, um euch zu sehen. Das muss so 92/93 gewesen sein.

Ja, in München haben wir ein paar Mal gespielt.

Ja, ich habe das „On The Mouth“-T-Shirt noch als Beweis.

Haha, alright!

Gute Qualität, das Shirt – es sieht immer noch gut aus!
Hahaha! Aber das kann ich nicht auf meine Fahnen schreiben.

Naja, jedenfalls – die neue Platte heißt zwar „I Hate Music“, aber ich glaube, tatsächlich geht es um die Liebe zur Musik, die uns hier her geführt hat. Mich an dieses Ende der Leitung, dich ans andere. Für mich ist es oft schwer zu glauben, dass ich tatsächlich mit meiner Liebe zur Musik meinen Lebensunterhalt bestreite. Du kreierst die Musik, ich schreibe drüber – naja, wie erlebst du das?

Also, klar lieben wir die Musik. Wir machen das jetzt schon mehr als die Hälfte unseres Lebens. Ich denke, der Titel von der Platte, „I Hate Music“, der kommt von einem Gefühl, das ich sehr wohl manchmal habe. Es ist immer ein sehr vorübergehendes Gefühl, aber eins, mit dem man umgehen muss. Es kommt zu unterschiedlichen Zeiten. Manchmal, wenn man selbst Musik gemacht hat und an einen Punkt kommt, wo man vielleicht nicht unbedingt eine Schreibblockade hat, aber das, was man macht, nicht mehr für so wichtig hält wie früher – das ist eine frustrierende Vorstellung. Da muss man dann durch, aber man fragt sich eben: Was tue ich hier? Was soll das alles? Dieses Gefühl erwischt einen auch durch die Arbeit fürs Plattenlabel. Wir hören uns ja viel an, denn wir kriegen viel geschickt. Ich lese auch viel über Musik und höre mir viel online an. Ich meine, du hast vorhin die Zeit von 92/93 erwähnt, als du uns in München gesehen hast. Ich glaube: Wenn wir heute eine neue Band wären anstatt damals, dann weiss ich nicht, ob wir deine Aufmerksamkeit erregen könnten. Weil es einfach eine solche Unmenge Musik gibt! So viel Musik, so viel Information, die täglich auf einen einstürmt. Da gibt es dann definitiv die Zeiten, an denen man nur alles abschalten will. Das passiert dir als Schreiber ja sicher auch.

Das stimmt, ja, und ich fühle mich dann immer irgendwie schuldig. Denn ich weiss ja, dass ich mich glücklich schätzen sollte. Aber weil es nun mal ein Job wurde, kommt damit der Alltag, und es kommt der Streit mit dem Boss und es kommen stressige Deadlines…

…und die Musik selbst! Jetzt mal ernsthaft, so viele Bands sind einfach nicht gut! Irgendwie ist es heute viel mehr Arbeit, alles zu durchsieben und das gute Zeug zu finden. Das es definitiv weiterhin gibt. Aber man muss viel mehr danach suchen.

Ein anderer Aspekt ist ja auch: Dieses Gefühl, das man mit 20, 25 hat, dieser Glaube, dass deine Lieblingsplatte Probleme lösen kann – das hat man halt mit 40 nicht mehr so. Das sind nun mal die Erfahrungen, die man sammelt, und damit muss man umgehen. Das ist letztlich der Hintergrund für die Zeile in dem Text, aus dem der Titel kommt.

Ja, da singst du: „I hate music, what is it worth? It can‘t bring anyone back to this earth.“ Dazu sage ich: Tote zurück bringen, das ist schon viel verlangt. Es gibt ja auch sonst nichts, das dazu in der Lage wäre. Wenn überhaupt, dann ist Musik es sogar noch am ehesten. Denn Musik weckt Erinnerungen und die Assoziationen wie nichts sonst.

Das stimmt. Das ist ein guter Punkt. So habe ich noch nicht darüber nachgedacht.

Aber wo wir davon sprechen, dass Musik zum Alltag wird – ich beobachte mich selbst dabei und erschrecke manchmal, wenn ich merke, dass ich mich genau wie die Leute in der Industrie verhalte, von denen ich mich doch immer unterscheiden wollte. Die Frage hierzu ist wohl: Wie erhält man den Enthusiasmus und die Euphorie am Laufen? Wie machst du das, mit deinem Label und deiner Arbeit?

Das ist ne gute Frage, das ist eins von diesen Dingen, mit denen man klarkommen muss: Wenn man älter wird und etwas seit sehr langer Zeit macht, dann wird es diese Zeiten eben geben, wo man diesen Enthusiasmus nicht aufbringt und wo einen nicht alles so antörnt wie früher. Aber das Wichtige ist, wie man damit umgeht. Tust du etwas, um in die Situation einzugreifen? Oder akzeptierst du es als part of the deal, dass die Dinge sich verändern? Dass es immer noch genug Positives gibt, das du aus der ganzen Sache ziehst, aber das es eben nicht mehr das Gleiche sein wird wie damals, als du mit 15 deine erste richtige Lieblingsplatte gehört hast?

Meine Antwort darauf ist: Ab und an kommt dann doch etwas, das einem einfach doch wieder die Schuhe auszieht. Ich denke mal, wir sind etwa im gleichen Alter, so Anfang 40, denn ich sah dich so Anfang 20 und du hattest auf der Bühne ca mein Alter. Teenager oder Kids Anfang 20 könnten heute tatsächlich meine Kinder sein. Aber dann kommt so eine Gruppe Kids und sie bringen was raus, das mich umhaut. Da kommen Singles raus, die so toll sind, dass man sich beim Warten aufs Album die Nägel abkaut. 

Du hast es gesagt – das Wichtige sind diese Zeiten. Auch wenn es vorkommt, dass alle wegen einer Band ausflippen und dann hörst du es und sagst: „Echt jetzt? DAS hat alle so verrückt gemacht? Ich find‘s voll schwach!“ Da ist es umso wichtiger für uns, die wir ein Plattenlabel leiten, sich nicht entmutigen zu lassen. Aber glücklicherweise weiss ich, weil uns ja so viel geschickt wird, dass es da draußen echt viel gute Musik gibt. So viel, dass wir mit unserem Label gar nicht alles veröffentlichen können, das wir gerne würden.

Eine andere Sache, die ich erlebe: Ich bin Indie-DJ in einem Club. Manchmal gibt es die Abende, an denen es nicht mehr so toll zu sein scheint wie früher. Aber dann gibt es die Nächte, in denen man einen SOLCHEN Spaß hat und alles so euphorisch miterlebt, dass man eben doch weiss: Doch, das ist noch das Richtige für mich! Zumal es ja auch früher genauso mal schlechte Abende gab. Ich denke jetzt mal, dass du das mit der Band auf der Bühne genauso erlebst. Dass es Konzerte gibt, die einem so viel geben, und man sich sagt: „Ich bin so froh, dies immer noch zu tun und zu erleben“

Ich finde, du hast Recht. Das ist das Wichtige, dass die tollen Shows immer noch häufiger sind als die, die es nicht sind. Okay, wenn man jünger ist, dann stört man sich nicht so daran, was zwischen den Shows passiert. Die Stunden im Van, auf Couches zu schlafen. Diese Plackerei zwischen den Shows ist es, zu der man sich heute aufraffen muss, wenn man schon lange dabei ist. Die Show selbst ist eigentlich immer ein Riesenvergnügen für uns. Wir hatten ja die Pause, in der wir acht Jahre keine neue Platte machten – aber zwischendurch haben wir immer mal wieder vereinzelte Shows gespielt, und das war dann immer ein toller Spaß.

Ja, zu dieser Pause wollte ich auch fragen: Vor der Pause nahm Euer Sound den Verlauf, der sich bei den meisten Bands findet. Man fängt rasant an, und nimmt dann so langsam den Fuß vom Gaspedal. Die Lieder werden langsamer und komplexer. Seit der Pause klingt ihr neu aufgeladen, die Energie, die Punkiness der ganz frühen Alben ist wieder im Vordergrund. Habt ihr in der Pause so viel Spannung aufgestaut, dass ihr plötzlich wieder wie mit 20 klangt?

Naja, ich habe ja damals schon auch meine Portastatic-Platten gemacht, und die späteren Superchunk-Platten hatten mehr von diesem Sound. Aber gut, vor der Pause, da steckten wir in diesem Alltag: Touren, Schreiben, Aufnehmen, Touren, Schreiben, Aufnehmen. Zwölf Jahre steckten wir da schon drin. Und wenn man in diesem Zyklus steckt, dann versucht man, zu variieren, damit es interessant bleibt, für einen selbst und für die Fans. Man probiert Dinge aus, man experimentiert. Manche Experimente funktionieren, manche nicht, aber in diesem Kreislauf macht das nicht so viel aus, denn man weiss ja: Bald machen wir die nächste Platte, und vielleicht können wir es da auf den Punkt bringen. Man ist also offen dafür, etwas zu auszuprobieren – und ich denke, das war gut für uns. Aber als wir zurück ins Studio gingen, um „Majesty Shredding“ zu machen, da rechnete ja niemand mit einer neuen Platte von uns. Jeglicher Druck kam nur von uns selbst. Ich denke, das schlechteste, was hätte passieren können, wäre ein Album gewesen, das genau da angesetzt hätte, wo die letzte Platte aufhörte. So, dass man hätte fragen können: „Wieso habt ihr denn überhaupt acht Jahre Pause gemacht, wenn es jetzt nahtlos so weitergeht?“ Wir wollten also etwas machen, womit wir die Leute überraschen, etwas, das uns Spaß machen würde beim Live-Spielen, und etwas, das unsere Stärken betont. Wir haben das Rum-Mäandern und Experimentieren auf der Platte weggelassen, das „Here‘s To Shutting Up“ noch prägte. Die neue Platte sollte fokussierter sein und anders als die letzte, die sie zu hören kriegten.

Die Neue ist auch wieder ähnlich wie „Majesty Shredding“; stimmst du zu?

Ja, das tue ich. Denn wir hatten so viel Spaß auf den Shows zu dem Album und beim Schreiben dieser Platte, dass wir diesen Schwung mitgenommen haben zu „I Hate Music“. Wir haben was gelernt bei der Platte, man lernt ja nie aus, auch jetzt noch lernt man hoffentlich aus jeder Platte – aus „Majesty Shredding“, aber auch aus den acht Jahren Pause lernten wir: „Jede Platte, die wir ab jetzt machen, wird nicht mehr von uns erwartet – und jede könnte auch die letzte sein. Also lasst uns alles abstreifen, das uns ablenkt, und lasst uns auf unsere Stärken konzentrieren.“ Das war unser Ziel und unser Leitfaden.

Noch mal zum Älterwerden: Ich merke, dass ich auch körperlich vor Herausforderungen gestellt werde. Was bin ich zu „Skip Steps 1 & 3“ noch auf und ab gesprungen! Was war ich für ein Tänzer! Bist du heute noch so energetisch auf der Bühne? Halten die Gigs dich vielleicht sogar in Form?

Als wir „Majesty Shredding“ machten, sagten wir: „Lasst uns damit gar nicht erst anfangen, wenn wir keine guten Shows hinkriegen.“ Ich mag das nicht, wenn ich Bands sehe, die ihr Ding nur runterspulen – und erst recht will ich nicht in so einer Band sein. Eine Sache, die in den Jahren unserer Pause passierte, war, dass ich am Rücken operiert werden musste.

Das war so etwa… 2007? Also ich weiss, dass es 2008 war, als ich erstmals seit längerer Zeit wieder auf der Bühne war. Da haben wir nämlich ein paar Shows für den Obama-Wahlkampf gespielt, in North Carolina, mit the Arcade Fire zusammen. Ich weiss noch, wie ich mir damals dachte: „Ich darf mir jetzt keine großen Gedanken über den Rücken machen, ich muss da jetzt raus und einfach die Show spielen wie immer.“ Das war unsere Einstellung zu allem. Noch mal, klar gibt es Sachen, die einem Anfang 20 egal sind. Heute zum Beispiel achten wir natürlich viel mehr auf das, was wir essen. Aber ich will nicht, dass uns jemand sieht, und enttäuscht ist. Wir wollen hungrig bleiben.

Dass ihr Merge Records betreut, beeinflusst das auch eure Musik? Es muss ja ziemlich schwer sein, diese ganz schon groß gewordene Firma zu betreuen, die sich ja auch kommerziell tragen muss. Vielleicht kommt ja der Moment, an dem ihr plötzlich zu euch selbst sagt: „Hoppla, wir brauchen noch eine Single auf diesem Album!“

Haha – also, das Credo von Merge ist schon, die Künstler das tun zu lassen, was sie tun wollen. Aber was den ersten Teil der Frage angeht – ich meine, eine der Bands auf unserem Label sind Lambchop, aber das ist die Art Band, von der ein Außenstehender sagen würde: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Superchunk Lambchop hören.“ Kurt (Wagner von Lambchop) ist aber sehr wohl ein Vorbild für mich. Was das Songwriting angeht, was die Arbeitsmoral angeht, oder was das angeht, wie ernst – aber nicht zu ernst – er seine Arbeit nimmt. Dann wiederum gibt es neue Acts wie Mikal Cronin oder Telekinesis!, die sind jünger, aber die stecken noch voll Energie. Was einen dann auch wieder inspiriert.

Ich denke mir, ihr habt Merge wahrscheinlich gegründet mit dem Gedanken, das Label ins Leben zu rufen, auf dem ihr selbst gerne gesignt wärt.

Das kann man so sagen. Wir waren auch Fans bestimmter Indielabels, und wir haben Merge anhand dieser Vorbilder konstruiert. Wir haben Merge zuallererst als Musikfans gegründet, einfach, um die Musik zu veröffentlichen, die wir mochten. Und das ist auch immer noch, was unsere Entscheidungen prägt. „Was würde mein Lieblingslabel in dieser Situation tun?“, diese Frage stellen wir immer noch aus der Fanperspektive, das war immer ein großer Einfluss auf uns.

Ich stelle mir das wirklich schwer vor. Angenommen, du hast eine Band unter Vertrag genommen, weil ihr letztes Album toll war. Jetzt kommen sie mit dem Nachfolger, und es entspricht einfach nicht deinen Vorstellungen. Ich stelle es mir sehr schwer vor, sich da zu bremsen und nicht zu sagen: „Wollt ihr nicht mehr dies ausprobieren oder in jene Richtung gehen?“ Kannst du da loslassen und den Künstlern wirklich völlige Freiheit geben? 

Es gibt sie in der Tat, die Momente, wo man so fühlt. Aber das muss man dann unterdrücken. Es passiert aber, dass Bands wirklich konkret fragen: „Was findest du?“ Das ist dann aber nicht eine Frage an einen Vorgesetzten, sondern man ist da gleichgestellt. Das sind Fragen zum Beispiel über die Reihenfolge der Tracks. „Sollte dieser Song an die erste Stelle, oder doch lieber der?“

Also, eine Sache, die wir von Anfang an hatten, das war dieses Gefühl, dies hier auf lange Sicht zu machen. Da muss man akzeptieren: Ein Künstler, den du wirklich respektierst, kann dir nicht wirklich jedes Mal deine Lieblingsplatte liefern. Aber du musst ihn entscheiden lassen und ihn das tun lassen, was er am besten kann.

Freunde von mir sind auf deinem Label – die Shout Out Louds aus Stockholm.

Oh ja, das ist ne gute Band.

Irgendwie freut es mich voll, dass ihr zusammen arbeitet. Ich finde einfach, das ist eine gute Kombination.

Das finde ich auch – leider stellen wir ja nur das Label, keinen Tourservice, deswegen bin ich bei den Shout Out Louds immer wieder erstaunt, wie sie die Mittel und den Enthusiasmus aufbringen, hier in den Staaten ihre Tourneen zu organisieren und ihre Veröffentlichungen damit wirklich anzuschieben. Sie schreiben aber auch tolle Songs. Ich weiss noch, wie ich damals „Our Ill Wills“ hörte – das war unsere erste Platte mit ihnen. Vorher hatten mir ein paar Freunde die Band empfohlen, und wir hatten damals eine Band auf dem Label namens The Rosebuds, die ein paar Gigs mit ihnen gespielt hatten und meinten „die sind super, die müsst ihr echt auschecken“. Ich hörte dann also „Our Ill Wills“ und das war einfach eine unwiderstehliche, klassische Platte. Es mag nicht das sein, was das amerikanische Radio spielt, aber mir war klar: „Über kurz oder lang musst du die Platte rausbringen.“

Hier in Deutschland läuft es ja wirklich sehr gut für die Band.

Das freut mich zu hören.

Als ihr mit Merge angefangen habt, boomte die CD. In den Jahren hat das Business sich extrem geändert, und es ist doch vermutlich viel schwieriger, heute Musik an den Mann zu bringen.

Stimmt schon – die größte Änderung ist natürlich, dass die Leute heutzutage ihre Musik umsonst kriegen können und sie nicht mehr kaufen müssen. Hehe. Aber das war ja ein gradueller Wandel, das hat sich langsam aufgebaut, und es ist etwas, dessen Entwicklung immer noch anhält. Es gibt dafür keine Lösung, keine Zauberbohne. Alles, was wir als Label wirklich tun können, und was wir aktiv versuchen, das ist, Musikfans zu erschaffen. Fans, die eine Connection zu der Platte spüren, die sie hören, und die von sich aus die Entscheidung treffen, dass sie die Bands unterstützen wollen, die sie lieben. Denn diese Art Fan, diese Art Konsument sind wir ja selbst – und so wissen wir auch, wie wir diese Connection kreieren können.

Das Comeback des Vinyls ist da sicher hilfreich?

Ja, das ist prima für uns. Nicht, dass es die CDs auffangen würde, die die Leute nicht mehr kaufen, aber es hilft und ich freue mich drüber, denn ich selbst liebe Vinyl. Ich kaufe selbst immer noch viele Schallplatten.

Jetzt wollen wir aber noch mal über euer neues Album sprechen! Gibt es denn einen Song, der dir ganz besonders am Herzen liegt?

Die Single mag ich wirklich: „Me And You And Jackie Mittoo“. Ich freue mich immer, wenn uns so ein richtiger Ohrwurm gelingt, der in kurzer Zeit viel abdeckt. Dann muss ich an klassische Singles denken, die ich in der Highschool oder auf dem College gekauft habe – so etwas versuche ich, auch hinzukriegen. Also bin ich sehr froh, dass uns das mit dem Song gelungen ist. Aber wir sind mit dem Album überhaupt sehr glücklich. So, wie sein Flow ist, sein Sound. Was interessant ist: In vielerlei Hinsicht ist es eine dunklere Platte, wenn man sie mit „Majesty Shredding“ vergleicht, thematisch. Aber viele Leute, mit denen ich spreche, sagen: „Das ist eure poppigste Platte!“ Ich glaube, dass dieser Kontrast es spannend macht. Will sagen: Wenn man eine Platte macht, die textlich runterzieht, aber die Musik zieht einen auch noch runter, das wäre wohl nicht so interessant. Aber diese Kombi aus dunkleren Ideen und superenergetischer Musik, die funktioniert für uns.

Ich freue mich vor allem, dass ihr immer noch Musik macht. Ich habe ja schon gesagt, dass ich euch lange schon verfolgt habe. Als dann euer Comeback kam, da war es, als hört man wieder von einem alten Freund. 

Aber Leute wie du, die uns immer mochten und die sich weiter dafür interessieren, wie wir klingen – die sind ja auch der Grund, warum wir es immer noch machen.

Ist es nicht sogar spannender, neue Fans zu gewinnen? Hoffentlich sind auf Euren Konzerten nicht nur die Typen wie ich, die beim ersten Mal schon dabei waren, sondern auch Kids, die das jetzt neu entdecken.

Das war eine Sache, da waren wir uns nicht sicher, ob das eintreffen würde. Nach der letzten Platte waren wir ja wirklich lange Zeit aus dem Spiel. Aber doch, ich glaube, es ist passiert. Und ich glaube, dass in vielerlei Hinsicht die modernen Entwicklungen, die wir vorhin angesprochen haben – Twitter, das Internet – dass speziell diese Kanäle uns geholfen haben, viele dieser Leute zu erreichen. Leute, die sich sonst vielleicht nicht weiter um uns gekümmert hätten.

Und damit kommen wir dem Ende entgegen, meine halbe Stunde ist gleich um.Am Schluss frage ich immer gerne nach der verrücktesten Show der Bandkarriere. Ihr habt ja wirklich lange Live-Erfahrung, du kannst bestimmt aus dem Vollen schöpfen

Oooh, die verrückteste Show. Das ist schwer. Weisst du, ich wünschte, es gäbe mehr Shows, die auf eine angenehme Weise verrückt waren. Die gab‘s sicher auch, aber mir fallen jetzt mehr diese Art Shows ein, die im Laufe einer normalen Tour passieren, aber mittendrin wird einem plötzlich klar: Wow, wir spielen hier eine Show in einem Restaurant, aus dem sie alle Tische und Stühle rausgeräumt haben. In einer Kleinstadt, in Brasilien. Wie sind wir hier her geraten? Wieso sind überhaupt Leute hier, die uns sehen wollen? Aber auch diese verrückten Shows nimmt man gerne mit. Auch wenn man manchmal irgendwo ankommt und gleich weiss: Oh je, heute nacht wird nicht toll. Am Ende nimmt man doch immer ein gutes Gefühl mit.

Und es klingt, als seien diese Shows Erfahrungen, an die man sich erinnern wird.

Genau.

So, es war mir eine echte Freude! Ich wünsche Euch viel Erfolg mit der Platte und allen kommenden Releases auf Merge! Viel Glück und, ach ja, kommt ihr nach Europa?

Wir arbeiten daran. Hoffentlich klappt diesmal auch wieder Deutschland, beim letzten Mal heute es leider nicht hin.

Alles klar – falls ihr nach München kommt, bin ich am Start. Wenn es eine andere Stadt wird, werde ich es versuchen, kann‘s aber noch nicht versprechen. Cheers, vielen Dank, einen guten Tag noch!

Thank you!

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