Meine Alben 2017, Pt.6 (5-1)

Finaaaaale! Der Countdown geht zu Ende. Hier jetzt also die Top 5 meiner persönlichen Lieblingsalben des Jahres 2017. Wie immer inklusive ein paar Zeilen zu den jeweiligen Platten. Also gut, have fun!

5. The Charlatans – Different Days

Es gibt Platten, die macht man einfach wieder und wieder an. Zum Beispiel zum Frühstück am Samstag. „Was will ich denn jetzt mal hören?“ fragt man sich. Früher hätte man durch die LPs geblättert, heute scrollt man über den Bildschirm. Das Cover von „Different Days“ fällt ins Auge. „Au ja. Die neue Charlatans. Die passt immer.“

Wenn eine Band einen stetig durchs Leben begleitet – und das tun die Charlatans, „The Only One I Know“ ist schließlich von 1990 – dann hat sie natürlich einen Bonus. Man jubelt darüber, wenn ein neues Album kommt, einfach, weil man so viel mit der Band verbindet. Aber in den kommenden Monaten zeigt sich dann: So oft hört man sich die Neue dann gar nicht an. Auch die Charlatans haben schon solche Alben gemacht („Who We Touch“ zum Beispiel). Aber „Different Days“ lief bei mir und lief und lief. Die Charlies haben mit ihrer Nummer 13 ein Karrierehighlight geliefert, das stolz neben „Tellin’ Stories“ oder „Us And Us Only“ stehen kann.

Die Charlatans sind keine Jungspunde mehr, aber sie reifen in Würde. Ich schrieb im Mai:Die Tracks haben eins gemeinsam, und das ist: Die Grundstimmung. ‚Different Days‘ ist trotz der Abwechslung eine sehr konsistente Platte, weil sie auf sehr variantenreiche Weise ein Grundgefühl rüberbringt. Und dieses Grundgefühl […] ist ein seliger, beinahe rührender Optimismus. Ein Positivismus, der prägende Tragödien nicht verschweigt oder verdrängt, sondern sie bewusst zur Kenntnis nimmt, sich mit ihnen befasst – und dennoch zum Schluss kommt: ‚Das Leben ist ein gutes.‘ Das ist jedenfalls das, was ich aus der Platte ziehe.“

4. WHITE – One Night Stand Forever

Für mich die große übersehene Platte des Jahres. Welche Hoffnung gibt’s für Indie-Bands im Jahr 2017, wenn selbst ein so bombiges Debüt wie das von WHITE so wenige Wellen macht?

Was haben die fünf Glaswegians zu bieten? Ich jubelte Ende April: „Rumms-Bazong-schneidiger Tanz-Stampf-Indie a la Bloc Party/Franz Ferdinand/The Rapture ideal auf 2017 upgedatet! Ein dirty Glamfaktor von Suede/Roxy Music’schen Ausmaßen! Songs, die dermaßen reinknallen, dass ich gestern abend wieder GEZWUNGEN war, das Licht auszumachen und in meiner Küche zu tanzen! On top, wie könnte es anders sein: Texte, die das Ganze mit einem zynischen Grinsen zuspitzen!“
Und ich kam zu dem Schluss: „Das, was WHITE auf diesem Album abliefern, ist Synthie-Indie-Schmirgel-Schlauberger-Bazong!-Discorock in Perfektion. In P E R F E K T I O N!“

Mit völligem Unverständnis registriere ich daher, dass dieses Album bisher noch kein Millionenseller ist. Dass uns WHITE-Sänger Leo Condie immer noch nicht von zahllosen Titelseiten entgegen tanzt und scheitelschwingend Posen wirft. In jedem Paralleluniversum sind WHITE Megastars. Nur in diesem nicht. Naja, so haben wir wenigstens einen schnittigen Geheimtipp für uns selbst.

3. Henrik Berggren – Wolf’s Heart

Henrik wer? Das kann nur fragen, wer kein Schwede ist. „Henrik Berggren hat 13 Jahre lang keine neue Platte gemacht. Seine Rückkehr ist ne Sensation, ne absolute Sensation. In Schweden wurde die Berggren-Soloplatte schon zum sagenumwobenen Mythos. Henrik war der Frontmann von Broder Daniel.“ 

So beschrieb ich’s im Mai – und seitdem ist in Schweden so einiges passiert. Zu sagen, dass die so lange zurückgezogen lebende Kultfigur von der SWE-Szenen mit offenen Armen aufgenommen wurde, wäre eine unverschämte Untertreibung. Nicht weniger als ein Triumphzug war Henrik Berggrens Comeback-Tournee – und sieht man sich im Netz die Bilder an, so sind die ersten Reihen voll mit einer neuen Generation von Fans, die zu Zeiten von Broder Daniels „Luke Skywalker“ noch nicht geboren waren und sich dennoch Sternchen-Aufkleber ins Gesicht päppen.

Was einerseits unter Beweis stellt, wie ewiggültig, bewegend und prägend die Songs von Henrik Berggrens alter Band für die schwedische Szene bleiben, auch wenn die Göteborger Sonderlinge im Rest der Welt quasi nicht wahrgenommen wurden. Was andererseits aber auch unterstreicht, dass „Wolf’s Heart“, die Neue, mit den BD-Kultplatten aus den 90ern und frühen 2000ern nicht nur Schritt hält, sondern eine wichtige Addition zum Gesamtwerk darstellt, die das Ganze nur noch mehr vertieft.

2. Slowdive – Slowdive

Viele Bands haben in den Jahren von Slowdives Abwesenheit versucht, den Sound der Band aus dem Themsetal nachzuahmen. Viele sind nah ans Original ran gekommen. Aber auf ihrer ersten Platte nach der Reunion zeigen die Shoegaze-Pioniere, dass sie einen Inhaltsstoff haben, den die Anderen nicht kopieren können: Die ganz eigene, innere Magie.

„Auf „Slowdive“ trauen sich Neil Halstead, Rachel Goswell & Co sogar ein paar Dinge, die sich all ihre Imitatoren aus Ehrfurcht nicht trauen: An ein paar Slowdive-Traditionen zu rütteln. Klar bleibt’s sphärisch, klar bleibt’s betörend. Aber schon der Opener „Slomo“ liefert kristallklare Gitarrenlinien und wird mit seinem handfesten, griffigen Drumbeat zu einer Popnummer, für die sich in der bisherigen Slowdive-Diskographie kein Äquivalent findet. Die Single „Star Roving“ wagt das Unglaubliche: Geschwindigkeit! 144 bpm! Das ist ja das Tempo eines Titels für den Indie-Dancefloor!“ staunte ich im Mai.

Das erste Album der im Nachhinein so hoch geschätzten Briten seit 1995 hätte nicht mehr als eine Nostalgie-Nummer sein müssen und alle wären happy gewesen. Aber „Slowdive“, das Album, ist so viel mehr. Es ist wunderbare, bildhübsche, bezaubernde Klangkunst. Ein Ohrenschmaus. Slowdive schaffen, woran so viele scheitern: Nach der Reunion zu alter Stärke zurück zu finden.

1. Spoon – Hot Thoughts

Meine jubeligste Jubelarie des Jahres schrieb ich im März. Da sagte ich schon: „Schon stark, dass eine Band, die (wenn auch mit stetigen Personalwechseln) seit Mitte der 90er existiert, immer noch zu solchen Metamorphosen, zu so konstanter Weiterentwicklung und zu so frischen Sounds fähig ist. ‚Hot Thoughts‘ ist fantastisch und der erste Kandidat auf das Album des Jahres 2017.“

Es ist dabei geblieben. Das neunte Album von Britt Daniel, Jim Eno & Co ist nicht mehr getoppt worden. Wie auch?

Was Spoon machen, sollte eine Gratwanderung sein. Zwischen experimenteller Kunst auf der einen Seite und hittigem, packendem, poppigen, souligen Indierock auf der anderen. Man sollte denken, dass man da vorsichtig austarieren muss: Bloß nicht zu viel arty werden, damit es noch knallt.

Aber bei Spoon ist diese Grenze kein schmaler Grat. Sondern ein blinkender Dancefloor, mit zuckenden Rock-Kids und sexy knutschenden Pärchen am Rand. Für Spoon ist Experimentieren und den Popnerv zu treffen kein Widerspruch, sondern ein und dasselbe. „Hot Thoughts“ ist voller Wagnisse und bisher ungehörter Sounds, aber auch eine Platte zum Grooven, zum Zucken und zum Schieben. Das ist die beste Kunst: Die Kunst, die einen so mitreisst, dass man vergisst, dass es Kunst ist.

So, das war’s für dieses Jahr.

Ich freu’ mich fei auch über Feedback. Taugen die Listen was? Oder zweifelt ihr anhand dieser Aufstellung an meiner Zurechnungsfähigkeit? Welche Platte war euer Favorit dieses Jahr? Habe ich euch vielleicht hier auf dem Blog auf jemand gestoßen, auf den ihr sonst ggf nicht gestoßen wärt? Nutzt die Kommentarfunktion!

Hier noch mal der komplette Countdown:
2017: (30-26) (25-21) (20-16) (15-11) (10-6)

Interessieren Euch meine Listen der letzten Jahre?
2016: (30-26) (25-21) (20-16(15-11) (10-6) (5-1)
2015: (30-21) (20-11) (10-6) (5-1)
2014: (25-21) (20-16) (15 -11) (10-6) (5-1)

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