Ash – „Kablammo!“
Es gibt Bands der Britpop-Ära, die haben echte Klassiker hinterlassen, die auch heute noch fresh klingen. Ash dagegen – hmm. Naja. Klar, „Girl From Mars“, „Kung Fu“, „Burn Baby Burn“ und „Shining Light“ waren zu ihrer Zeit riesig. Aber abgesehen davon sind ihre Songs echt nicht gut gealtert. Habt ihr in letzter Zeit mal wieder eins ihrer Alben rausgesucht? Wenn ja, wart ihr auch erschrocken, wie viele schwache Filler-Tracks Ash oft lieferten?
Zuletzt haben die Nordiren 2009/2010 von sich reden gemacht. Ashs letzter Longplayer „Twilight Of The Innocents“ (2007) war davor ziemlich untergegangen. Weil sie nun meinten, das Album an sich sei tot, veröffentlichte das Trio statt dessen 26 Singles in einem Jahr, alle zwei Wochen eine. Am Anfang hörte man gespannt rein in dieses Experiment. Dann verlor man schnell den Faden – weil die Songs einfach nicht gut genug waren. Was zuerst als spontane und spaßige Idee wirkte, kriegte den Ruch eines verzweifelten letzten Versuchs, noch mal Interesse zu wecken – der nicht zündete.
Dass Ash sich nun mit einem neuen Album zurückmelden, hat mich nicht mit Wiedersehensfreude erfüllt wie bei anderen Britpop-Überlebenden. Schon das Coverartwork sah gleich mal so billig aus – Bevor ich „Kablammo!“ einlegte, hoffte ich vor allem, dass ich mich nicht fremdschämen würde.
Kurze Nebenbemerkung: Ash haben als Teenies angefangen. Tim Wheeler war 18, als seine ersten Songs die UK-Charts stürmten. Auch wenn sie jetzt fast 20 Jahre dabei sind, sind Ash jünger als so manche heute angesagtere Bands, die aber sozusagen das Glück hatten, erst später Erfolg zu haben. Bands, die die „Ach-die-gibt’s-auch-noch?“-Phase ihrer Karriere noch nicht erleben mussten, weil man sie erst später kennenlernte. Tim Wheeler ist Jahrgang 1977 – Alex Kapranos von Franz Ferdinand ist Jahrgang 1972. Das mal als Notiz am Rande.
So. Start. Ui, das geht aber erstaunlich gut los! Auf der Single „Cocoon“, die das Album eröffnet, klingt Tim gleich mal so kernig wie damals bei „Kung Fu“, Rick McMurray drischt in die Drums, als wolle er einen Hubschrauber imitieren. Es wird das rasanteste Stück bleiben, trotzdem halten Ash übers Album einen echt guten Level. Wir kriegen zwar genau das, was wir von Ash so zur Genüge kennen (Britpop-Grunge wie „Hedonism“, Balladen mit Streichern wie „Moondust“ und ein paar Midtempo-Stücke), aber die Lieder für sich sind clever komponiert, gehen ins Ort, erinnern an gute Ash-Zeiten.
In ihrer Karriere haben sich Ash das Leben oft schwer gemacht, weil sie auf melodiöse Britpop-Platten unnötig amerikanisierte „Wir müssen Härte beweisen“-Alben folgen ließen: „Meltdown“ nach „Free All Angels“, „Nu-Clear Sounds“ nach „1977“ – beides waren Fehltritte. „Kablammo!“ nun steht klar in der Tradition ihrer meiner Meinung nach viel besseren Melodie-Alben.
Es gibt trotzdem ein Problem – und das ist, dass sich Ash kein bisschen, aber auch nicht einen Millimeter an die das Indie/Alternative-Genre definierenden Sounds der letzten Jahre angepasst haben. Will sagen: Eine Ballade wie „For Eternity“ wird in Post-Coldplay-Zeiten normal einfach wärmer, subtiler angeboten – dagegen kommen der Piano und der Streicher-Einsatz bei Ash fast plumpkitschig. Schnittige Punkpopsongs wiederum rumpeln seit den Strokes & Co einfach etwas struppiger, geben mehr Garagen-Feeling, nicht den geschliffenen 90s-MTV-Punk von Ashs alten Hits. Okay, dass Tim, Mark und Rick von ihren alten Klängen null abweichen, kann man konsequent finden, keine Frage. Sie haben es nicht nötig, Trends hinterher zu laufen – so könnte man das deuten. Aber ich finde, dadurch klingt „Kablammo!“ ganz schön outdated.
Naja, trotz allem, die Songs an sich sind echt in Ordnung. Das Album kann sich wirklich hören lassen. Meine Ängste waren unbegründet – Ash haben ihren Status als langjährige Indie-Meister hiermit nicht angekratzt, sondern viel mehr nachträglich noch mal unterstrichen.