Review: Strange Names

Strange Names – „Data“

Vor drei Jahren haben die Strange Names aus Prince‘ Heimatstadt Minneapolis ein Debütalbum („Use Your Time Wisely“) hingelegt, das echt so richtig Popspaß machte.
Ich schrieb damals, die Band sei gar keine 80s-Revival-Band, sondern eine 80s-Revival-Revival-Band.
Kurzfassung: 2015 lief das 80s-Revival schließlich schon über ein Jahrzehnt, also mehr als doppelt so lange wie die 80s-New Wave Phase selbst, auf die all die neueren Bands sich berufen (die datiere ich auf ca 79-84). Außerdem wendete die Band eine dicht arrangierte, breit geschichtete Produktion an, wie man sie von den Neo-80s—Bands unserer Zeit kennt (ich nenne mal The Killers, La Roux oder Haim als Beispiele). Das aber ist eine Klangdichte, mit der die Originale (sagen wir z.B. Men Without Hats, New Order, OMD) gar nicht gearbeitet haben. (Okay, Tears For Fears, die schon). (Langfassung des Textes HIER.)

Seit gestern liegt die zweite Platte des Synthie-fixierten Trios vor. Klar wollte ich wieder drüber schreiben. Da gibt’s nur ein Problem: Kann ich auch was Neues darüber sagen? Etwas, das ich nicht bereits übers erste Album gesagt habe? Wenn eine Band schon von vornherein als Retro-Act startet, wenn sie sich bewusst in einen im Voraus gesteckten Referenzrahmen platziert – dann gibt es für sie nicht wirklich Raum, sich zu entwickeln, oder?

Es ist nun aber doch so, dass „Data“ einen Schritt nach vorne macht. Oder wenigstens zur Seite. Oder sagen wir: Die Strange Names  wagen ein gelenkiges Tänzchen innerhalb ihres Rahmens.

Es ist nicht so, dass die drei das Feld verlassen, das sie sich gesteckt haben. Wir bleiben fest verankert im augenzwinkernden 80s-Revival-Pop, der im Speziellen die Phase ins Visier nimmt, als die 80s-New Wave-Underground-Acts zu Mainstream-Charthelden wurden. Dies ist Musik, die begrenzt coolen Acts wie Hall & Oates, Wang Chung oder Naked Eyes sanft mit dem Ellbogen anstößt, so nach dem Motto „Hey, wir wissen Bescheid“. Dies sind Klänge, die eine Miami Vice-Szene beschallen können, in der Don Johnson sein neues schultergepolstertes, flamingofarbenes Sakko spazieren führt.

Was nice enough ist, wenn auch nicht unbedingt ein Sound, in dem in den letzten 15 Jahren Dürre herrschte. Originalitätspunkte können Strange Names für ihre Pastiche also nicht in Anspruch nehmen, so liebevoll, gewitzt und detailreich sie den Sound auch auf den Punkt bringen mögen. Aber letztlich steht und fällt dann ja doch wieder alles mit den Songs. Und da kann’s keinen Widerspruch geben: Strange Names kriegen das so hin, dass es einem Popfan Freude machen muss, ihnen zuzuhören.

Die Spezialität von Liam Benzvi (v), Francis Jimenez (g) und Fletcher Aleckson (dr): Refrains, die zum Ohrwürm werden, weil sie ihre prima Melodien mit herrlich beknackten Texten kombinieren. Eine Zeile wie „Your camouflage was just a mirage“ (aus „Into me“) beispielsweise macht perfekten Unsinn und phonetische Freude. Oder die Single „U.F.O.“! Ich meine, jetzt mal ernsthaft: „U-F-O, we are the little green men, U-F-O, we call home, we call home“ – klar ist das komplett bescheuert. Und genau deshalb beinahe genial. Also echt, wenn eine E.T.-Referenz in einem Poptext (und das mit DIESEM Video, siehe unten) euch nicht happy macht, dann versteht ihr nicht, Vergnügen in euer Leben zu lassen.

Ein Wort muss ich über die Arrangements verlieren: Klar, es regieren die Synthies und Gitarren.  Die Sounds aber sind so gezielt wie verspielt. Ui, das reimt sich ja! Aber hört hin: Wann kommt welcher Gitarrensound, wann welcher Synthbass, welche Treppe nimmt er? Welcher Synthieklang macht macht wann was und warum? Man kann die 35:25 Minuten dieser Platte auch einfach nur bewusst lauschen und sich daran freuen, mit welcher Pfiffigkeit die Jungs die jeweiligen Sounds gepickt und platziert haben. Hier haben die Strange Names im Vergleich zum Erstling auch zweifellos zugelegt: Da passiert ein bisschen mehr und einiges ist unerwarteter als beim Debüt.

Also, klar. „Data“ ist keine wichtige Platte, die uns was Neues sagt, Denkanstöße gibt, das Jahr 2018 auf den Punkt bringt oder sonst irgend so was, was wichtige neue Platten tun sollten. Aber „Data“ macht Spaß. Wer tief genug in der 80s-Materie steckt, kann sich damit vergnügen, Referenzen zuzuordnen und Erinnerungen triggern zu lassen. Wer dies nicht tut, hat immer noch eine Platte voller raffinierter Lieder mit hohem Ohrwurmpotential. Mehr muss es ja gar nicht immer sein.

 

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