Rey Pila – „The Future Sugar“
Ich war noch nicht in Mexiko. Aber man liest immer, dass Indie in diesem Land unglaublich gefragt ist. Es riesiges Kontingent von Morrisseys hingebungsvollsten Konzert-Hinterher-Reisern sind Mexikaner. Selbst die Delays erzählen von Beatles-ähnlichen Szenen mit kreischenden Fans, die sie schon auf der Rollbahn empfingen, als sie aus dem Flieger stiegen. Wenn Indie also in Mexiko so eine Riesensache ist, warum kennen wir dann so wenige Bands von dort?
Das ändert sich jetzt.
Señoras y Señores, he aquí Rey Pila!
Rey Pila sind keine Newcomer. Dies ist ihr zweites Album. Ihr Frontmann Diego Solórzano war daheim in Mexico schon vorher erfolgreich, seine Vorgängerband Los Dynamite galt zwischen 2002 und 2008 als „eine der drei wichtigsten Independentbands des Landes“ (Ich muss wohl mal rauskriegen, wer wohl die andren zwei waren). Mit Rey Pila aber siedelten Diego, Andrés Velasco, Rodrigo Blanco and Miguel Hernández nach New York City über. 2010 nahmen sie hier ihr Debüt auf, seitdem haben sie in NYC offenbar all die richtigen Leute kennen gelernt. Ihr zweites Album konnten sie in den Studios des Superlabels DFA einspielen, es erscheint auf Cult Records, der Plattenfirma, die Julian Casablancas gegründet hat.
Das passt, denn wenn Rey Pila an eine Band erinnern, dann sind das die Strokes. Genauer: An die Strokes der „12:51“-Ära, als sie ein Video im „Tron“-Look drehten und Synthies der 80er ins Spiel brachten. Nicht, dass Rey Pila hier als Strokes-Kopisten am Werk wären – schon Los Dynamite wurden mit Devo und Depeche Mode verglichen, Synthies scheinen also schon lange Teil von Diego Solórzanos Klangwelt gewesen zu sein. Sicher sind auch The Cars und Interpol in ihren poppigen Momenten klar in Rey Pila wiedererkennbar.
Wichtig ist aber nicht, an wen Rey Pila hier und da erinnern – wichtig ist, was für einen unglaublichen Spaß sie machen. „The Future Sugar“ bringt einfach genau die Musik auf den Punkt, die ich liebe. Es ist knackiger, hittiger Indierock. Die Riffs sitzen, die Refrains bleiben im Ohr. Gitarrenlines aus zackigen Achteln und Sechzehnteln verzahnen sich clever versetzt ineinander und geben schnittige Dynamik. Songs wie „Fire Away“, „Surveillance Camera“ oder „What A Nice Surprise“ sind hauteng maßgeschneidert für die perfekten Moves auf dem Indie-Dancefloor. (Ich freue mich jetzt schon drauf, sie bald bei „Catchy Catchy“ im Miao aufzulegen)
Die Platte enthält nur neun Songs. Man könnte jetzt fragen, warum die Vorabsingles „Blast“ und „Apex“ fehlen, denn die sind keinen Deut schlechter als die Titel, die es aufs Album geschafft haben. Aber sogar das ist okay, denn es bedeutet: Weil „The Future Sugar“ so kurz ist, ist keine Sekunde zu viel Musik auf der Platte. In keinem Moment kommt Langeweile auf. Auch die etwas gebremsteren Titel wie „White Night“ oder der Titelsong ziehen einen mit, mit ihren Peter Hook-Basslines und rauschenden Synthies, die „Whooooosh“ machen.
Was wir hier vor uns haben, ist zwar keine Platte, die irgendwas revolutioniert – aber dafür macht sie alles richtig, was man in diesem Sound richtig machen kann. Dies ist Indiepop, der genau die richtige schnoddrige Lässigkeit mitbringt und dabei die Hitquote massiv übererfüllt. Also ich find’s super.
„Alexander“ – Rey Pila from sammy rawal on Vimeo.
Fill Indie Blanks ‚Rey Pila-White Night‘ from Antolini Films on Vimeo.