FEWS – „Means“
Drei Schweden, ein Ami und eine Bandgeschichte, die es vor zwanzig Jahren so nicht hätte geben können. Weil die sozialen Medien darin eine Hauptrolle spielen: Nachdem David aus Malmö mit 15 seine ersten Songs auf myspace stellte, meldete sich Fred aus Kalifornien als sein erster Fan. Die beiden schrieben sich von da an regelmäßig, weil sie sich für die gleichen Lieblingsbands begeisterten und die gleichen Vorstellungen hatten, wie die ideale Band klingen sollte. Die beiden kamen so gut miteinander klar, dass Fred schließlich von San Francisco nach Schweden auswanderte. David holte noch zwei Kumpels aus Göteborg an Bord (names Rusty und Lulu – Nachnamen gibt’s nicht bei dieser Gruppe) und fertig waren die FEWS.
Wer die Bands waren, für die Fred und David sich begeisterten? The Cure müssen dabei gewesen sein, Carlos von Interpol war’s auf jeden Fall (denn das haben sie in Interviews gesagt). Ich höre auch noch die Dissonanz von Sonic Youth, die Repetition der frühen Stereolab, die Rhythmik bzw Motorik des Krautrock und die zweite Generation der Shoegazer (= mehr Radio Dept. als Slowdive). Alles Elemente, die wir schon kennen – die FEWS aber tatsächlich so gezielt einsetzen, dass sie ihre eigene, wiedererkennbare Nische zimmern.
FEWS Songs bauen sich aus den quasi immer gleichen distinktiven Elementen auf. An erster Stelle steht eine Gitarre, die auf den hohen Bünden One-Note-Achtel-Melodien spielt. An zweiter Stelle kommt Gitarre zwei, die meistens eine ähnlich gelagerte Kontermelodie spielt, auf tieferen Bünden. Akkorde werden hier normal nicht durchgezogen. Der Bass (Element drei) spielt dann eine dritte Kontermelodie, wobei das Carlos/Interpol-Vorbild heraus zu hören ist. Die letzten Elemente sind, klar, die Drums (die normalerweise im steten linearen Rhythmus nach vorne drängeln) und der Gesang von Fred, der meistens wieder einer neuen, vierten Melodieführung folgt. Das Ergebnis ist schon ziemlich brillant. Wie sich die einzelnen Lines immer miteinander verflechten, während die pushenden Drums sie nach vorne treiben, das entwickelt einen prima Drive.
Was man allerdings denken sollte, ist, dass dieses immer in Variationen angewandte Schema über ein komplettes Album irgendwann ausgereizt ist. Das passiert aber nicht. Langeweile kommt keine auf.
Deshalb, weil FEWS auch innerhalb des Schemas genügend Wege finden, Dinge zu verändern. Die Gitarren sind mal verzerrter, mal klarer. Das kann in den poppigeren Momenten schon mal an einen Song wie The Drums „Money“ oder ans jüngste DIIV-Album erinnern, an anderen Stellen sägen FEWS aber so rein, dass The Drums weit, weit weg sind.
Auch die agilen Rhythmen wandeln sich von Song zu Song: Die Single „100 Goosebumps“ zum Beispiel flitzt offiziell mit 130 bpm daher – fühlt sich aber eher an wie 260 bpm, weil die Beats gedoppelt werden. Und dann ist da die Eigendynamik der Songs: Ein Song wie „Zlatan“ (die Band gründete sich nun mal in Malmö) rauscht in kaum mehr als 2 Minuten durch. Der finale Song dagegen („Ill“) zieht das FEWS-Konzept über acht Minuten lang durch und wird somit zur hypnotisch-helikopternden Noise-Rausch-Orgie.
Einmal allerdings geht die Variation in die Hose: Auf „I Keep On Telling Myself“ nehmen die vier alles Gas raus. Übrig bleibt kein hypnotischer Slowburner a la Low, sondern einfach nur vier verlorene Minuten langweiliger Stagnation.
Trotz des Aussetzers: Was wir hier haben, ist eine Band, die einer ganz klar umrissenen Klangästhetik folgt und diese in zahlreichen, minutiös modifizierten Varianten durchspielt. Das macht „Means“ zu etwas, was es gar nicht mehr so oft gibt, da Bands heute ja gerne Eklektizismus vorleben: Zu einem in sich geschlossenen Klangbild, von der ersten bis zur letzten Note. Dass es ein Klangbild ist, das meinem persönlichen Geschmacksideal von Indierock sehr nahekommt, ist natürlich noch umso besser.