Interview: AWOLNATION

Wenn ich über AWOLNATION schreibe, muss ich immer noch mit Under The Influence Of Giants anfangen. Denn diese Band hat mein Lieblingsalbum der Saison 2006/2007 geliefert. Als damals in England alle Bands anfingen, sich gleich anzuhören, feierten die Kalifornier ein papageibuntes Mid-80s-Revival. Doch ein Erfolg ist das Ganze leider nie geworden, eher ein spektakulärer Flop.

Aaron Bruno sang damals bei UTIOG. Erst ein paar Jahre später tauchte er wieder auf, mit einem Soloprojekt namens AWOLNATION – und einem Hit namens „Sail“, der langsam, aber sicher zum unerwarteten Welterfolg wurde. „Sail“ rettete Aarons Existenz, so ist ihm auch herzlich egal, dass manche Leute das alte „One-Hit-Wonder“-Schlagwort ausgraben. Der Song hat ihm ermöglicht, AWOLNATION vom One-Man-Projekt zur Band zu entwickeln, viele Türen geöffnet und eine treue Fans beschert, die auch seine Alben lieben. Mit „Here Come The Runts“ hat der leidenschaftliche Surfer gestern das dritte davon veröffentlicht. Ich hatte ihn mal wieder am Telefon.

Aaron: Hi, wie geht’s, hier ist Aaron.

Danke, prima! Und deinerseits? Du hattest einen langen Arbeitstag heute in Berlin, richtig?

Ja, das war ein langer Tag. Aber wir freuen uns, hier zu sein.

Wir haben uns schon mal getroffen – für ein Interview vor eurem letzten Konzert in München. ich bin der Typ, der schon Under The Influence Of Giants-Fan war.

Ah, schön, dich wieder zu hören.

Ganz meinerseits. Es freut mich zu sehen, dass AWOLNATION weiter so gut läuft. Es scheint ja auch so weiter zu gehen, die ersten Reaktionen auf die neue Platte „Here Come The Runts“ sind gut.

Ja, hoffen wir mal. Es lässt sich gut an.

Wo ich den Titel gerade genannt habe: Wer sind die „Runts“?

Die „Runts“, das sind du und ich. Und alle, die Musik lieben und alle, die nicht Könige oder Präsidenten sind. Wir sind die Runts, die Niederen, wir gucken nach oben und suchen nach dem besten Weg, uns durch dieses kranke Leben zu navigieren. Und wir versuchen dabei, so gut es geht, positiv zu denken. Also wir alle.

Deine Story ist ja ziemlich unglaublich. Wie der Song „Sail“, den du geschrieben hast, als du total am Boden warst, alles verändert hat. Aber wer mal am Boden war, hat meistens die Underdog-Mentalität noch verinnerlicht. Ist das bei dir so?

Ja, und ich denke nicht, dass das je weg geht. Ich werde für immer das Gefühl haben, beissen und kratzen zu müssen, wie ich so meinen Weg durch die Musikindustrie mache und versuche, den besten Weg zu finden, dass die Leute den Songs zuhören. Ich glaube, meine beste Arbeit mache ich, wenn ich das Gefühl habe, was beweisen zu müssen. Dann kann ich mich besser reinversetzen in den täglichen Existenzkampf. Dann laufe ich auf Hochtouren, dann gelingt es mir am besten, die Texte auf den Punkt zu bringen, die den Leuten am meisten aus der Seele sprechen.

Im Song „Miracle Man“ singst du „I’m the miracle man, I’m comfortable with who I am“ – und ich fragte mich, ob das für deine Kreativität überhaupt das beste ist. Nicht dass deine Inspiration flöten geht, wenn du dich zu stabil und sicher fühlst, sozusagen.

Genauso ist es. Der Text geht aber anders, ich singe „WE NEED an miracle man.“ Das ist so eine Art Superhero-Fantasie. Die Vorstellung, dass wir einen Helden brauchen oder einen Gott, damit wir die Probleme lösen können, vor denen wir stehen. Mit der Zeile „I’m comfortable with who I am“ gebe ich zu, dass ich zum Zyniker werden und taub gegenüber all den Dingen werden kann, die ich sehe und lese. Manchmal verwirft man das einfach und sagt „jetzt ist es mir auch wurscht!“ Darum geht es in diesem speziellen Song. Aber es stimmt schon, ich werde den Rest meines Lebens eine Laus auf der Leber haben, die mich auf Trab hält. Und die kommt aus der Punk Rock Music, der Hardcore Szene und dem Underground. Nicht viel Leute haben an mich geglaubt, als ich anfing. Und so fühle ich mich immer noch – ich muss mich selbst immer wieder daran erinnern, dass es mir eigentlich gut geht. Ich wache nachts immer noch auf und denke mir, dass ich mich beweisen muss. Was aber immerhin dabei hilft, motiviert zu bleiben.

Interessant, das kenne ich nur zu gut. In meinen Träumen komme ich auch immer wieder zurück an den Punkt, an dem ich in meinem Leben am unsichersten war. In meinem Fall war das, als ich Anfang 20 und neu auf der Uni war und ich nicht wusste, wo mein Leben hingehen soll. Ich hasste die Uni, aber wusste auch noch nicht, was ich statt dessen machen wollte. Ich habe die Uni dann auch geschmissen, aber ein paar Monate hing ich echt in den Seilen. Seit Jahren habe ich meinen festen Job und mache dabei Dinge, die mir Spaß machen. Trotzdem – in meinen Träumen bin ich quasi immer der verunsicherte Typ Anfang 20 ohne Halt und ohne Kohle.

Und ich träume andauernd, dass ich durch eine Prüfung falle! Oder dass ich Trouble kriege, weil ich eine Hausaufgabe nicht rechtzeitig abgegeben habe! Das hat sicher eine Menge zu tun mit meiner Unsicherheit. Denn jedesmal, wenn man eine neue Platte raus bringt, weiss man ja nicht, wie die angenommen wird. Das ist schon einschüchternd, denn da muss man sich preisgeben. Man wird dafür beurteilt und kritisiert – oder hoffentlich gelobt. Also, natürlich schreibe ich diese Songs nicht, damit Journalisten darüber positive Rezensionen verfassen. Aber es ist ein tolles Gefühl, wenn man eine gute Kritik kriegt. Dafür ist es tausendmal schlimmer, eine schlechte Kritik zu kriegen. Jedes Mal, wenn ich einen neuen Song schreibe, habe ich dadurch das Gefühl, bei Null anfangen zu müssen. Aber das hilft beim Schreiben.

Du hast heute dein eigenes Heimstudio in den Bergen außerhalb LAs, richtig? Wie heisst die Gegend genau? Dann gucke ich mir das nachher auf Google Maps an, um eine Vorstellung zu haben, wo diese Songs Form annehmen.

Ja, das ist in den Hügeln über Malibu, Kalifornien. Recht weit oben in den Hügeln, ein ganzes Stück weg vom Strand. Aber ein prima Zufluchtsort für mich. Hier kann ich mich sammeln und meine Ruhe finden, weit weg vom Gewusel des Stadtlebens.

Und du machst weiterhin alles im Alleingang? Ich meine, du hast jetzt ja eine Liveband. Kommen die bei dir zu Hause vorbei für die Aufnahmen, oder geht es weiter streng um deine persönliche Vision?

Nein, auf dieser Platte habe ich die Band mehr in die Sache eingebracht als je zuvor. Vor allem meinen Drummer Isaac und meinen Gitarristen Zac. Die kann man überall auf der Platte hören. Und es ist echt gut, solche guten Musiker, die ich echt bewundere und deren Stil ich enorm schätze, auf der Platte zu hören. Toll, dass sie Teil des Ganzen sind.

Hast du dir das Haus nach dem Erfolg von „Sail“ geleistet? Ich habe auch gelesen, du seist zurück in deinem Heimatort, du bist aber nicht in dein Elternhaus gezogen, oder?

Nein nein, die hatten nie ein Haus, das so cool war! Nein, das kam nach dem Erfolg der ersten Platte und der zweiten Platte und nach all den Tourneen. Ich habe ordentlich gespart dafür und mich da in eine gute Stellung gebracht. Ich bin sehr froh, das zu zu haben.

Klingt auch super. Ein Häuschen in den Bergen – da beneide ich dich drum. 

Danke, haha.

Okay – ich finde, in gewisser Weise ist die neue Platte sogar noch ein bisschen extremer als die davor, was den Kontrast von Pop und Noise angeht. Was ist für dich der Hauptunterschied zwischen dieser Platte und den beiden davor?

Hmm. Ich denke, es ist weniger elektronisch. Weil jetzt alle Drums organisch gespielt werden. Weil unser Gitarrist mit im Studio war, sind da jetzt auch viel weniger Synthesizer. Ich denke, wir haben uns als Musiker verbessert. Und ich rede mir ganz gerne ein, dass ich mich überhaupt weiter entwickle. Ich glaube, textlich erzählen die Songs alle eine Story und haben eine klare Vision. Auf jeden Fall eine klarere, als die Songs der zweiten Platte, und vermutlich auch mehr als die der ersten. Ich glaube auch, die Platte ist erhebender, bombastischer und hymnischer und energetischer als beide vorigen Alben.

Und führst du das darauf zurück, dass es dir jetzt besser geht, finanziell und emotional?

Mit Finanzen hat das, glaube ich, überhaupt nichts zu tun. Es geht viel mehr um die Gefühle und um die Lebenserfahrung. Je mehr man sieht und erlebt, desto weiser wird man einfach. Hoffe ich jedenfalls, oder? Vielleicht ist AWOLNATION ja wie ein guter Wein, der mit dem Alter besser wird.

Wenn wir älter werden, verändern sich auch unsere Hormone. Wir sind nicht mehr so leicht zu erschrecken, wir regen uns nicht mehr sofort auf – und wenn wir am anderen Ende des Raums ein nettes Mädchen sehen, verlieben wir uns nicht mehr sofort, wie mit 17.

Gott sei Dank dafür, haha!

Also, die Lieder sind trotzdem, denke ich, sehr divers. Du sagst, die Texte sprechen was Konkretes an – gibt es also einen roten Faden bei den Texten?

Ich denke, es sind verschiedene Stories, aber sie haben einen Zusammenhang. Das kann man jetzt interpretieren, wie man will – aber auf jeden Fall ist da in den Texten ein anderes Selbstbewusstsein als in früheren Alben und – ohne mich wiederholen zu wollen – es ist einfach klarer. Ein klarerer Ausgangspunkt für mich als Storyteller in den Texten.

Ich habe ein Zitat rausgesucht. „I’ve got a potion, it fixes passion“ aus „Passion“. Da habe ich mich gefragt, was dieses Mittel, das die Leidenschaft reguliert, wohl sein mag. Ein Antidepressivum, ein Schmerzmittel? Die Leidenschaft einzudämmen, ist ja eigentlich keine gute Sache.

Naja, es kann ja auch deinen Mangel an Gefühlen regeln.

Ah.

Es könnte eine Drogenreferenz sein. Da braucht man ja auch seinen Fix, um mehr Leidenschaft zu spüren. Na, wofür empfindet man Leidenschaft? Wir zwei zum Beispiel empfinden Leidenschaft für Musik. Für uns ist das vielleicht das Mittel. Für dich ist es vielleicht das Schreiben. Für andere Leute ist es vielleicht, Filme zu gucken. Oder Radfahren zu gehen, oder zu gärtnern. Oder alles genannte. All das, was uns das Gefühl gibt, dass es das Beste in uns hervorbringt oder uns durch den Tag bringt. Wenn man das für sich gefunden hat, dann kann es wie eine Eingebung sein, die deinem Leben eine neue Bedeutung gibt. Darum geht es in dem Song.

Du sprichst auf deiner Website über das Video und sagst in dem Zusammenhang „Die Musik hat mir schon wiederholt das Leben gerettet“. Ich schätze mal, einer dieser Momente war, „Sail“ geschrieben zu haben? Vielleicht kannst du uns eine andere Story erzählen von einem Moment, in dem die Musik dein Leben rettete?

Ach, also „Sail“ hat nicht mein Leben gerettet. Klar hat es mir sehr geholfen, weil es so ein irrer, freakiger Erfolg wurde. Ich sehe „Sail“ heute als meine große Chance, dass auch meine anderen Songs gehört werden. Viele Leute, die normal nur Popradio hören, hätten Awolnation ohne dieses Lied nie kennen gelernt. Deswegen bin ich auch sehr dankbar. Wenn ich aber sage, dass Musik mein Leben gerettet hat, meine ich mehr die therapeutische Natur der Musik. Ich meine, jeder von uns hat zum Beispiel seine Trennungsalben. Ich kann quasi mein ganzes Leben durchgehen, jede meiner Freundinnen seit der ersten auf der Highschool bis heute, und ich kann dir zu jeder die Trennungs-Alben nennen, die mich durch die Zeiten durch geleitet haben. Oder auch in ganz schweren Zeiten in meinem Leben – da hat es oft geholfen, bestimmte Platten aufzulegen, die einem den Kopf wieder gerade rücken. Wenn man in so einem Moment jemandem zuhört, wie er über etwas singt, wie er eine Story erzählt, die ich total nachvollziehen kann – das hat uns alle durch schwere Zeiten durchgebracht. Und, ganz wichtig, es hat uns natürlich auch immer dabei geholfen, auch die guten Zeiten zu feiern. Musik ist einfach das Beste.

Ja, Musik ist ein Verstärker. Sie legt einen Glanz über alles.

Absolut!

Ich habe noch eine Textzeile gepickt, aus „Handyman“. Da sagst du „I’m just a little scared of the Government“ und du sagst auch „I’m a little scared of white, blue and red.“ Das bringt uns wohl zur aktuellen politischen Situation. in sehr interessanten Zeiten leben wir, um es harmlos auszudrücken.

Also, der Text geht „I’m just a riddle, born of white blue and red.“ 

Ah.

Yeah, passt schon. Also Angst hatte ich schon immer, vor jedem Menschen, der so große Entscheidungen treffen kann, die so viele Leben verändern. Das kann auch jede andere Regierung sein. Ich finde, es ist einfach ein ganz schon einschüchterndes System, in dem man diese Gesellschaft aufgestellt hat. Dass man Leute in Positionen bringt, in denen sie ganz einfach Entscheidungen treffen können, die für manche anderen Leute oder ganze Gruppen das Leben beenden können. Das macht mir Angst. Und wenn ich sage „ich bin nur ein Rätsel, weiss blau und rot geboren“ – dann sage ich damit: Wir haben nicht wirklich eine Wahl, wo wir geboren werden. Welcher Religion man angehört, das hängt doch auch oft einfach davon ab, in welchem Land man geboren wurde. Okay, man kann sich entscheiden, seine Religion oder sein Land zu verlassen, aber das ist leichter gesagt als getan. Aber wenn man die Möglichkeit hat, sollte man versuchen, das Positive aus seiner Umwelt zu ziehen. Naja, ich wende mich da oft der Musik zu, um dem allen zu entgehen.

Hier in Deutschland sagen wir: „Man kann bei der Wahl seiner Eltern nicht vorsichtig genug sein!“

Haha, ja, so ist das.

Ich wollte jedenfalls die politische Situation ansprechen bzw das Thema Politik in der Musik. Ich glaube, das wird in den kommenden Jahren wieder stärker kommen, denn das muss es ja. Es wird eine neue Welle der Protestmusik geben, glaube ich. Ich muss schon sagen, wenn ich aus Europa auf die US-Politik schaue, kommt es mir vor, als ob da zwei verfeindete Sportmannschaften gegeneinander antreten und ihren Fans geht es nur noch ums Gewinnen, ganz egal, wie. Und wenn sich zeigt, dass ein Quarterback die Luft aus dem Football ließ, wendet sich der Fan nicht ab, sondern schreit „Lüge!“. Wenn zwei Politiker Frauen begrapschen, findet man für den aus dem eigenen Team Ausreden, aber wenn es der aus der gegnerischen Mannschaft tat, so ist er Satan. 

Stimmt. Und das ist ein ganz schön beängstigender Zustand. Auch, dass man nur aus diesen zwei Optionen auswählen kann. Das hilft niemandem und ist unfair und beunruhigend. Ich denke einfach, die Leute sollten viel gütiger zueinander sein und nicht so einseitig.

Das ist das Grundproblem der Menschheit, nicht wahr? Dass in der Gesellschaft viele dem Gegenüber argwöhnisch sind und von ihm erst mal das Schlimmste befürchten. Ich meine – wenn zum Beispiel in einem Land Flüchtlinge ankommen, sollte man doch sagen: „Hey, du kannst hier was mit aufbauen, du kannst uns was von dir zuhause zeigen – und wir können die helfen, dich hier nieder zu lassen.“ Wenn jeder zum Anderen offen und freundlich ist, dann kann man gemeinsam zu einer tollen Gesellschaft beitragen. Aber jeder scheint statt dessen zu denken „Oh, die wollen mir was wegnehmen“ oder „Wenn der auch was abkriegt, habe ich weniger!“ oder „Die sehen anders aus als wir, das macht mir Angst!“ – aber das hilft niemandem.  

Es gibt in Nordeuropa eine Gegend, da schließen die Leute ihre Türen nicht ab. Es würde als unhöflich gelten, das zu tun. Dort ist jeder eingeladen, denn man sieht im Gegenüber einen möglichen Freund, nicht einen möglichen Gegner. So eine Gesellschaft ist die, wo wir hin müssen.

Ja, das klingt super.

Ja, das war mal wieder keine Frage, ich weiss. Ich versuche mal wieder, die Probleme der Gesellschaft zu kurieren, in einem Rock-Interview. 

Also, ich glaube, die echten Leute denken andere Dinge, als man in den Nachrichten sieht. Und dabei will ich es belassen. Ich möchte nicht wirklich über Politik reden – denn das ist ja der Grund, warum ich Musik so liebe: Weil ich in meinen Texten nicht über Politik reden muss! Lieber rede ich über die Familie oder über ein Lieblingsessen. Wir haben zur Zeit die richtigen Antworten nicht, aber vieles ist auch außer unserer Kontrolle, also fokussiere ich mich lieber auf das Positive.

Einen habe ich trotzdem noch: Im letzten Song singst du „Stop that train, i wanna get off!“, beinahe panisch. Da frage ich mich natürlich: Für was steht dieser Zug?

Äm… … … also, das ist etwas sehr persönliches. Aber natürlich kann es für alles mögliche stehen, für was immer du willst. Was halt jeweils die Situation in deinem Leben ist, von der du dich überfordert fühlst. So, dass du aufstehen und „STOP!“ sagen musst. Das könnte eine Sucht-Sache sein, Drogen, Alkohol. Vielleicht ist es auch das, worüber du gerade gesprochen hast.

Alles klar. „Sven Sticks Of Dynamite“ steht bereits auf youtube. Deine Fans sind ja sehr leidenschaftlich bei der Sache, deswegen habe ich mal drei Kommentare gepickt. Ein Fan schrieb: „The world’s most underrated band is back!“ Findest du, AWOLNATION sind unterbewertet? Es läuft doch ganz gut für euch.

Also, es läuft super für uns. Aber ich verstehe schon, was der Fan damit sagen will. Wir haben nie einen Preis gewonnen. Wir sind keine Mainstream Band, obwohl ein paar Songs die breite Masse erreicht haben. Ich würde sagen, ich sehe diese Aussage als Kompliment. Dieser Fan steht auf uns und würde das gerne mit mehr Leuten teilen.

Ein Fan schrieb: „Danke, dass ihr nicht die Musikindustrie mit Copy/Paste-Bullshit zufrieden stellt!“

Tja, diesem Fan sage ich: „Vielen Dank für diesen Kommentar! Ich finde natürlich, dass du Recht hast, haha.“

Und zu guter Letzt der Kommentar: „Ich hatte hierzu schon Sex!“

Und das ist vermutlich der beste Kommentar von allen!

Gibt es für dich sowas wie ein Rezept, das du anwendest? Ich finde zum Beispiel, dass ein typisches Lied für dich der „Slowburner“ ist. Die Art Song, die vor sich hin schwelt wie ein Feuer unter einem Teppich. Man merkt, da ist was im Kommen… und irgendwann macht’s WHOOSH! und das Feuer bricht an die Oberfläche. 

Was diesen Song angeht, ist das auf jeden Fall ein guter Vergleich. „Here Come The Runts“ hat einen ähnlichen Vibe. Andere Songs haben einen anderen, offensichtlicheren Aufbau. Aber es stimmt schon, ich stehe auf Lieder, die Twists und Wendungen haben. Das wird auch in Zukunft sicher so sein. Auch alle meine Platten in der Zukunft werden die Art Songs haben, bei denen man nicht weiss, was einen als nächstes erwartet.

Manchmal weiss man, dass der Ausbruch kommt. Manchmal wirkt es dafür umso stärker, wenn der Ausbruch ausbleibt, weil es dann so unaufgelöst bleibt. 

Ich weiss. Das habe ich nämlich auch schon so gemacht. Ich habe die Leute auf die Weise „enttäuscht“ – das ist fast witzig.

Ich glaube, ein anderes Schlüsselwort in deiner Arbeit ist „Einfachheit“. Manche der Texte haben fast was von Abzählreimen, „Miracle Man“ zum Beispiel. Das ist positively primitive.

Hmm. Das ist nichts, worauf ich es anlege, das passiert einfach. Und ich glaube: Wenn da eine Zeile oder eine Botschaft ist, die mir echt wichtig ist, kommt das von selbst. Dieser Song im Speziellen ist natürlich auch sarkastisch. mich erinnert er irgendwie an einen cheesy 80er Janet Jackson-Song, oder White Zombie meets Vanilla Ice meets Metallica und Prince, alles auf einmal. Und David Bowie. Der Song ist ein großer Spaß, finde ich. Er ist auch irgendwie angepisst, und auch das ist gut. Jedes einzelne Lied hat auch ein Element der Wut. Wut, kann, wie ein schlauer Mensch schon gesagt hat, ein Geschenk sein. Ich benutze Musik auch als Ventil für eine Menge Frust.

Du hast tatsächlich ein Hassthema von mir getroffen – jetzt, da ich weiss der Text geht „We need a miracle man“

Ist das so?

Ich HASSE nämlich Superhero-Movies. Ich finde die Fixierung in den USA auf Superhelden ist ein echtes Problem. Weil einem eingetrichtert wird, dass irgendwann aus dem Nichts ein Held auftauchen kann, der alles gerade rückt. Im realen Leben wird aber nichts mit einem Schlag heil gemacht. Man muss geduldig und lange an etwas arbeiten, damit es sich entwickelt. Am Ende werden dann Leute wie Donald Trump gewählt, weil die Leute denken „Wenn dieser Typ am Ruder ist, wird alles ist von heute auf morgen anders!“

Also, so einfach ist das nicht, glaube ich, mein Kumpel. Ich glaube, das ist das, was man uns erzählt. Dass es da draußen wirklich eine große Anzahl von Leuten gibt, die geglaubt haben, er würde was Tolles machen. Eher haben aber beide Parteien einen guten Job gemacht, wenn es darum ging, der Gegenseite Angst zu machen. Diese Wahl war das Ergebnis von auf Angst basierender Taktik – und was hinter den Kulissen abläuft, geht tiefer, als wir uns vorstellen können. Ich glaube, dahinter steckt ein viel größeres Gesamtbild, das wir alle gar nicht durchschauen.

Mir geht’s hier jetzt auch tatsächlich mehr um Filme mit Superhelden. Die peile ich einfach nicht. Diese Art Blockbuster läuft sowas von komplett an mir vorbei – ich habe noch nicht einen einzigen von diesen Filmen zu Ende gesehen. Das packe ich nicht. Irgendwas in mir sagt immer: „Das ist bescheuert!“ Naja, manche Leute mögen sowas, ich tu’s nicht.

Hehe.

Die anderen Male, wenn wir gesprochen haben, sagtest du immer: Vielleicht macht ihr sie noch, die zweite Platte von Under The Influence Of Giants. Wie sieht es damit gerade aus?

Also, aktuell sieht es nicht supergut aus. Nichts ist unmöglich, ich liebe einige dieser Songs immer noch und die Jungs in der Band haben echt alle was drauf gehabt. Es wäre auf jeden Fall cool, noch mal was zu machen, und wenn es nur eine Handvoll Songs sind. Aber du weisst ja, wie’s ist. Das Leben dreht sich weiter, die Leute kriegen Kinder, heiraten, wir werden nicht jünger. Ich weiss also nicht, ob es noch passieren wird. Möglich ist es aber.

Jetzt eine Frage, die man normalerweise in Vorstellungsgesprächen für einen Job kriegt. Da heisst es oft: „Wo sehen sie sich in fünf Jahren?“ Tja, wo siehst du dich in fünf Jahren? 

Oh, ich weiss ja nicht mal, wo ich mich in 5 Monaten sehe! Ich versuche nur, mich durchs Leben zu navigieren. Aber okay, in fünf Jahren, stelle ich mir vor, da werde ich wahrscheinlich gerade mitten dabei sein, ein viertes Awolnation Album zu touren. Oder ich wäre mitten dabei, ein ganz neues Projekt auf die Beine zu stellen. Weiss nicht. Manchmal male ich mir aus, dass dies die dritte und letzte Platte von Awolnation gewesen sein könnte. Weil ich Trilogien mag. Es wäre schon ziemlich cool, wenn dies die letzte Platte wäre, wenn ich dann eine Zeitlang verschwinden würde und zurück kommen könnte mit etwas, mit dem ich mich komplett neu erfinde. Naja, das ist nur so eine Fantasie, die ich mit mir herum trage. Man wird sehen, was passiert. Ich liebe es, Songs zu schreiben und ich liebe die Fans dieser Band. Trotzdem wäre es spannend, eine Zeitlang abzutauchen.

Du kannst doch deinen Fans keine solche Angst einjagen!

Ha, aber wenn ich ihnen diese Angst mache, dann schätzen sie vielleicht umso mehr, was ich jetzt mache!

Alles klar. Okay, meine halbe Stunde ist um! 

Okay, cool!

Vielen Dank für deine Zeit!

Danke, es war cool, wieder mit dir zu sprechen!

Ganz meinerseits – und viel Erfolg mit dem Album!

 

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