Interview: Mando Diao

Ich hab’ History mit Mando Diao. Wir haben „Sheepdog“ im Atomic schon aufgelegt, da war die EMI noch zwei Jahre davon entfernt, die Band überhaupt auf den deutschen Markt zu bringen. Ich traf sie um die Zeit lustigerweise in einem Zug in Schweden, seit damals steht ein loser Kontakt. Im Atomic haben die Jungs gespielt und uns danach immer wieder besucht, auch als ihre Münchner Bühnen längst viel größer waren. Ich hab’ die ins Herz geschlossen.

Aber klar, auch ich war nicht immer happy mit allen Entwicklungen. Dass Gustaf Drummer Samuel (den ich besonders gut leiden konnte) nach einem Wutanfall aus der Band geworfen hatte, fand ich immer echt daneben. Gustaf war halt echt ein schwieriger Typ – was ihn aber natürlich auch überzeugend gemacht hat. Aber als zum Schluss „Aelita“ erschien und ich mir von dem Grantler statt eines Interviews eine halbstündige Schimpftirade anhören musste, weil ich mir einen Witz über sein beknacktes Outfit (Stichwort: Weiße Tennissocken) erlaubt hatte, da hatte ich auch erst mal keinen Bock mehr auf den Kollegen.

Gustaf ist inzwischen nicht mehr in der Band. Schwierig, das Ganze. Gustaf war ja nie nur irgendein Mitglied, er war mit Björn DER Fokus der Gruppe. Mando Diao definierten sich selbst zuletzt nur über ihr Frontmänner-Duo, die anderen wurden ausgetauscht, tauchten in den Fotos nicht mehr auf, wurden auf der Tournee unter gesichtslose Gummianzüge gesteckt.

Ist Gustaf nun freiwillig ausgestiegen oder „wurde er gegangen“? Fakt ist, dass Mando beim Comeback auffällig betonen, wie sehr es um die gesamte Gruppe geht. Und wenn ihr neues Album „Good Times“ auch sicher kein „Hurricane Bar“ ist, ist es doch ein Schritt zurück in die richtige Richtung.

Also: Ich wünsche Gustaf, dass er happy wird und dass ihm alles Gute widerfährt. Aber ich glaube auch, dass Weitermachen mit ihm in dem Zustand auch nicht mehr gut gegangen wäre. Björn & Co gehen ihren Weg jetzt ohne Gustaf, that’s the way things go. Jetzt erst mal mein Interview mit Björn, CJ und Patrik. Das führten wir per Skype.

Björn, CJ, Patrik: Hi, Hey there! Wie gehts?

Könnt ihr mich gut verstehen? Ich versuche noch mal, lauter zu machen.

CJ: Wir können dich sehen, das ist das wichtigste!

Björn: Ich habe auch keine weissen Socken an!

Ach, ich hatte ja kein Problem mit den weissen Socken! ich wollte nur einen Witz machen!

Björn: Sorry für den Bullshit, Henning.

Na, kein Problem. 

Björn: Bist du zu Hause?

Nein, ich sitze im Büro. Deswegen konnte ich nicht zum Konzert kommen, weil wir hier eine Deadline haben. Deswegen über Skype. Ich fang gleich mal an, ja? Ihr seid ja sehr beschäftigt! Eine ganze Woche Interviews und Showcases!

CJ: Ja, das läuft so richtig gut.

Björn: Es läuft super, die Bandchemie stimmt – es ist einfach gut, zurück zu sein. Doch, es macht Spaß.

CJ: Die Show gestern hätte dir gefallen. Es war wie früher im Atomic.

Das klingt gut. Das Atomic gibt’s ja leider nicht mehr.

Björn: Davon haben wir gehört.

CJ: Olivia hat es mir erzählt. Und hast du es mir nicht auch mal geschrieben?

Das Gute daran ist, dass ich jetzt mal andere Dinge am Wochenende mache. Ich trinke natürlich auch weniger. 

Björn: Hahaha!

Im Ernst, ich habe voll abgenommen! Weil ich jetzt statt dessen Rad fahre und so. Aber wir sind hier, um über euch zu reden und über die neue Platte! Viel ist passiert seit der letzten! Tja, Menschen verändern sich, was? Freundschaften gehen vorbei. Beziehungen gehen vorbei.

Björn: Ja.

Tja, ich glaube, das war sowas wie eine Frage, ich glaube, ich erwarte einen Kommentar von euch. 

Björn, CJ und Patrik lachen verlegen.

CJ: Also gut – was passiert ist, ist dass Gustaf uns vor zwei Jahren eines Tages sagte, dass er nicht mehr in der Band dabei sein wollte. Er wollte andere Dinge tun, nicht mehr teilnehmen an den Aktivitäten der Band, solche Dinge. Wir haben einen Tag über die Sache nachgedacht, uns besprochen und eine Entscheidung getroffen. Und wir sagten uns: „Wir haben hier eine schöne Sache ins Laufen gebracht. Wir lieben uns als Typen, wir machen unglaublich gerne Musik zusammen. Wir hatten angefangen, die Musik im Team zu schreiben und auch daran eine irre Freude. Warum sollten wir damit nicht mehr weitermachen, nur weil er es nicht mehr will? Also entschieden wir uns klipp und klar, weiter zu machen und wir sagten: Wisst ihr was? Lasst uns auch gleich eine neue Platte machen! Lasst uns wieder touren! Lasst uns das machen! Lasst uns tun, was wir gerne tun! Last uns tun, was wir bis hierher gemacht haben!
Wir sind jetzt auch nicht mehr in dem Alter, wo man noch mal auf die Uni geht. Dies ist die einzige Sache, die wirklich können, und wir lieben es. „Was arbeitet dein Vater?“ „Manchmal zieht er ein Kostüm an und spielt Gitarre!“

Björn: Wir sind Piraten, Henning! Und Piraten können niemals einen anderen Job haben, als Piraten zu sein.

CJ: Stell dir Björn mal als Bauarbeiter vor! Da ist er nicht der Typ für!

Björn: Es ist die Leidenschaft! Die Leidenschaft und die Liebe für die Musik und für einander. Und die Leute kommen und gehen. Das war wirklich ein sehr interessanter Prozess diesmal. Wir sind eine große Familie auf dieser Platte. Sogar mit Samuel haben wir einen Track aufgenommen, den Titelsong „Good Times“. Das kam völlig unerwartet – ich hatte ihn ein paar Jahre nicht gesehen! Aber wir trafen uns auf einen Kaffee, und es war wirklich nett – und dann buchten wir eine gemeinsame Session und dabei entstand der Song. Man weiss nie, was passiert! Offenbar sind wir eine Band, in der die Leute kommen und gehen. So ist das eben – aber das passiert ja vielen Bands. Man muss sich ja nur mal die Red Hot Chili Peppers anschauen. Die tauschen auch manchmal die Mitglieder aus.

CJ: Wobei ich glaube, dass diese Gang jetzt eine ganze Zeitlang zusammen bleiben wird.

Björn: So fühlt es sich jedenfalls an.

Ich freue mich wirklich sehr, das mit Samuel zu hören. Ich bin ja immer mit ihm in Kontakt geblieben und er war am Anfang schon sehr verbittert. Da freut es mich sehr zu hören, dass sich das eingerenkt hat.

Björn: Ja, und mit Mats ist es nicht anders.

CJ: Ja, total. Mit Mats habe ich viel gearbeitet – wir haben eine Platte gemeinsam mit einem anderen schwedischen Typen gemacht. Und Björn, Samuel und ich haben schon eine neue Session eingeplant. Samuel hat letzten Sommer auch ein paar Konzerte mit uns gegeben. In Dalarna in Schweden und in Gröna Lund in Stockholm. Das war nett.

Ach, das höre ich wirklich gerne. Ich bin aber erstaunt, dass Gustaf angeblich freiwillig ging. Ich habe dieses Interview gesehen, das er im schwedischen Fernsehen gab, und da wirkte er sehr überrascht. Da dachte ich, er sei aus der Band geworfen worden und dass es nicht seine Entscheidung war.

Björn: Es war definitiv seine Entscheidung! Das war sie immer, und das wird immer so sein.

Patrik: Es hat sich aber natürlich angedeutet über das letzte Jahr. Es hat uns nicht wirklich überrascht, als er es ausgesprochen hat.

CJ: Er hat exakt diese Worte benutzt: „Ich möchte nicht mehr Teil dieser Gruppe sein!“ Und dazu sagten wir: Okay. Und dann sammelten wir ein Jahr unsere Kräfte, nahmen die neue Platte auf, und hier sind wir und reden mit dir.

Ja, und die Platte trägt auch sicher nicht ohne Grund den Titel „Good Times“. Denn die guten Zeiten möchtet ihr damit herauf beschwören, oder?

CJ: Das ist die eine Sache. Die andere ist: So, wie es gerade in der Welt läuft – das sind ja nicht gerade die besten Zeiten. Da gibt’s einige Probleme im Osten und im Westen, speziell aufgrund von zwei Typen. Du weisst, von wem ich rede – der eine ist blond, der andere hat überhaupt kein Haar. Die zwei machen die Welt… weniger gut. Aber wir wollen die guten Zeiten, wir wollen das Schöne im Leben schätzen. Der Albumtitel ist auch ein bisschen ironisch. Das wird man sehen, wenn man die Vinyl oder die CD in den Händen hat und die Rückseite des Covers sieht. Die wird den Titel und das Artwork erklären.

Die Vorderseite habe ich heute gesehen. Es sieht ein bisschen nach einem ironischen Paradies aus, mit den Flamingos, den Waschbären und all den anderen Tieren. 

CJ: Du hast nur die Vorderseite gesehen, aber die Rückseite ist tatsächlich wichtig für den Zusammenhang. Da ist ein Twist.

Ihr seid jetzt auch wieder eine Rock’n’Roll-Band.

Björn: Das sind wir immer gewesen! Das haben wir auch schon vor Jahren gesagt – wir haben ja nie ein Genre verlassen, wir lieben alle Arten von Musik. Wir lieben Techno genauso wie Rock’n’Roll, wir lieben alte Musik, neue Musik. Wir wollen, dass unsere Musik eine Reise ist, wir möchten in verschiedenen Dimensionen unterwegs sein.

CJ: Bei dieser Sache war es vor allem wichtig, die Gruppendynamik wieder in die Gänge zu kriegen. Gemeinsam zu spielen. Wir haben jetzt schon viele verschiedene Dinge gemacht, da wollten wir mal wieder back to the roots. Dass alle in einem Raum spielen – die meisten Songs haben wir sogar live eingespielt. Darauf haben wir es diesmal angelegt, diese Bandchemie wieder herzustellen.

Björn: Und das, schätze ich mal, nennt man dann wohl Rock’n’Roll.

Ich verstehe ja den Drang und die Notwendigkeit, dass man sich als Band entwickelt. Und ich respektiere das. Aber ich verstehe auch, dass einige alte Mando Diao-Fans mit der „Aelita“-Tour nichts anfangen konnten. Mein Vergleich ist immer der: Sagen wir mal, du bist Koch und machst die beste Pizza der Stadt – aber du willst dich weiterbilden und machst jetzt moderne Fusions-Küche. So Algenschaum-Pastete und was weiss ich. Dann hast du dich als Koch weiter entwickelt – aber du kannst von den Stammkunden deiner Pizzeria nicht verlangen, dass es ihnen schmeckt. 

CJ: Mm-hmm.

Björn: Also, ich bin immer noch stolz darauf, dass wir „Aelita“ gemacht haben. Was ich persönlich im Nachhinein bedauere, ist die Art, wie wir das Ganze verpackt haben. Ich glaube, diese Präsentation war letztlich nicht so klar wie die Ideen, die eigentlich hinter dem Projekt standen. Wir hatten gute Ideen, wie wir das präsentieren wollten. Aber ich glaube, genau diese Präsentation ist letztlich gescheitert. Die Musik selbst, das ist ja keine Raketenwissenschaft. Das sind ziemlich geradlinige Songs. Ein paar mehr Synthies haben wir verwendet – aber so anders war das auch nicht, denn einen Keyboarder hatten wir immer in der Band. Aber die Präsentation, die haben wir wirklich verkehrt gemacht.

CJ: Interessant ist aber auch – wenn du sagst, ein paar Fans fühlten sich vor den Kopf gestoßen – das ist doch irgendwie auch das Schöne an der Entwicklung einer Band. Wenn man Fan von etwas ist, ist es doch auch völlig okay, mal zu sagen: „Okay, das hier ist nicht mein Geschmack!“ Man kann dann doch was Anderes hören und das ist völlig okay – das ist doch klasse! In so vielen anderen Dingen im Leben kann man sich nicht abwenden und davon lösen. Aber bei Kunst kann man auch gehen und Gefallen an etwas Neuem finden, und das ist was Schönes. Nicht jeder muss alles mögen.

Was ich zum Beispiel sagen muss: Auf der Aelita-Tournee, da trat die Band auf, als bestünde sie nur aus Gustaf und Björn. Der Rest der Band wurde in Gummianzüge gesteckt.  Ich bin auf dem Münchner Konzert nach vorne an die Bühne gegangen und war mir nicht mal sicher, ob das überhaupt wirklich du unter dem Gummi warst, CJ. Und ich dachte mir: Wenn ich in deiner Position gewesen wäre, hätte ich zu Björn und Gustaf gesagt: „Vergesst es! Ich bin seit Ewigkeiten in dieser Band! ich muss mich doch jetzt nicht unter Gummi verstecken!“ 

Björn: Aber das wart schon ihr unter den Anzügen, oder?

CJ: ich hoffe doch, oder? Nein, im Ernst. Das war Theater, das war eine Aufführung. Ich fand es eigentlich ganz witzig. Ich würde es nicht noch mal machen – aber zu der Zeit fand ich es wirklich amüsant.

Patrik: Ja, wir hatten unseren Spaß, oder?

CJ: Es war halt heiß wie die Hölle.

Björn: Wir hatten diese Vorstellung, etwas wirklich außerirdisches zu machen, etwas, das nicht von dieser Welt war. Aber wie ich schon gesagt habe: Es steckten so einige wirklich coole Ideen hinter dieser Präsentation, aber es gab auch Dinge, die wir echt verbockt haben. Wo wir unser Ziel absolut verfehlt haben und das, was am Ende heraus kam, nicht das war, was wir uns vorgestellt hatten.

CJ: Aber das ist das witzige an „Good Times“: Diesmal haben wir uns absichtlich keine weiteren Gedanken gemacht und nichts doppelt und dreifach überlegt. Wir hatten diese Gruppenmentalität entwickelt, in der wir totalen Respekt und echte Liebe zueinander walten ließen. Dadurch sind wir wirklich zu den allerbesten Freunden geworden und deswegen ist die Musik jetzt so erfüllt mit Liebe und Energie.

Björn: Ja, so ist das.

Sprecht ihr denn zur Zeit noch mit Gustaf oder ist er völlig weg vom Fenster?

Björn: Also, aktuell sprechen wir nicht miteinander. Aber man weiss nie, wie das Leben läuft. So war das auch, als Samuel ging. Zwei, drei Jahre lang haben wir nicht miteinander gesprochen. Zum Teil liegt das auch daran, dass wir so beschäftigt sind. Wir achten darauf, dass wir immer beschäftigt sind. Wir nehmen auf, wir touren, wir sind für unsere Familien da.

CJ: Schon witzig – zur Zeit reden wir dafür miteinander jeden Tag, stundenlang, über alles. Länger kann man gar nicht telefonieren. Wenn wir noch mehr telefonieren würden, würden uns unsere Frauen aufs Dach steigen!

Die Sache ist halt die: So einige der neuen Songs kann man so deuten, dass sie über Gustaf gehen. Mein Lieblingslied der Platte zum Beispiel, „Brother“. 

Björn: Ah, interessant.

„Brother, I’ve been fooling myself cause you don’t love me anymore“ – das könnte um zwei Freunde gehen, deren Freundschaft endet. Das Gleiche gilt für „Dancing All The Way To Hell“. 

CJ: Ist das nicht das Schöne an Texten, dass man sie verschieden auslegen kann?

Liege ich denn komplett falsch, wenn ich sie so interpretiere?

CJ: Du liegst nicht falsch – und zwar deshalb nicht, weil das Gute an Lyrics doch ist, dass sie für jeden was Eigenes bedeuten können. Ein jeder kann das, was er für die richtige Interpretation hält, in einen Text hinein legen. Das ist ganz dir überlassen. Das ist genauso, wie wenn du auf eine Kunstausstellung gehst. Die siehst ein großes rotes Bild mit einem Punkt in der Mitte und jemand sagt dir: „Das ist Jesus!“ – aber du sagst „ich glaube, das ist was Anderes“ Du kannst rein interpretieren, was immer du willst. Ja, die Texte gehen um Beziehungen, um verlorene Liebe oder Freundschaften. Wenn du den Text auf dich selbst anwendest, geht es vielleicht darum, dass Henning seinen besten Freund Franz verloren hat. Weil ihr über ein Fußballteam gestritten habt, du weisst, was ich meine.

Ich bin ja schließlich bekannt dafür, wie ernst ich meinen Fußball nehme!

Björn: Haha, das wissen wir!

CJ: Wir hatten jedenfalls keine spezielle Person im Sinn, aber wir unterhalten uns viel über Beziehungen und unsere Texte gehen sehr oft über Liebe, über verlorene Liebe, verlorene Freundschaft, Liebe untereinander und solche Dinge. Das war lange schon ein Thema für Mando.

Björn: Was jetzt speziell „Brother“ angeht, die Idee von Patrik und mir bei diesem Song war, eine Film Noir-Story zu erzählen. Es geht um eine zerbrochene Beziehung, in der man seinen Bruder um Hilfe bittet.

Patrick: Damit er einen aufbaut.

Björn: Ja, er soll einen aufbauen und dafür sorgen, dass es einem wieder besser geht.

CJ: Das ist doch, wie wenn man einen Anruf macht: „Bruder, ich habe mir was vorgemacht, sie liebt mich nicht mehr.“ Was soll ich jetzt tun? Komm, lass uns auf einen Kaffee treffen oder auf ein Bier, damit ich mein Herz ausschütten kann. Darum geht’s.

Alles klar.

Björn: Und „Dancing All The Way To Hell“ – da geht’s mir um den Geisteszustand des Planeten. Ich dachte an all die verrückten Leute in der Politik, wie zur Zeit in Amerika.

CJ: „Without Love“ ist einfach eine Beziehungsgeschichte. Du bist mit jemandem zusammen, aber diese Person nutzt dich aus. Du brauchst aber eine Zeitlang, es wahr zu nehmen – bis dir plötzlich klar wird: So kann das nicht weiter gehen. Ich muss hier raus. Es ist bei solchen Narzissten und selbstbezogenen Menschen dann immer so, dass sie dann zurück wollen, was sie hatten – aber da muss man dann „Nein“ sagen können und standhaft bleiben. Vielleicht hattest du ja auch mal eine Freundin, bei der du merktest, dass sie sich nicht mehr anstrengt für die Beziehung – aber als du sie verlässt, rennt sie dir plötzlich wieder nach.

Björn: Aber noch mal – das sind unsere Vorstellungen dazu, aber die Texte sind dafür da, damit jeder seien eigene Bedeutung rein legt. So einfach ist das.

Ich komme mir natürlich auch ein bisschen doof dabei vor, in all diesen Sachen zu graben, die für euch zwei Jahre alt sind und abgehakt sind. Aber wir müssen natürlich trotzdem fragen.

Björn: Das geht schon in Ordnung.

Zwei Gustaf-Fragen muss ich jetzt noch stellen. Die erste: Eure Band war ja immer ein zweiköpfiges Biest. Zwei Sänger, die sich aneinander hoch gezogen haben – und der Kontrast zwischen den beiden Sängern war das charakteristische an dieser Band. Hat es euch nicht auch ein bisschen Angst gemacht, dass euch dieses Element jetzt fehlt und dass ihr das jetzt irgendwie ersetzen müsst?

Björn: Dieses Element zu ersetzen, ist natürlich unmöglich. So haben wir erst gar nicht gedacht. Wir sehen das jetzt als neue Ära. Ich meine, natürlich hatten wir ein bisschen Schiss davor, wie diese neue Ära sich entwickeln würde. Aber dann lief es ab, wie es immer bei uns ablief, in all den Jahren: Wir haben die Sache erledigt, indem wir gemeinsam gespielt, gemeinsam Musik gemacht haben.

Patrik: Ich erinnere mich genau daran, wie es war, als wir die ersten Liveshows ohne Gustaf gespielt haben. Es war so: „Verdammt, das ist fantastisch!!“

Björn: Genau so war’s.

Patrik: Und damit war die Sache einfach okay.

CJ: Danach haben wir einfach darauf konzentriert, eine verdammt gute Liveband zu sein und nicht darauf, uns Gedanken darüber zu machen, dass es jetzt anders ist als früher.

Die andere Gustaf-Frage wollte ich eurem neuen Gitarristen Jens stellen. Er musste schließlich in sehr große Fußstapfen treten. Hatte er nicht vielleicht ein bisschen Angst davor, was das Publikum sagt, wenn sie keinen Gustaf kriegen? 

CJ: Das wichtige ist ja, dass Jens niemanden ersetzt. Er nimmt eine neue Rolle ein, die es früher nicht gab in der Band. Er ist ein Gitarrist und ein Songwriter – und so jemand wie ihn hatten wir vorher nicht im Team. Wir wollten uns dann einfach auf die positiven Seiten der Veränderungen fokussieren. Wir haben die Ängste ausgeblendet und wir haben nicht zugehört, wenn uns Leute sagten „Das ist nicht mehr das Gleiche!“ Wir haben das beiseite gelegt, damit zu dem werden konnten, was wir jetzt sind. Um uns das Selbstvertrauen wieder aufzubauen, dass wir das auch so stemmen können.

Björn: Genau.

CJ: Es mag also komisch klingen, aber wir mussten uns einfach auf uns konzentrieren – und nicht darauf, was früher mal war.

Was ich so höre, ist ja auch alles positiv. Das Echo auf eure Festivalauftritte war sehr gut, die Leute haben euch offenbar wieder ins Herz geschlossen. Und sie sind froh, Mando Diao als Rock’n’Roll Band zurück zu haben. 

CJ: Na, das hört man doch gerne.

Björn: Unsere Erwartungen sind jedenfalls bei weitem übertroffen worden.

Patrik: Ich glaube, das spiegelt einfach den Spaß, den wir zur Zeit haben.

Björn: Genau.

Patrik: Wir spielen zur Zeit so gut miteinander, wir haben das totale Selbstvertrauen in unsere Live-Qualitäten und wir haben eine gute Platte gemacht, das wissen wir. Wir haben alles gegeben, deswegen sind wir uns auch sicher, dass es den Leuten gefallen wird.

Wie sehen denn so die nächsten Pläne aus?

CJ: Sommerfestivals, natürlich. Southside und Hurricane – und in ganz Europa sind wir unterwegs. Sehen wir uns vielleicht beim Southside?

Ehrlich gesagt bin ich nicht so der Typ für die riesigen Festivals. Kleine Festivals vielleicht, und Clubgigs. Ich schlafe nicht mehr im Zelt – da bin ich zu alt für!

Björn: Ha, das verstehe ich!

CJ: Naja, jedenfalls ist das das, was wir in der nächsten Zeit tun. Wir arbeiten am Erfolg der Platte und sorgen dafür, dass sie ihr Leben entwickelt. Außerdem hat der Prozess, die nächste Platte zu machen, schon begonnen. Wir schreiben Songs, jeder werkelt in seinem eigene  Studio an Demos… ich und Björn wollen wieder einen neuen Song mit Samuel schreiben… Patso will mich in Halmstad besuchen, damit wir bei mir schreiben, oder ich fahre zu ihm nach Luleå…

Björn: Wir hören nicht auf, das Piratenschiff ist wieder auf See! Das ist einfach, was wir tun. Tag für Tag, so viel Spaß haben wir möglich!

Ich gehe noch mal zurück an den Punkt, wo euch Gustaf gerade verlassen hatte. Habt ihr damals auch diskutiert, vielleicht einen neuen Namen zu verwenden? Oder war es von vornherein klar, dass dies Mando Diao bleibt?

CJ: Naja, darüber haben wir schon nachgedacht – so etwa einen Tag lang. Aber dann dachten wir: Nee, lassen wir alles, wie es ist, die Band, der Name, alles. Wir haben so lange an dieser Sache gearbeitet, wir wollten das nicht wegwerfen. Nur, weil einer von uns nicht mehr mit uns arbeiten will, wollten wir nicht alles in die Tonne treten.

Björn: Das wäre gewesen, als hätten wir unser Leben weggeworfen. Das will man ja auch nicht.

CJ: Man begeht ja auch nicht Selbstmord, weil es ein Freund getan hat.

Es ist ja auch so: Drei Mitglieder der Band, die heute Mando Diao sind, sind auch auf dem ersten Albumcover zu sehen.

Björn: Ja, hahahaha!

CJ: Wenn man’s so sieht – ich meine, als ich bei Mando Diao angefangen habe, da waren es ich, Hagge und Björn. Danach kamen Gustaf und Samuel dazu. Jetzt sind es wieder ich, Hagge und Björn – aber eben mit zwei anderen Mitgliedern.

Patrik: Ich bin ja auch schon seit Ewigkeiten dabei.

CJ: Stimmt, Patso ist seit 2003 in unserem Team.

Björn: Zuerst war er unser Roadie und hat unsere Instrumente getragen, und ab 2011 hat er dann auf die Trommel gehauen.

CJ: Und er hat ja lange schon unsere Platten mitproduziert.

Björn: Stimmt, das hat er ja auch.

CJ: Wir haben damals zu ihm gesagt, als er anfing: Bürschchen, wenn du für diese Band arbeiten willst, dann musst du für jeden Job offen sein.

Wusste ich’s doch, dass ich dein Gesicht kannte, als du das erste Mal auf Bandfotos auftauchtest!

CJ: Und es ist ein sehr schönes Gesicht!

Natürlich habe ich dich trotzdem gehasst dafür, dass du Samuel ersetzt hast, meinen geliebten Samuel!

(alle lachen)

Patrik: Tja, was will man machen?

Dann zum Schluss noch eine Frage zu Jens: Woher kanntet ihr ihn, wie lange kanntet ihr ihn, und was hat euch gesagt, dass er der Richtige ist? Wie war’s, als ihr ihn gefragt habt und wie hat er reagiert?

CJ: Wir haben ihn über einen Guru in Indien kennen gelernt, haha.

Björn: Ich habe ihn über unseren Manager Carlos kennen gelernt. Er hat Musiker gescoutet, die mit mir Songs schreiben sollten. Da ging es gar nicht um Mando, da ging es um Songs, die für andere Projekte sein sollten. Man hat uns also miteinander verknüpft und dann wurden wir gebeten, einen Song für Robin Thicke zu schreiben. Wir setzten uns dann einen Nachmittag zusammen, aber schon nach einer Stunde sagten wir uns: „Wir schreiben nichts für Robin Thicke, denn wir haben einen völlig anderen Vibe! Schreiben wir einfach was ganz anderes, probieren wir was aus.“ Und an dem Tag schrieben wir „Hit Me With A Bottle“. Tja, und das hat einfach Spaß gemacht. Er ist ein super Typ und ein sehr, sehr talentierter Gitarrist. Als Gustaf ging, da war es sehr leicht, zu sagen: Ich habe zuletzt viel Zeit mit Jens verbracht, einige Wochen – da war es ganz logisch, ihn mal als Gitarristen auszuprobieren. Und der Rest der Band…

CJ: Es war Liebe auf den ersten Blick! Nach ein paar Shows haben wir gleich gesagt: Lasst uns hier keine unklaren Situation haben – machen wir ihn jetzt gleich zum offiziellen Mitglied, zu einem von uns – und das war unsere allerbeste Entscheidung!

Tja, dann freue ich mich hiermit, dass für euch alles wieder so positiv aussieht.

Björn: Und wir erst!

Ich freue mich darauf, euch hoffentlich bald über den Weg zu laufen.

Björn: Ja, dann trinken wir ein paar Bier!

Es war prima, euch wieder zu sehen, viel Glück und Erfolg, auf bald!

Björn, CJ, Patso: Pass gut auf dich auf, auf bald!

3 Kommentare zu „Interview: Mando Diao“

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