Review: Rolling Blackouts Coastal Fever

Talk TightRolling Blackouts Coastal Fever – „Talk Tight“

Indiegitarren sind halt doch das Geilste!

Manchmal stößt man auf eine Band und weiss nach 30 Sekunden: Die schließe ich ins Herz! Die haben’s gepeilt! Die machen das Richtige! Das ist super! Das ist schlau! Das ist genau das, was ich kenne und liebe, aber das ist auch keine Kopie, denn es hat Persönlichkeit!

Willkommen in meinem Leben, Rolling Blackouts Coastal Fever!

Rolling Blackouts CF klingen so sehr nach Melbourne, dass es weh tut. Gut weh tut. Sie tun das, was Twerps, Dick Diver, Lower Plenty und The Ocean Party tun – also in der Hängematte die Go-Betweens updaten und mit eigener Identität aufladen. Janglepop in sonnig-melancholisch. Dolewave, if you will. Die Rolling Blackouts formen innerhalb dieses Dolewave-Rahmens ihr eigenes Dings, das sie selbst am besten erklären: Sie nennen ihre Musik nämlich „Soft Punk / Tough Pop“. Das kommt hin. Ihre Songs sind flotter als die meisten ihrer Stadt-Kollegen. Die Band hat drei Sänger und drei Gitarristen: Zwei E-Gitarren, die miteinander korrespondieren, und einen mit Akustischer, der die Akkorde strummt. Der Bassist spielt dazu Läufe, die aus den Fingern von Andy Rourke kommen könnten. Dem Drummer wurde laut Interview gesagt, er solle „bloß keinen Scheiß“ machen, daran hält er sich – seine trockenen Beats sind genau das, was die 22 Saiten brauchen, um gebündelt zu werden.

Übrigens: Ich LIEBE es, dass diese Australier als ihre drei Einflüsse neben den offensichtlichen Go Betweens und Orange Juice auch Schwedens The Embassy angeben. Denn die Göteborger zählen auch zu meinen großen Favoriten, aber sie sind definitiv, wenn’s das Wort gibt, unterbeachtet. Nicht unterbewertet – wer sie kennt, schätzt sie. Aber die Welt nimmt zu wenig Notiz von ihnen. Dass RBCF zu denen gehören, die’s tun, das macht mich happy.

Rolling Blackouts Coastal FeverLyrics. „You said the paintings are losing all their colour, darling do you wanna take them all down to the ground?“ Jetzt sind wir an dem Punkt, an dem man nichts mehr erklären kann. Vielleicht kommt dieses Bild ja genau so bei Euch an wie bei mir? Vielleicht möchtet ihr die Band jetzt wie ich drücken für die Art, wie sie Situationen auf den Punkt bringt? Oder vielleicht kratzt euch diese Zeile gar nicht. Auch okay,  aber dann weiss ich nicht, ob ich euch nahebringen kann, warum mich sowas packt. Für mich ist es ein Erzählstil mit Courtney Barnett’scher Power (die ja auch Melbournerin ist) – diese Art, ein Detail zu picken und damit das große Ganze zu treffen.

Tough Pop. Stimmt schon, diese Jungs machen was, das andere Dolewave-Bands nicht machen, nämlich auch mal rasant Gas geben. Nicht so, dass es aggressiv wird – aber es wird flott. „Wide Eyes“ und Clean Slate“ preschen in einem Tempo daher, das die Twerps und Dick Diver nie anschlagen (und Lower Plenty erst recht nicht). „Heard You’re Moving“ hat eine Smiths-eske Mitschnipsigkeit, auch nicht typisch für die Dolewave-Kollegen.

Die Sache mit den drei Sängern entpuppt sich auch als prima Stilmittel. Es ist dabei nicht so, dass die Jungs je Harmonien singen würden. Nee, es kommt immer nur einer dran, aber man wechselt sich innerhalb der Songs ab, und daraus entspinnt sich sowas wie eine Konversation. Manchmal ein Hin und Her, eher aber ist es so, dass ein Punkt dadurch betont wird, wenn der Kollege einstimmt und seinen eigenen Teil beiträgt. Auf jeden Fall eine interessante Dynamik.

Sieben Songs befinden sich auf dieser ersten internationalen EP.  Ein jeder Song ist superschlau getextet: „Write Back“  grinst über Tinder & Co. „Heard You’re Leaving“ erzählt von einer Jugendliebe, die Australien verließ – und zwar so, dass man mitfühlt: „When were you gonna tell me?“ Ein jeder dieser Songs hat so prima interagierende Gitarren, dass es einem Indiefan Freudentränen in die Augen treiben muss. Mein Gott, dies ist genau das, was ich liebe. Die Mischung aus Cleverness, spöttisch-selbstironischem Humor, Bazong-Rhythmen und lässig-schräg-poppigen Gitarren sind auf meine Musikvorlieben so zugeschnitten, als hätte man sie meinen Gehörgängen so angepasst wie diese Ohrenschützer, die man sich individuell anfertigen lassen kann.

Willkommen in meinem Leben, Rolling Blackouts Coastal Fever! Wir werden noch viel Freude miteinander haben.

Ranking RBCF

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