Jonas Alaska – „Fear Is A Demon“
Ich will mich hier ja nicht permanent wiederholen. Zum famosen norwegischen Songwriter Jonas Aslaksen alias Jonas Alaska habe ich auf diesem Blog schon öfter was gesagt, zum Beispiel in meinem Text zu seinem letzten Album „Younger“ und auch ein Interview konnte ich hier schon featuren.
Damit ich mich nicht nochmal genau das Gleiche schreibe, probiere ich mal einen anderen Ansatz. Heute gehe ich mal über das Ausschluss-des-Negativen-Prinzip. Wie bei „Wer Wird Millionär?“ – die richtige Antwort finden, indem man die falschen aussortiert.
Also: Es gibt Songwriter, die mich nerven. Oft aus der großen Industrie, aber auch Indies. Mich nerven: Poser.
Posen kann man als Songwriter auf viele Arten. Man kann zum Beispiel so tun, als sei man eine gemarterte Seele, die das Gewicht der Welt auf den Schultern trägt. Sich dann das Hemd aufreißen, pseudo-emotional zum Brüllaffen werden und zuckend mit Joe Cocker-Händen „den Blues“ kriegen. Gerade die, die noch nichts erlebt haben im Leben, überkompensieren inhaltliche Leere gerne durch solche schauspielerischen Glanzleistungen in der Performance.
Man kann sich auch extrem stilisieren. Als Intellektueller zum Beispiel. Worte singen, die man im Sprachgebrauch nicht einsetzen würde. Überkanditelte Arrangements einfahren und mit Pauken und Querflöte ein uninteressantes Liedchen so zukleistern, bis alle beeindruckt glauben, unter all dem Popanz MÜSSE ja was Besonderes stecken.
Oder dieser Möchtegern-Dandy, den ich neulich erleben musste! Der im Trenchcoat mümmelnd und dabei bedeutungsschwanger gestikulierend all die „wir benutzen jetzt bassige Samples und haben einen stehenden Drummer mit Synthpads“-Klischees auftischte, die gerade alle Sampler & Synthpads-Songwriter auftischen und der trotzdem glaubte, originell zu sein.
Umso schöner, dass es Leute gibt, die’s anders machen. Leute wie Jonas Alaska.
Auch auf Jonas’ viertem Album gilt, was für die drei Vorgänger gilt: Der schlaksige Norweger ist eine sympathische, nachdenkliche und liebevolle Persönlichkeit. Das überträgt er in Songs, die augenzwinkernden Witz haben, naive Begeisterung, freundliche Neugier und kleine Portionen Weisheit. Unverstellt, unkompliziert, ohne Vorspiegelung von irgendwas.
Die Lieder von Jonas Alaska werden bestimmt über ihre Inhalte. Die Form steht an zweiter Stelle. Sie ist dafür da, die Geschichten zu illustrieren, aber nicht, sie zu definieren. Das bedeutet für die Arrangements: Leise Balladen wie „Love You Right“ oder „All Coming Down Today“ benötigen nicht mehr als Jonas’ Stimme und eine akustische Gitarre, denn die Kargheit spiegelt die Intimität und die Zärtlichkeit in diesen Liedern. In anderen Songs spielt die ganze Band, vielleicht sogar mit Bläsersatz („Back To School“, „Diamond In The Shadow“). Aber auch wenn mal das Saxophon raus kommt, gilt: Es spielt sich nicht in den Vordergrund, sondern passt sich in die Soundscape ein.
Nun ist es so: Man könnte Jonas Alaska vorwerfen, dass er auf seinem vierten Album nichts macht, das er auf den drei davor nicht schon gemacht hätte. Aber andererseits: Wir haben hier ja niemand vor uns, der jemals so tat, als würde er das Rad neu erfinden. Jonas’ Ding war von Anfang an, drei Dinge zu verbinden: Americana-Songwriting, eine Affinität zu Brit-Refrains und einen skandinavischen, trocken-lakonischen, aber herzlichen Charakter.
Auf seinem dritten Album „Younger“ hatte Jonas eine Modifikation vorgenommen: Ab hier integrierte in sein vorher akustisches Projekt auch die E-Gitarre. Diese hören wir auch auf dem vierten Album wieder – ein Musterbeispiel dafür, wie minimalistisch (aber dafür effektiv) sie eingesetzt wird, wäre der Song „My Girl“.
Einen vergleichbaren Shift im Sound gibt’s diesmal also nicht – aber sowas kann man ja auch nicht erzwingen. Wenn’s erzwungen wäre, wäre es nicht Jonas Alaska. Denn auch wenn’s nix in dem Sinne Neues gibt, das Wichtige bei diesem Mann bleibt… einfach seine Art.
Zum Abschluss richte ich daher noch mal den Scheinwerfer auf den Song „Love You Right“. Man könnte jetzt hergehen und sagen: Okay, eine leise Akustikballade halt. Aber das wird der Sache nicht gerecht. Dies ist ein Liebeslied, und was für eins!
Wenn Jonas auf der Bühne steht, spielt er immer mit seinem besten Freund Mikhail Paskalev und seiner Freundin Billie Van. Es ist richtig niedlich – wenn er Billie vorstellt „This is my girlfriend“, da wirkt er immer noch voll verliebt. Und all die Zärtlichkeit und die Hingabe, die man in einen Song legen kann, legt Jonas in „Love You Right“. Es ist der „October“/„If Only As A Ghost“-Moment auf dieser Platte. Die Minuten, in denen Alaska nicht einfach nur ein herausragender Songwriter, sondern ein berührender, genialer Poet ist. Sentimental? Na und? Jonas Alaska setzt seine Prioritäten richtig. Und dafür liebe ich den Typen.
I don’t have to be anyone
I don’t have to strive for fame
I don’t have to run anywhere
I don’t have to fake my name
I don’t have to hide my darkness
I don’t have to use my skills
I don’t have to find a purpose
I don’t have to pay my bills
and I don’t have to show up and fight
All I have to do is love,
love you right